14.23

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Re­gierung! Meine Damen und Herren! Nur so viel zu Ihnen, Herr Innenminister, weil Sie die Juristen angesprochen haben: Bei der Aufhebung der Suspendierung des Herrn Gridling hat das Bundesverwaltungsgericht in der Sache entschieden, und es bemän­gelt die lebensfremden Pauschalierungen, auf die die Suspendierung gestützt wurde. Das heißt, sie wurde als rechtswidrig aufgehoben. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Zu Ihnen, Herr Abgeordneter Jenewein, nur so viel: Es ist nicht die Opposition, die die Themen erfindet oder selbst macht, sie werden frei Haus geliefert (Ruf bei der FPÖ: Sie müssen das schon begründen!), und die Opposition kann sie nur aufgreifen. (Bei­fall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Ich möchte mit einem Zitat aus der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ beginnen, und zwar geht es in dem Artikel um das deutsche Bundesamt für Migration und Flücht­linge. Da wird gesagt: „Bei der Affäre“ – und jetzt ersetze ich Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch BVT – um das BVT „verhält es sich so wie beim Schälen einer Zwiebel: Schicht um Schicht dringt man von außen nach innen vor, und jede Schicht treibt einem mehr Tränen in die Augen“. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Das sind Tränen der Wut, des Zorns und der Trauer. Die erste Schicht in der BVT-Ge­schichte ist die spektakuläre Hausdurchsuchung, die heute schon ganz breit erörtert wurde. Man kann nicht leugnen – am Anfang hat man das versucht –, dass Daten mit­genommen wurden, die mit den Anschuldigungen, die dann später als Grundlage be­kannt geworden sind, nichts zu tun haben. Ob Sie sie zurückgestellt haben, ist eine an­dere Frage, jedenfalls aber hat man einmal genommen, was man kriegen konnte, vor allem aus der Extremismusabteilung. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ, NEOS und SPÖ.)

Die zweite Schicht sind die Grundlagen für die Hausdurchsuchung, und da hat sich he­rausgestellt (Rufe bei der FPÖ: Oi, bitte! – Gegenrufe bei NEOS und SPÖ), dass es im Wesentlichen ein Papier war - - (Abg. Rosenkranz: Na, meine Herren ... kan Käse, Krai­ner!)

Präsidentin Doris Bures: Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete, dass ich Sie kurz un­terbreche.

Herr Klubobmann Rosenkranz, wir haben in der letzten Präsidialkonferenz eine Debat­te darüber gehabt, wie wir im Haus die Zwischenrufe, die ein parlamentarisches Instru­ment sind, nützen. Es war insbesondere die Diskussion, dass es gegenüber dem Red­ner am Rednerpult immer diese lauten Zwischenrufe gibt, noch dazu solche, die an der Grenze sind, was die Verletzung der Würde des Hauses betrifft, und wir alle Fraktionen ersuchen, davon Abstand zu nehmen.

Ich wollte das jetzt nur noch einmal in Erinnerung rufen und bitte nun die Frau Abge­ordnete, in ihren Ausführungen weiterzugehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der NEOS. – Abg. Rosenkranz: Lesen Sie einmal ein bissl die Zwischenrufproto­kolle! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Am Wort ist Frau Abgeordnete Dr.in Griss. – Frau Abgeordnete, ich gebe Ihnen die Zeit, die ich Ihnen jetzt für diese Erläuterungen genommen habe, als Redezeit noch dazu.

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (fortsetzend): Die zweite Schicht sind die Grundla­gen, die dazu geführt haben, dass es diese Hausdurchsuchung gegeben hat; auch das ist schon des Langen und Breiten erörtert worden.

Die dritte Schicht ist jene, die mir als ehemaliger Richterin in einem ganz besonderen Maß die Tränen in die Augen treibt, nämlich jenes Protokoll aus dem Justizministerium über die Besprechung mit Pilnacek – es ist heute schon ein paarmal erwähnt worden –, in dem es darum ging, warum denn – anders als sonst üblich – die Korruptionsstaats­anwaltschaft nicht das Einvernehmen mit der Oberstaatsanwaltschaft und dem Justiz­ministerium hergestellt hat, bevor es diese spektakuläre Hausdurchsuchung gemacht hat.

Im Protokoll steht, der Grund war die Befürchtung, dass das BVT aufgrund der Nähe der ehemaligen Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft zur ÖVP hätte vorgewarnt werden können. Dazu muss man wissen, die ehemalige Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien ist seit 1. Feber dieses Jahres Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes. Sie hat sich im Bewerbungsverfahren gegen mehrere Senatspräsidenten des OGH, die seit Jahren am OGH sind, durchgesetzt, und dies, obwohl sie vor ihrer Ernennung als Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien nur einige Jahre Richterin am OGH gewesen war. Ich nehme an, dass jene Vertreterin der Korruptionsstaatsanwaltschaft – und ich halte ihr das zugute – gar nicht gewusst hat, was sie damit gesagt hat, als sie diese Befürchtung ausgesprochen hat. Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf! Es ist der Vor­wurf, dass eine Höchstrichterin aus parteipolitischer Loyalität ihren Amtseid brechen könnte. Das ist ein Bild des Rechtsstaates, welches einem die Tränen in die Augen treiben muss. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Es zeigt, dass es dringend notwendig ist, die Staatsanwaltschaft aus der Zuständigkeit eines Regierungsmitglieds herauszulösen, sodass es wie in anderen zivilisierten Län­dern einen Generalstaatsanwalt gibt (Abg. Gudenus: Das ist aber nicht Status quo!), den das Parlament bestimmt, vor allem deshalb, weil es den unabhängigen Untersu­chungsrichter nicht mehr gibt. Gäbe es ihn noch, wäre es, davon bin ich überzeugt, nicht zu dieser Aktion gekommen (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz), denn auch Sie selbst, Herr Innenminister, glauben offenbar nicht an die Stichhaltigkeit der Vorwür­fe gegen Gridling, sonst hätten Sie doch nicht, nachdem die Suspendierung aufgeho­ben worden war, mit ihm gemeinsam vor die Presse treten und sagen können: Das ist mein Partner, mit ihm baue ich das BVT wieder auf! – Das ist doch ein Widerspruch, wie er ärger nicht sein kann.

Herr Innenminister, ich habe Sie als Oppositionspolitiker immer sehr geschätzt und ap­pelliere jetzt an Sie: Nehmen Sie die Verantwortung wahr, die Sie seinerzeit von Re­gierungsmitgliedern immer eingefordert haben! – Danke. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

14.30

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ga­briel Obernosterer. – Bitte, Herr Abgeordneter.