13.41

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Innenminister! Alle Befürchtungen, die die NEOS in der Causa hatten, ha­ben sich bestätigt. (Abg. Belakowitsch: Reden Sie einmal! Sie lesen alles runter!) Ich bin wirklich wütend, auch aufgrund Ihrer heutigen Antworten, die das Ganze noch schlimmer erscheinen lassen. Ich bin auch wütend auf Bundeskanzler Kurz, der sich zur Causa nicht äußert, sondern durch die Welt reist. (Abg. Rosenkranz: Eine Wutbür­gerin!)

Hier geht es nicht um das normale Geschehen Opposition gegen Regierung, hier geht es um eine Sache, die brandgefährlich für unser Land ist. Hier geht es um das, was Sie zu verteidigen behaupten: Rechtsstaat und Gewaltentrennung. (Abg. Kitzmüller: Ihr gefährdet die Sicherheit!) Genau Sie haben den Rechtsstaat missbraucht, Sie haben missbraucht, dass wir eine Staatsanwaltschaft haben, die eine Ermittlungspflicht hat, wenn Vorwürfe vorliegen. (Abg. Martin Graf: Das ist eine Kollegin vom Pilz!) Sie haben mit Generalsekretär Goldgruber einen hyperaktiven Pseudostaatsanwalt ins Rennen geschickt. Sie haben die Staatsanwaltschaft vor Ihren Karren gespannt.

Heute ist ein Widerspruch in den Aussagen zum Timing Ihrer Agitation zutage getreten, nämlich die Tatsache, dass der Generalsekretär Kontakt mit der WKStA aufgenommen hat, um das Dossier zu übergeben. Heute haben Sie gesagt – Antwort auf Frage 17 –, Sie haben keinen Auftrag dazu gegeben. In der ersten Dringlichen Anfrage haben Sie geantwortet: „Ich habe den Generalsekretär mit der Prüfung, der Beurteilung und der weiteren Veranlassung beauftragt.“ – Hier ist Ihr erster Widerspruch.

Zum Timing Ihrer Agitation: Sie haben Generalsekretär Goldgruber in dem Moment be­auftragt, als die Wiederbestellung von BVT-Chef Gridling nicht mehr zu verhindern war – außer man könnte ihm etwas anhängen. Das spricht schon Bände.

Da ist aber noch ein Skandal, nämlich das, was auch Generalsekretär Pilnacek aus dem Justizministerium als Skandal bezeichnet, dass nämlich Ihr Generalsekretär tätig wird. Da gibt es eine Unwahrheit seitens Ihres Generalsekretärs, der evident als Anzeiger aufgetreten ist – so steht es auch im Protokoll des BMJ –, aber in den Medien – auch Mitte März wieder – immer verkündet hatte, es sei Unfug, dass er als Anzeiger aufge­treten sei. Dass er das tat ist – wie gesagt, so sieht es auch Generalsekretär Pilnacek aus dem BMJ, den wir für seine Sachlichkeit schätzen – ein Skandal. Er sagt explizit, dass eine direkte Kontaktaufnahme des Generalsekretärs des Innenministeriums mit der Staatsanwältin ein Skandal sei; das heißt, ich bin mit dieser Ansicht wahrlich nicht alleine. Der höchste Beamte des Justizministeriums selbst, den man für seine sachli­che Ausdrucksweise schätzt, sieht das genauso.

Was steht noch im Besprechungsprotokoll? – Generalsekretär Goldgruber trat natürlich im Zusammenhang mit seiner beruflichen Stellung auf, das heißt, mit der ganzen Auto­rität als Generalsekretär des Innenministeriums, um ein im Wachkoma befindliches Verfahren in Ihrem Interesse wiederzubeleben. Warum in Ihrem und in welchem Inter­esse genau? – Im Interesse, BVT-Chef Gridling zu kriminalisieren und loszuwerden und im BVT ordentlich umzurühren.

Es musste noch mehr passieren als dieses Anzeigen. Am 19. Dezember unterzeich­nete nämlich unser Bundespräsident die Bestallungsurkunde des Direktors. Es musste mehr passieren. Wer tritt nun auf den Plan? – Generalsekretär Goldgruber, der am Tag darauf die Staatsanwaltschaft kontaktiert und Zeugen ankündigt. Wer tritt jetzt auf den Plan? – Ihr Kabinettsmitarbeiter Udo Lett. Er marschiert in den darauffolgenden Tagen mit zwei Zeugen als Vertrauensperson zur Staatsanwaltschaft, zwei weitere Zeugen folgen. Wenn ich das Protokoll der Einvernahme der ersten Zeugin zu Ende lese, findet sich da der Satz: „Herr Dr. Lett hat mir einfach gesagt, dass ich heute hierherkommen soll. Ich weiß allerdings noch nicht genau, warum.“ (Abg. Kitzmüller: Das ist alles eine Leseübung, Frau Kollegin! Hoffentlich verlieren Sie die Zeile nicht!)

Herr Innenminister, wie kommen Ihre höchsten Beamten dazu, Zeugen, die aus eige­nem Antrieb gar nicht aussagen wollten, im laufenden Strafverfahren der Justiz zu ver­mitteln und diese sogar noch zu begleiten? Welche Zwecke wurden damit verfolgt? Wie kommt Ihr Generalsekretär dazu, öffentlich zu sagen, dass auf die Zeugen kein Druck ausgeübt wurde, wenn selbst die ermittelnde Staatsanwältin laut diesem Bespre­chungsprotokoll sagt: „Dr. L. ist bei der ersten Zeugin als Vertrauensperson aufgetre­ten. Die Zeugin war ängstlich, es wurde der Eindruck vermittelt, dass eine Drucksitua­tion vorherrscht“? – Wieder eine Unwahrheit.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die erste Zeugin die Gattin des frisch ernannten Generalsekretärs im freiheitlich geführten Außenministerium ist. Beim zwei­ten angeschleppten Zeugen handelt es sich um einen im Krankenstand befindlichen leitenden BVT-Beamten, der vermeintlich der Urheber des Dossiers ist. Da besteht wieder eine Unwahrheit seitens des Generalsekretärs, der nämlich am 13.3. gegen­über Medien behauptete, nicht zu wissen, wer die Zeugen seien. Er musste sie aber ih­rer Amtsverschwiegenheit entbinden, damit sie überhaupt aussagen können. Von den zwei Zeugen, die die meisten Vorwürfe vermeldeten, hatte die erste FPÖ-Nahebezug, der zweite handelte vielleicht im Eigeninteresse hinsichtlich gewisser Strafverfolgungen.

Sie haben die Staatsanwaltschaft vor Ihren Karren gespannt, Herr Innenminister. Sie schafften es mit all diesen Zeugenaussagen und dem Missbrauch der Autorität Ihres Amtes, bei der Staatsanwaltschaft den Eindruck einer Dringlichkeit für die Hausdurch­suchung zu erzeugen. Sie haben heute – sehr interessant – geantwortet, dass Sie von der Hausdurchsuchung schon am 26. wussten. Sie fand aber erst am 27. am Abend statt, und da konnte der Journalrichter wegen Gefahr im Verzug die Unterlagen betref­fend Hausdurchsuchung nicht mehr lesen, sondern musste sie telefonisch genehmi­gen. Wo ist da die Gewaltentrennung? Ich möchte wissen: Woher wussten Sie schon am 26. von der Hausdurchsuchung?

Ich freue mich, dass Dr. Pilz meine Frage an Sie als sehr produktiv erachtete, die Ant­wort war auch interessant, nämlich dass die EGS schon seit 21. auf den Einsatz vor­bereitet wurde. Das Argument für diesen Einsatz war ja immer, dass etwas raussickern könnte, aber anscheinend hat Generalsekretär Goldgruber sogar schon vor den Zeu­geneinvernahmen – auf jeden Fall aber bereits nach der ersten Zeugeneinvernahme – vor lauter Vorfreude die EGS organisiert und damit eine Einheit unter der Leitung von FPÖ-Gemeinderat Preiszler, der nun schon wegen Verhetzung angezeigt ist. (Abg. Jarolim: Das ist aber ein Skandal!) Die EGS hat ordentlich umgerührt, dazu laufen nun Beschwerden. (Abg. Rosenkranz: Ich glaube, ich muss die Frau Krisper auch wegen Verhetzung anzeigen!) Herr Innenminister, dafür sind Sie verantwortlich – entweder wegen der Unfähigkeit, alles im Griff zu haben, oder wegen Ihrer Absicht.

Nun kommen wir noch zu Ihrem eigenen Verhalten, Herr Innenminister. Sie meinten bei der letzten Dringlichen Anfrage: „Ich führe mein Ministerium gesetzeskonform“. – Das hat jetzt aber bei den Suspendierungen nicht so geklappt. Da haben Gerichte die Suspendierungen gegen Gridling, gegen Herrn S. und – heute frisch – auch gegen Herrn H. aufgehoben. Da hat der Rechtsstaat Sie in die Schranken gewiesen. (Abg. Neu­bauer: Unsinn! Zum Thema!)

Unser Innenminister hat also den Chef des BVT aufgrund machtpolitischer Interessen zu Unrecht suspendiert. (Abg. Neubauer: Wenn man die Gesetze einhält! Das ist ja unfassbar!) Gleich am Tag nach Ablehnung der Suspendierung wollten Sie den Akt neuerlich anfordern, um neu zu prüfen. Da muss ich Herrn Jenewein korrigieren: Es ist keine Unbeschlagenheit von Krainer und mir, das zu kritisieren, sondern das Bundes­verwaltungsgericht entscheidet nach aktuellem Stand des Aktes. Es gab keinen Grund, die Akten neu anzufordern.

Das alles ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. (Abg. Rosenkranz: Oje! – Abg. Kitzmüller: Scheinheiligkeit, aha! – Abg. Rosenkranz: Das Sch-Wort!) Ich frage mich, was für einen doppelten Standard Sie bei Ihren Beamten anlegen. Die einen, die nicht so passen, suspendieren Sie, die anderen nicht. Wie steht es denn nun mit der Sus­pendierung von Goldgruber, betreffend den auch Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft vorliegen? Wie steht es um die Suspendierung von Lett? Wo ist da der gleiche Maßstab – Stichwort Rechtsstaat –, den Sie anlegen? (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Herr Minister, Sie haben hier in unerträglicher Weise über die Stränge geschlagen, sich vergaloppiert. Ziehen Sie im Interesse der Sicherheit des Landes die Konsequenz, steigen Sie von Ihrem hohen Ross, treten Sie zurück! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Lis­te Pilz.)

13.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zadić. – Bitte. (Abg. Martin Graf: Zeige mir deine Kollegen, und ich sage dir, wer du bist!)