15.46

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Herr Gudenus! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Das war amüsant, ja, das war amüsant. (Beifall bei den NEOS und der SPÖ. – Abg. Gudenus: Das sagt der Herr Strolz ...!) Herr Gudenus und die FPÖ haben gerade einen Salto nach hinten gemacht und stehen wieder, und er sagt: Es war nichts, wir sind unseren Wählern in den Rücken gefallen. (Zwischenruf des Abg. Gudenus. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Ruf: Den Kopf hat er sich angehaut!)

Ich fasse zusammen: Die FPÖ ist ihren Wählerinnen und Wählern in den Rücken ge­fallen. Das ist einmal ein Punkt, den müssen wir feststellen. (Abg. Gudenus: Auch die SPÖ!) – Nein, die FPÖ! (Abg. Gudenus: Ah, die FPÖ! Die SPÖ nicht?) Na, die SPÖ ja mehrfach, das ist ein Unterschied. (Beifall bei der FPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Gudenus.)

Herr Kern, ich schätze Sie ja in vielem, aber Ceta ist nicht Ihr Meisterstück in Ihrer politischen Vita. Das ist sehr verwirrend: einmal dafür, einmal dagegen, dann mit Beipackzettel zurück in Österreich und gut, und heute wieder dagegen. Das kann man also nicht ganz klar fassen; insofern geht die Verwirrung, die Sie hier gestiftet haben, jetzt als Virus nach rechts. Die FPÖ ist auch schon von diesem Virus erfasst worden und ändert ihre Position auch um 180 Grad. Dann stellen Sie sich hier heraus und schwurbeln etwas daher, und das klingt immer sehr überzeugend. (Abg. Gudenus: Ah doch? Dann stimmen Sie zu!) Nein, nur wenn man sich die Ohren zuhält und quasi die Körpersprache anschaut, da sind Sie gut geübt. Aber natürlich, wenn man es dann aufs Faktische abklopft, Herr Gudenus, hält es einfach nicht (Abg. Gudenus: Dann fangen Sie einmal an!) – ja, ich fange an –, so wie die Vorhalte der SPÖ nicht halten.

Wir als Republik Österreich haben 60 Handelsabkommen abgeschlossen. Wir haben über Jahrzehnte Handelsabkommen abgeschlossen, immer. Wir haben in der Euro­pä­ischen Union, in den europäischen Mitgliedstaaten 1 400 Freihandelsabkommen über Jahrzehnte abgeschlossen, immer. Wir haben weltweit 3 000 Freihandelsabkommen über Jahrzehnte abgeschlossen, immer.

Sie wissen, Herr Kern – auch Sie, liebe FPÖ –, da waren immer Investitions­schutzklau­seln drinnen. Das war immer integraler Bestandteil, und das ist Teil des Handwerks­koffers der internationalen Handelsbeziehungen. Sie würden heute nicht in Ihrem Anzug dasitzen, allesamt, wie Sie hier sitzen, hätten wir nicht diesen Freihandel. Sie würden nackt dasitzen, das würden wir uns alle gern ersparen. Alle! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Rosenkranz: Nein! Das wäre mit der Würde des Hauses nicht verein­bar!) Unser Wohlstand basiert natürlich auf diesen Freihandelsverträgen. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Wenn sich zeigt, dass Europa unfähig ist, einen fortschrittlichen Handelspakt mit einem Land wie Kanada abzuschließen: Mit wem glaubt Europa dann in den kommenden Jahren noch Geschäfte machen zu können? – Diese Frage hat der Regierungschef Kanadas Justin Trudeau – ein sozialliberaler Regierungschef – gestellt. Wir haben bei uns viele Fans von Wunderknaben Justin. Er stellt natürlich die richtige Frage: Mit wem sollen wir Handel betreiben, wenn nicht mit dem europäischsten Land außerhalb Euro­pas? Welchen Handelspakt sollen wir abschließen, wenn nicht den modernsten, trans­parentesten unter all den über 60 Handelspakten, die wir bisher abgeschlossen haben?

Das ist der transparenteste, fortschrittlichste Handelspakt, und dann kommen Leute daher und sagen: Das ist ein Blödsinn. Dann müssen Sie, wenn Sie konsequent sind, sich auch hierherstellen und sagen: Wir müssen die anderen 60 auch kündigen, und zwar heute – und auf, zurück nach Nordkorea! Das wäre intellektuelle Redlichkeit. (Beifall bei NEOS und ÖVP.) Dann müssten Sie sich mit einem Kapperl mit der Aufschrift „Make Austria great again!“ hier herausstellen und sagen: Ich bin für den Mauerbau, und wir werden die Italiener selber zahlen lassen. Das wäre konsequent, wenn Sie den Trampelpfad mit Links- und Rechtsaußen gehen wollen.

Wenn Sie hier aber nüchterne, intellektuell redliche Politik machen wollen, dann bitte ich, bei den Fakten zu bleiben. Die Fakten sind: Noch mit keinem anderen Handels­pakt, den Österreich geschlossen hat, haben wir die Schiedsgerichtsbarkeit so modern und transparent weiterentwickelt wie mit diesem. Wir sind weg von ISDS – für die Feinspitze –, wir sind bei ICS angekommen. Davon profitieren zum Beispiel auch KMUs, das ist eine Chance für kleinere und mittlere Unternehmen, damit sie da möglicherweise auch zu einer Rechtsdurchsetzung kommen, schneller als sonst, weil es ihnen ohne mächtige Rechtsabteilungen sonst fast unmöglich wäre.

Wir haben im Rahmen dieses Handelspaktes Schriftsätze, die öffentlich sein werden. Wir haben im Rahmen dieses Handelspaktes Verhandlungen, die öffentlich geführt wer­den. Wir haben keine konzernfreundlichen Anwälte wie in „elenden“ – unter Anfüh­rungszeichen – früheren Handelspakten, die Sie nicht bereit sind aufzulösen. Wir haben zum ersten Mal den Umstand, dass ein fixer Stamm 15 unabhängiger Schieds­richter, die von den Vertragsstaaten nominiert werden, in Dreiersenaten sehr trans­parente Verfahren gewährleistet.

Das sind Riesenfortschritte, das ist ein ganz mächtiger Zwischenschritt für eine Des­tination, wo wir NEOS hinwollen, nämlich zu einem ordentlichen internationalen Han­dels­gerichtshof. Wir haben nie einen größeren Zwischenschritt gemacht als mit diesem Ceta-Pakt. Deswegen verstehe ich die Kritik nicht und deswegen halte ich das auch für intellektuell unredlich.

Es geht ums echte Leben! Niki Scherak war unlängst bei einem niederösterreichischen Unternehmen, beim Weltmarktführer im Bau von Schallplattenabspielgeräten. Schall­platten, falls der Bundeskanzler zuschaut, das waren früher diese schwarzen Scheiben (Abg. Zanger: Wurlitzer!), auf denen Musik gespeichert worden ist. Das wird wieder modern, und deswegen braucht man wieder mehr Abspielgeräte.

Der Weltmarktführer sagt natürlich: Ich tue mir extrem schwer mit Kanada, ich kann diese Geräte dorthin nicht verkaufen, da gibt es allerhand Beschränkungen. Für mich wäre Ceta großartig, das sichert Arbeitsplätze in Niederösterreich – wie großartig ist das denn? –, und der Kanadier hat eine Gaudi beim Schallplattenabspielen; mein Herz geht auf für den Kanadier. Mit Grüßen aus Niederösterreich: Alles Gute, danke, Ceta! (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Abg. Wöginger: War eine gute Rede!)

15.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Bruno Rossmann. – Bitte.