16.46

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Vizekanzler Strache dürfte schon nach Hause gegangen sein. Meine Damen und Herren, bereits im Jahr 2014 hat die SPÖ Niederösterreich mit Attac, der Gewerk­schaft, der Katholischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmer Bewegung, Via Cam­pesina und vielen NGOs eine Plattform gegen TTIP, Ceta und Tisa initiiert.

Christian Kern hat als Bundeskanzler innerhalb der EU gekämpft, sehr couragiert ge­kämpft, aber es war ein Kampf einer gegen alle, denn kein EU-Land hat das Abkom­men so stark hinsichtlich demokratischer Abläufe hinterfragt wie Österreich. Am Ende des Tages war Belgien gespalten, die Wallonie wurde ruhiggestellt. Christian Kern hat viele Bereiche nachverhandelt, seien es die Arbeitnehmerrechte, die kommunale Daseinsvorsorge, die Umweltschutzbestimmungen, die Lebensmittelschutzbestimmun­gen et cetera, et cetera. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde vieles, sehr vieles erreicht, aber nicht alles konnte im Sinne der Menschen in Europa endverhandelt werden. Ein echtes Freihandelsabkommen ist per se nichts Schlechtes, aber es darf nicht zu einem Handelsdiktat werden, und es darf nicht zu einem Handelsdiktat führen.

Die blauen Schutzbehauptungen werden nicht wahrer, je lauter sie getrommelt werden. Heute hat Herr Rosenkranz schon im „Morgenjournal“ erklärt, Ceta im Sinne der Regierung ohne Wenn und Aber zuzustimmen. Erst die forsche und die couragierte Vorgangsweise der Sozialdemokratie schaffte Transparenz innerhalb der EU-Büro­kratie, waren doch die geplanten Abkommen, ich erinnere daran, ursprünglich abseits der nationalen Parlamente zur Umsetzung vorgesehen. Zum Beispiel hat auch die da­malige Parlamentspräsidentin Doris Bures darum gekämpft, dass die Abkommen auch in den jeweiligen Parlamenten innerhalb der EU zu behandeln sind.

Meine Damen und Herren, die Klagsbereitschaft von globalen Konzernen mit ihrer unvor­stellbaren Machtfülle ist grundsätzlich hoch. Sie können einzelne Länder mit Klagen zudecken, ja finanziell in den Ruin führen. Die Konzernpolitik führt uns das tag­täglich vor und investiert Millionen und Abermillionen in Topexperten und Spitzen­juristen, um steuerschonend zu handeln – auf Kosten der Menschen in Österreich, auf Kosten der Menschen in Europa und auf Kosten der Menschen auf der ganzen Welt, denn weniger Geld, weniger Steuergeld bedeutet weniger Gemeinwirtschaft, meine Damen und Herren.

Das Beispiel Vattenfall, eines schwedischen Stromkonzerns, der die Bundesrepublik Deutschland klagt, dürfte ja niemandem in diesem Saal verborgen geblieben sein. Die deutsche Atomwende war für Vattenfall wahrlich ein Fanal: Wie kann Deutschland nur aus der Atomkraft aussteigen? Kyoto hin, Tschernobyl her – für Großkonzerne geht es um Geld, es geht um die Kohle. (Abg. Neubauer: Sagen Sie das den Voest-Arbeitern! Sagen Sie das den Voest-Arbeitern!)

Daher, meine Damen und Herren, ist Rechtssicherheit in diesem Zusammenhang so wichtig und richtig. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wollte die Regie­rung nicht abwarten. Warum eigentlich? Wer zwingt die Regierung, Ceta jetzt sinn­befreit ohne Wenn und Aber durchzupeitschen?

Ich hatte während des vierjährigen Bestehens dieser Plattform Gelegenheit, bei Info­veranstaltungen über TTIP und Ceta auch mit vielen Bürgermeistern zu reden, auch mit vielen ÖVP-Bürgermeistern. Ich habe keinen angetroffen, der sich für dieses Abkommen ausgesprochen hat, solange keine glasklare Rechtssicherheit besteht. Eine Ratifizierung von Ceta ist daher für die SPÖ aus den zuvor genannten Gründen unmöglich und vor allem für Österreich unverantwortlich.

So war es auch kein Zufall, dass ein Bürgermeister, nämlich der Bürgermeister von Traisen, Herbert Thumpser, dieses Volksbegehren gegen Ceta initiiert hat. Neben den 562 000 Unterschriften fand sich auch die blaue Tinte von FPÖ-Spitzen wie Strache und Hofer, und noch bevor die Tinte trocken war, haben Strache und Hofer eine Volks­abstimmung garantiert, bevor Ceta im Parlament ratifiziert wird. Das war noch vor einigen Wochen ihr Status. (Abg. Höbart: Was ist das für eine monotone Lese­stunde? – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Plötzlich wird die direkte Demokratie, die von Ihnen stets beschworen wird, in wenigen Minuten im Ministerrat geopfert. Eigentlich haben wir ja eine Opferregierung: Kurz opfert beim Rauchen, Strache opfert bei Ceta, zurück bleiben Menschen in Österreich als reale Opfer Ihrer Hütchenspiele. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höbart: Da klatschen nicht einmal 25 Prozent der eigenen Abgeordneten!)

16.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte.