16.40

Abgeordneter Dr. Peter Kolba (PILZ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Galerie hat sich schon ein wenig gelichtet, aber ich begrüße auch die verbleibenden Zuseher auf der Galerie und bin froh, dass der Livestream inzwischen wieder im Gange ist, denn ich möchte noch einmal versuchen, für die Zuseher zu erklären, was es mit diesem Investorenschutz auf sich hat.

Wenn Sie, liebe Zuseher, für eine Mietwohnung Miete zahlen und der Mietzins sich durch eine Gesetzesänderung erhöht, dann sind Sie in Ihrer Investitionsentscheidung enttäuscht worden, aber Sie haben keine Möglichkeit, Schadenersatz gegen den Staat geltend zu machen. Das ist uns allen geläufig. Bei Ceta ist es so: Wenn ein Konzern aus Kanada eine Europazentrale, sagen wir, in Linz baut und sich die Gesetze und Umfeldbedingungen für ihn ändern, dann kann dieser Konzern im Rahmen von Ceta von Österreich Schadenersatz verlangen. (Zwischenruf der Abg. Winzig.) Das ist der Investorenschutz, von dem wir sprechen. Das ist ein Kern dieses Abkommens, den gab es vor der Wahl, den gibt es immer noch. Diesen Giftzahn hat die liebe FPÖ nicht gezogen. (Abg. Winzig: Ist ja gar nicht wahr!) Sie hat eigentlich gar keine Giftzähne gezogen, diesen aber jedenfalls sicher nicht.

Dieser Investitionsschutz, das muss man sich vor Augen führen, führt zu einer Bindung der Politik. Das heißt, die Drohung mit Klagen macht Regierungen gefügig. Das ist der Effekt solcher Klauseln.

Und um eines klarzustellen: Gegen diese Grundlegung des Investorenschutzes hat sich die SPÖ nie ausgesprochen, dagegen spricht sie sich auch heute in ihrem Antrag nicht aus. Das akzeptiert die SPÖ. Sie redet nur über die Art und Weise, wie man diesen Investorenschutz dann durchsetzen kann. Wir werden diesem Antrag daher heute mit Sicherheit nicht zustimmen.

Wenn Sie, liebe Zuseher, vom VW-Dieselskandal geschädigt sind – und das war ein Skandal, der weltweit im Grunde darin bestand, dass ein global agierender Konzern, der VW-Konzern, Behörden und Konsumenten über Abgaswerte getäuscht hat –, wenn Sie da Schadenersatz geltend machen wollen, dann müssen Sie diesen in Österreich bei den ordentlichen Gerichten einklagen, und Sie werden erleben: Diese Gerichte sind nicht so ausgestattet, dass das ein schnelles Verfahren würde, sondern wir haben in Österreich zunehmend lange Gerichtsverfahren.

Diesen Weg will man den Konzernen nicht zumuten, und daher sah man zunächst einmal private Schiedsgerichte vor; bei Streitigkeiten zwischen Konzernen sind die im Grunde auch üblich, also wenn ein Konzern mit einem anderen Konzern streitet, gehen diese selten zum Handelsgericht, sondern eher zu solchen Schiedsgerichten. Diese Hinterzimmerjudikatur wurde aber zu Recht kritisiert, und jetzt feiert man, ohne dass das abschließend geregelt wäre, dass es einen internationalen Investitionsgerichtshof geben soll, und der ist dann öffentlich und da gibt es eine Berufungsmöglichkeit und dann ist alles okay.

Warum können die Konzerne nicht vor den ordentlichen Gerichten der Republik Österreich klagen? Warum soll das unmöglich sein? Allerdings stellt sich auch die Frage: Wenn man internationale Gerichte einführt, warum gibt es dann keine Initiativen dafür, einen internationalen Gerichtshof für globale Wirtschaftsverbrechen wie den VW-Skandal einzurichten? (Beifall bei der Liste Pilz.) Da müssen sich die Verbraucher überall selber herumstreiten. Da kann man nicht zentral und rasch gegen einen Kon­zern vorgehen, der nicht marktkonform agiert.

Die Regierung will die Ratifizierung dieses Abkommens nun zur Unzeit durchziehen. Es gibt ein Urteil des EuGH, das die Festlegung von Schiedsgerichten zwischen Pri­vaten innerhalb der Europäischen Union infrage stellt, und es ist ein weiteres Verfahren anhängig, von dem man sich Aussagen des EuGH zu der Frage des Rechtsschutzes bei solchen Investorenklauseln erwarten darf. Das wartet man nicht ab, sondern man will jetzt raschest ratifizieren.

Da kann ich nur eine Aufforderung an die Zivilgesellschaft richten, an die NGOs, an Attac, Greenpeace, Global 2000, an all diejenigen Menschen, die das Volksbegehren mit über 560 000 Unterschriften unterschrieben haben, an all jene, die uns Abge­ordnete mit E-Mails bombardieren. Ich kann ihnen allen nur sagen: Weiter so! (Abg. Loacker: ... Verstoß gegen das ... Gesetz!) Wir werden erst in mehreren Wochen hier über Ceta abstimmen, und ich hoffe, dass die Zivilgesellschaft klar zum Ausdruck bringt, dass sie dieses Abkommen ablehnt, dass sie eine Volksabstimmung fordert, für die wir ebenfalls eintreten. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

16.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Laimer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.