15.00

Abgeordnete Irene Hochstetter-Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Ministerinnen! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir von der Finanzpolizei sprechen, dann sprechen wir von der gezielten Kontrolle bei Steuerhinterziehung, Sozialbetrug, organi­sierter Schattenwirtschaft; es geht darum, dass dies aufgedeckt wird.

Die größte Aufgabe der Finanzpolizei ist es, durch Kontrollen faire und gleiche Bedin­gungen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Wirtschaftsleben zu gewährleis­ten. Die wichtigste Aufgabe der Finanzpolizei ist es, Schwarzarbeit, Sozial- und Abga­benbetrug im Sinne der Republik Österreich zu verhindern. Es geht aber auch um die Sicherung der Lohn- und Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer am österreichischen Arbeitsmarkt.

In meiner Anfrage ist auch die Frage nach dem Kontrollplan enthalten, Frau Ministerin, welcher ab 2018 gesetzlich vorgeschrieben ist. Es handelt sich dabei um den zentralen Plan für die Arbeit der Finanzpolizei, geregelt im § 69 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes. Ihre lapidare Antwort, Frau Ministerin, darauf war, dass Sie sich erst einmal mit dem Finanzminister verständigen müssen und das dann intern vor­bereiten werden. (Abg. Belakowitsch: Das ist ja nicht lapidar, wenn sie den Finanz­minister fragt!)

Frau Ministerin! Es ist mittlerweile Mitte Mai, und Sie haben die Pläne für die Aufgaben jener Polizei, die österreichweit die meisten Kompetenzen hat, noch immer nicht fest­gelegt; Sie stimmen sich noch immer mit dem Finanzminister ab. Wann gedenken Sie denn, den Kontrollplan, über dessen Durchführung Sie verpflichtet sind, im nächsten Jahr im Nationalrat einen Bericht vorzulegen, zu erstellen? Zu Weihnachten? Oder bis wann gedenken Sie, diesen fertig zu haben?

Es soll jedoch jeder ein Schelm sein, der sich diesbezüglich denkt, dass man das, was man nicht macht, vielleicht gar nicht machen möchte. – Vielleicht steht das dahinter. (Beifall bei der SPÖ.)

Was also, Frau Minister, verhandeln Sie mit dem Finanzminister? Und wer, bitte – das frage ich mich seit gestern – beeinflusst diese Verhandlungen? Ist es vielleicht die Wirt­schaftskammer mit einigen Großinvestoren? Sind es genau die, über die wir gestern lesen konnten, dass sie jetzt die Lockerung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämp­fungsgesetzes fordern?

Wissen Sie, so wie Sie und der Finanzminister reagieren, habe ich den Eindruck, Sie wollen das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz einfach aushebeln. Das ist ganz einfach Ihr Plan: ein Gesetz so lange schwächen, bis es totes Recht geworden ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Wem schadet das, und wem nützt es? – Das ist die Frage, die wir uns hier stellen müssen. Sie schaden damit ganz eindeutig dem Arbeitsmarkt, Sie schaden den Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmern. Sie schaden dem Wirtschaftsstandort Österreich, et­wa in Bezug auf Wettbewerbsgleichheit, und Sie schaden damit auch dem Steuerzah­ler, genauer gesagt, Sie schaden den vielen Klein- und Mittelunternehmen und den Familienbetrieben in unserem Staat, die brav arbeiten, die selbst mit Herzblut täglich im Geschäft stehen und alles geben; denen nehmen Sie alle Werte mit einem Schlag weg.

Sie schaden nachhaltig allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land, weil Sie einen Freibrief für unseriöse Unternehmer ausstellen. Dass die ÖVP in diesem Zusammenhang nichts für die Arbeitnehmer übrig hat, das wissen wir ja sowieso alle. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Dass sie aber auch nichts mehr für Klein- und Mittelbe­triebe übrig hat, das ist eine neue Art des Schauspiels. (Beifall bei der SPÖ.)

Doch warum sage ich das? – Meldeverstöße nach dem LSD-BG werden ja nur mehr mit Strafen in der Höhe von 855 Euro belegt. Bei ausländischen Unternehmen können die Strafen oftmals gar nicht mehr eingehoben werden, und es kümmert sich auch nie­mand darum. Der Arbeitnehmerschutz soll nicht mehr kontrolliert werden, und ich rede hier noch gar nicht von der Kumulierung. Generell gilt bei Ihnen die Devise, wie Sie es auch gesagt haben: Beraten statt strafen!, anstatt der bewährten Möglichkeit, die es bis jetzt auch gab: Beraten vor strafen!

Die Großunternehmer und -konzerne haben dadurch wieder einmal ein schönes Kör­berlgeld, und die Klein- und Mittelunternehmer wissen nicht, wie sie sich gegen die Konkurrenz aus dem Ausland wehren können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich nenne Ihnen einige Beispiele dazu, denn durch Ihre Zwischenrufe erkenne ich: Sie wissen gar nicht, was sich draußen abspielt. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wie Sie wissen, komme ich aus Kärnten. Durch die Nähe zu Italien und Slowenien kommt es da natürlich zu einem regen Austausch von Dienstleistungen und ArbeitnehmerIn­nen. Unlängst erzählte mir ein Hotelier aus Kärnten, dass er die Renovierung seiner Zimmer mit Arbeitern und Firmen aus Slowenien gemacht hat. Warum? – Weil es ja ach so billig ist! Diese slowenischen Unternehmer holen sich natürlich wiederum Ar­beitskräfte noch weiter aus dem Osten, in der Hoffnung, dass diese noch billiger sind als alle anderen. Wer schaut bei diesem Schauspiel, das tagtäglich abgeht, durch die Finger? (Abg. Schimanek: Wer hat das zu verantworten?) – Es sind unsere fleißigen Tischler, es sind unsere fleißigen Unternehmer, die sich an den Arbeitnehmerschutz, an die Sozialgesetze und an die Kollektivverträge halten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Heimische Arbeitskräfte werden dadurch arbeitslos, und die Wirtschaftskraft geht unse­rem Land nachhaltig verloren. Und ganz nebenbei, geschätzte Damen und Herren: Angst vor zu hohen Zahlungen brauchen die meisten Unternehmer nicht zu haben, schon gar keine ausländischen Unternehmer, denn wer wird sie künftig schon kontrol­lieren? – Und wenn es zu Strafen kommt, braucht man diese wahrscheinlich ohnehin nicht zu bezahlen, weil sie nicht eingemahnt werden.

Abschließend zu diesem Thema: Wenn Sie – vielleicht zufällig jemand von Ihnen – dann in diesem Hotel als Gast sitzen, dürfen Sie auch noch Semmeln genießen, die ganz frisch aus Slowenien importiert wurden, denn die sind ebenfalls billiger als die ös­terreichischen – auch ein Thema, das die Finanzpolizei in unserem Land festgestellt hat. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Auch in der Metallbranche spielt es sich so ab – Sie brauchen nicht zu glauben, dass das nur im Gastgewerbe oder am Bau so ist –: In Kärnten werden in gewissen Unter­nehmen slowenische Arbeitnehmer geholt, weil sie dann an den österreichischen Fei­ertagen locker-flockig gezwungen werden können, zu arbeiten. Das ist die Realität am Arbeitsmarkt.

Frau Ministerin! Als Zuständige für die Bereiche Arbeit und Soziales tragen Sie die Verantwortung. Präsentieren Sie uns doch endlich auch Lösungen dazu! Sprechen Sie doch bitte auch einmal mit Ihrem Ministerkollegen, dem Finanzminister, über die Aus­stattung der Mitarbeiter bei der Finanzpolizei. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es gibt so viele so toll ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hervorragende Arbeit leisten. Lassen Sie ihnen auch die Wertschätzung zukommen, und statten Sie sie mit der bestmöglichen Schutzausrüstung aus, denn die tägliche Arbeit zeigt, wie gefährlich auch dieser Job ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Belakowitsch: ... peinlich, was Sie hier treiben!)

Frau Ministerin! Wir haben in Österreich sozialen Frieden, wir haben ihn noch, weil wir (Abg. Belakowitsch: Na ja, wenn ich in den Wiener Gemeindebau hineinschaue - -!) eine tolle Sozialgesetzgebung haben, die Sie geerbt haben. Wir haben Kollektivverträ­ge und vieles mehr.

Ich ersuche Sie nach den schockierenden Meldungen der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ, der Wirtschaftskammer und mancher Großindustrieller inständig: Lassen Sie sich bitte nicht vor den Karren spannen! Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, setzen Sie sich für den Arbeitnehmerschutz und den Schutz der Klein- und Mittelbetriebe in diesem Land ein!

Wenn Sie, Frau Ministerin, keine diesbezüglichen Lösungen präsentieren, dann sind Sie keine Arbeitsministerin, dann sind Sie eine Scheinarbeitsministerin für Scheinunter­nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. Ich darf ihr das Wort erteilen.