13.15

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (PILZ): Werte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Neubauer: Sie sind kein Kollege! – Rufe bei ÖVP und FPÖ: Wir sind keine Kollegen! Sie haben keine Kollegen!) Sehr geehrter Herr Innenminister! Ich bin äußerst dankbar für diese Dringliche Anfrage, insbesondere für die Frage 28. Die Frage 28 lautet: „Wann wurde Preiszler bzw. die EGS für ihren möglichen Einsatz durch wen das erste Mal kontak­tiert?“ Darauf antwortet der Innenminister – und wir haben noch einmal nachgefragt –: „am 21. Februar 2018“.

Wann war die Hausdurchsuchung, die kurzfristig angeordnet und nur mit einem Jour­nalrichter, der praktisch aus dem Bett geholt werden musste, mitten in der Nacht durch­geführt wurde? – Am 28. Februar, eine Woche später.

Was ist da eigentlich passiert? – Eine Woche vorher hat man in der EGS gewusst, dass diese Aktion gegen das BVT vorbereitet wird (Abg. Rosenkranz: Das ist auch falsch! Das ist falsch!), und bis heute hat man uns vorgespielt, dass man in der Nacht einen Journalrichter wecken musste, um eine dringliche Aktion durchzuführen (Abg. Ro­senkranz: Nein! Falsch! – Das kapiert ihr nicht!), die man nicht früher mit einem ganz normalen Richter, dem man schriftlich alles vorlegt, durchgeführt hat. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Ich sage Ihnen, der erste spannende Punkt lautet: Hätte man bereits am 21. Februar einen Richter informiert, dann hätte er gesagt: Na legen Sie mir etwas schriftlich vor, so wie es üblich ist! Zeigen Sie uns, was vorliegt! Zeigen Sie uns die Sachbeweise, zeigen Sie uns die Zeugenaussagen! – Das konnte man nur auf eine Art und Weise vermei­den: indem man in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen Journalrichter bemüht, der – und das ist dem Protokoll und den Akten zu entnehmen – darauf verzichtet hat, sich die Akten, die Unterlagen und die belastenden Aussagen vorlegen zu lassen (Abg. Ro­senkranz: Da war aber schon ein Staatsanwalt dazwischen, gell? Das lassen Sie aus, den Staatsanwalt!), und sich nur darauf verlassen hat, was ihm die Staatsanwältin am Telefon gesagt hat. (Abg. Rosenkranz: Ach ja, genau, die Staatsanwältin des Innenmi­nisteriums!) – So ist es zu dieser Hausdurchsuchung gekommen.

Bei mir haben sich Kollegen aus dem Innenministerium und aus der EGS gemeldet (Ruf bei der FPÖ: Sie haben ja keine Kollegen im Innenministerium!), und ich habe in den letzten Tagen mit ihnen Gespräche geführt. (Abg. Winzig: Das sind keine Kolle­gen!) Sie haben mir erzählt, dass in der EGS Beamte unter der Führung, unter der Leitung, der freiheitlichen Leitung der EGS bereits eine Woche lang alles vorbereitet haben.

Jetzt frage ich: Hat der Innenminister davon nichts gewusst? (Abg. Drozda: Im Nach­hinein!) Hat der Generalsekretär nichts davon gewusst? (Abg. Drozda: Im Nachhinein hat er ...!) Haben die freiheitlichen Spitzenfunktionäre nichts davon gewusst?

Wissen Sie, was passiert ist? – Die einzigen sachkundigen Einheiten für derartige Ein­sätze finden sich im Bundeskriminalamt, in den Landeskriminalämtern und im Bundes­amt für Verfassungsschutz. Natürlich kann man nicht das Bundesamt für Verfassungs­schutz beauftragen, bei sich selbst Ermittlungen durchzuführen (Abg. Rosenkranz: Na ja, Kollege Pilz, bei Ihnen?), aber die hoch spezialisierten Beamten und Beamtinnen des Bundeskriminalamtes und der Landeskriminalämter jederzeit – die hatten aber kei­ne freiheitliche Führung. Eine Woche vor dieser Aktion war nur eines klar: Die einzige Einheit mit einer verlässlichen freiheitlichen Führung ist die EGS, eine Einheit zur Be­kämpfung der Straßenkriminalität, die in Beserlparks Dealer jagt (Ruf bei der FPÖ: Die Grapscher!), aber nicht geeignet ist – in keinerlei Hinsicht –, den Verfassungsschutz auf mögliche Gesetzesbrüche und mögliche Leaks zu untersuchen. (Abg. Neubauer: Selbstdarsteller!)

Das, Herr Bundesminister Kickl, wollen wir von Ihnen wissen: wie hier von langer Hand mit freiheitlichen Vertrauenspersonen an der Spitze der EGS dieser Überfall auf den österreichischen Verfassungsschutz unter der Führung der Freiheitlichen Partei vorbe­reitet und durchgeführt wurde. Das wollen wir wissen! (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Rosenkranz: Die erste Besprechung war 1837!) Das wollen wir wissen, und deswegen gibt es den Untersuchungsausschuss. Sie können uns heute Geschichten aus Ihrer Ideenschmiede ohne Ende erzählen. In ein paar Monaten schaut es anders aus, denn dann stehen Sie unter Wahrheitspflicht und wir werden genau diese Fragen wiederholen. (Ruf bei der FPÖ: ... Wahrheitspflicht des Herrn Abgeordneten Peter Pilz!)

Gerade deshalb ist es so wichtig (Zwischenrufe bei der FPÖ), dass es parlamentari­sche Kontrolle und dass es diesen Untersuchungsausschuss gibt (Abg. Rosenkranz: Der Immunitätsflüchtling!), bei dem alle Abgeordneten der Opposition gemeinsam für Aufklärung sorgen werden. (Beifall bei der Liste Pilz. – Zwischenrufe der Abgeordneten Rosenkranz und Belakowitsch.)

So, und nun kommen wir zum nächsten Punkt: Was ist passiert? (Abg. Rosenkranz: Welcher Virus ist denn da jetzt im Umlauf?) – Wechseln wir einmal nach Graz, ich be­richte Ihnen nun aus Graz. (Abg. Rosenkranz: Ist dort auch ein Virus?) Salafisten-Mo­scheen geschlossen – das ist ja eine Kabarettnummer! (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) In Graz gibt es acht gefährliche bosnisch-salafistische Moscheen, aber – ich re­de dort immer wieder mit Leuten vom Verfassungsschutz und der Kriminalpolizei – null Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz (Abg. Rosenkranz: Sie sollten mal mit Ihren Richtern reden!), die die Kapazitäten haben, diese gefährlichen Moscheen, in denen Dschihadisten ihre Versammlungen abhalten, zu überwachen. Und wissen Sie, warum? – Weil es zu wenig Personal gibt.

Ich sage Ihnen eines: Dschihadisten fürchten sich weder vor Pferden noch vor freiheit­lichen Parteibüchern. (Beifall bei Liste Pilz und SPÖ.) Dschihadisten fürchten sich aus­schließlich vor gut ausgebildeten Beamten und Beamtinnen des Verfassungsschutzes (Zwischenruf bei der SPÖ), und genau die kriegen sie nicht. – Na, wollen Sie nun ein Pferd zur Salafisten-Moschee schicken oder ein Kamel? Das wird nichts nutzen, Herr Bundesminister Kickl, das wird nichts nutzen! Bei Ihnen – und das ist das Problem (Zwi­schenruf bei der FPÖ) – können sich Salafisten aller Art sicher fühlen.

Seit über einem Jahr liegt bei der Wiener Vereinsbehörde – Polizeidirektion Wien – ei­ne Anzeige zur Auflösung von Atib. Atib ist die religiöse Speerspitze der Erdoğan-Pro­vokateure in ganz Österreich. (Abg. Haider: Da schau her, wirklich?!) Das Innenminis­terium tut nichts. Seit mehr als einem Jahr wissen wir, dass in Millî-Görüş-Moscheen – das ist die türkische Variante der Muslimbruderschaft – durchaus Bemerkenswertes vor­geht. Seit einem Jahr wissen wir, wie Provokateure aus diesem Bereich Daten über ös­terreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit türkischen oder kurdischen Wur­zeln an den türkischen Geheimdienst weitergeben. Nach wie vor werden österreichi­sche Staatsbürger an türkischen Flughäfen verhaftet. – Nichts wird vom Innenminister unternommen und nichts wird von der Außenministerin unternommen, um Schutz zu bieten, um dem türkischen Geheimdienst MİT und dem Moscheenverband Atib, der von Ankara aus gesteuert wird, das Handwerk zu legen und österreichische Staatsbür­gerinnen und Staatsbürger zu schützen – nichts passiert.

Da gibt es einen großen Erdoğan-Wirbel, aber wenn es dann um die mächtigen, gut vernetzten und gut finanzierten Erdoğan-Vereine geht, dann ist der Innenminister plötz­lich von der Bildfläche verschwunden, dann gibt es Scheinaktionen vor Moscheen, mit denen einzelne Medien bedient werden. Dahinter ist nichts, und das ist der Punkt, Herr Bundesminister Kickl!

Es geht um die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. Die Österreicherin­nen und Österreicher wissen, dass es die Gefahren des Rechtsextremismus gibt, dass es die Gefahren vonseiten des Dschihadismus und des radikalen politischen Islams gibt. (Abg. Rosenkranz: Und?) Sie wissen heute auch eines: Es gibt keinen Verfas­sungsschutz, auf den wir uns verlassen können. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das Extremismusreferat ist durch den freiheitlichen Überfall auf das BVT ruiniert wor­den (Abg. Rosenkranz: Fehlt da was?), es ist handlungsunfähig. Das BVT ist nicht in der Lage, uns zu schützen, weil es nicht in der Lage ist, aufzuklären. Sie, Herr Bundes­minister Kickl, verantworten das (Zwischenruf bei der FPÖ), Sie gemeinsam mit der EGS und den freiheitlichen Funktionären im Innenministerium! (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bekomme täglich Hinweise, wie die Umfärbungen im Innenministerium und im Ver­fassungsschutz weitergehen. Die Beamtinnen und Beamten melden sich bei mir (Zwi­schenruf bei der ÖVP) sowie bei Journalistinnen und Journalisten. Alle Alarmglocken dieser Republik läuten (Zwischenrufe bei der FPÖ), nur der Innenminister ist taub, weil ihn nicht die Sicherheit der Republik Österreich interessiert, nicht die Sicherheit der Ös­terreicherinnen und Österreicher, sondern schlicht und einfach nur, wie man aus einem schwarzen Geheimdienst einen freiheitlichen Geheimdienst machen kann. Das ist der entscheidende Punkt.

Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, Herr Innenminister Kickl – solange Sie noch Innen­minister sind; ich hoffe, das ist bald vorbei (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ) –, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung eine Einrich­tung der Republik Österreich und nicht der Freiheitlichen Partei ist. (Abg. Höbart: Wä­ren Sie nur in der Pension geblieben, meine Güte!)

So, und nun sage ich zum ersten Mal in meinem Leben etwas Positives über Dr. Schüs­sel – in politischer Hinsicht –: Dr. Schüssel war im Jahr 2000 mit einer freiheitlichen For­derung konfrontiert, denn Jörg Haider hat von ihm verlangt: Wir wollen das Innenminis­terium für die FPÖ! – Schüssel hat damals in den Koalitionsverhandlungen gesagt: Nein, die Freiheitliche Partei kann alles Mögliche haben (Zwischenruf der Abg. Belako­witsch) – und leider haben Sie das Finanzministerium gekriegt und gewaltigen Scha­den angerichtet (Abg. Höbart: Peter Pilz war bei den Verhandlungen dabei!) –, aber das Innenministerium bekommen Freiheitliche mit ihren Kontakten in den organisierten Rechtsextremismus hinein nicht! (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Das war damals klar. (Zwischenruf des Abg. Rosenkranz.) Dazu ist der derzeitige Bundeskanzler Kurz leider nicht in der Lage. Ich bedaure das zutiefst. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße auf der Galerie die Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Hörbranz aus dem Ländle recht herzlich bei uns. – Herz­lich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste ist Frau Abgeordnete Lueger zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Jetzt weint er auch noch dem Strasser nach, das darf doch nicht wahr sein! – Abg. Pilz – in Richtung des Abg. Martin Graf –: Lieber Strasser als Olympia!)