10.02

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Na ja, die Bundesregierung spricht so gerne vom neuen Stil, und man kann einen neuen Stil erkennen: Es ist der Stil der Superlative. Alles ist das Größte, das Beste, das Schönste. Ich frage mich dabei immer, ob Sie das einerseits selbst glauben, und andererseits: Was ist, wenn – Beispiel Wirtschaftsdelegation in China – dann eine noch größere Wirtschaftsdelegation nach China fährt? Sie müssen also mit den Super­lativen aufpassen.

Ich verstehe schon, dass es aus der Perspektive teilweise so ist. Ich glaube aber eher, dass es an dieser Message Control liegt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das ist ja auch ein neuer Stil der Bundesregierung: Sebastian Kurz hat die Message Control ein­ge­führt. Grundsätzlich darf jeder Minister nur dann sprechen, wenn Sebastian Kurz das erlaubt. (Zwischenruf des Abg. Strolz.) Seine Vertretung Minister Blümel darf immer sprechen, weil Sebastian Kurz so selten ins Parlament kommt. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Es hat sich also schon etwas geändert im Stil; das stimmt.

Man kann gewisse Dinge aber auch loben, da stehe ich nicht an – die Frage, die die Liste Pilz angesprochen hat; das Thema Lohnnebenkosten senken, das Kollege Rosenkranz angesprochen hat. Das sind positive Dinge, die man jedenfalls machen kann. Auch die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist etwas, das wir NEOS immer unter­stützt haben. Die FPÖ ist leider – und deswegen war ich überrascht, als Kollege Rosenkranz das jetzt angesprochen hat – sehr schnell eingeknickt beim Thema der Privilegien in den Kammern. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.) Sie wissen, es waren jahrelang Sie, die die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft gefordert haben. Wir NEOS nehmen es halt ernst. Sie haben Ihre inhaltliche Position da sehr schnell auf­gegeben. (Abg. Rosenkranz: Die Regierungsperiode ist noch nicht zu Ende, ein bisschen mehr Geduld!)  Die Regierungsperiode ist noch nicht zu Ende, aber man muss Sie ja auch daran messen, was im Regierungsprogramm steht, Herr Kollege Rosenkranz.

Das ist ja in vielen Bereichen das Problem, und dazu kommen wir jetzt auch. Das war auch das, was ich als Nächstes ansprechen wollte. Sie reden sehr oft sehr blumig. Die Lieblingsformulierung von Minister Blümel und Generalsekretär Nehammer ist ja, man wolle im System sparen. Ich habe vor Kurzem eine Anfrage betreffend die Anzahl der Mitarbeiter in den Kabinetten gestellt. Wir wissen, dass die Anzahl der Mitarbeiter in den Kabinetten über die letzten Jahre immer größer geworden ist (Abg. Strolz: Ja!), das war schon bei der Vorgängerregierung so, das war schon bei der Vorvorgänger­regierung so. Und siehe da, Überraschung: Den Höchststand an Mitarbeitern in den Kabinetten der Bundesministerien gibt es jetzt unter Schwarz-Blau. – Und das ist das, was Sie Sparen im System nennen!? Ich meine, das ist allerhöchstens ein Scherz, und noch dazu ein schlechter Scherz! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Es gibt auch ganz unterschiedliche Situationen, in denen es um den Umgang mit dem Parlament geht, die zeigen, inwiefern sich der Stil ganz offensichtlich geändert hat. Wir erinnern uns an die Bestellung von VfGH-Richtern, wo wir als Parlament im Vorhinein aus den Medien haben erfahren müssen, wen wir dann wählen sollen. Das war etwas, das es so auch noch nie gegeben hat. Es war natürlich oft so, dass sich Regierungs­par­teien vorher überlegt haben, wen sie gerne im Verfassungsgerichtshof hätten; das ist auch nachvollziehbar. Dass man aber im Vorhinein dem Parlament ausrichtet, was es machen soll, ist einigermaßen irritierend. Wir wussten damals wenigstens, wer sich bewirbt; das ist etwas Positives. Das war bei der Bestellung der Richter für den Europäischen Gerichtshof am Anfang nicht so. Wir haben dann zum Glück gemeinsam beschlossen, dass uns die Informationen zur Verfügung gestellt werden, weil es schwierig ist, jemanden zu wählen, ohne zu wissen, wer die anderen Kandidaten sind. Problematisch war daran, dass wir diese Liste im Hauptausschuss bekommen haben und 17 Minuten später hätten wählen sollen. Auch das ist nicht unbedingt etwas, was ich als neuen Stil empfinde. (Abg. Rosenkranz: Aber besser! Immer besser! Besser schon!)

Ich würde mir von der neuen Bundesregierung und auch von den beiden Regie­rungs­parteien noch mehr neuen Stil im Parlamentarismus erwarten. Wir haben das auch heute schon diskutiert, das Thema Zwischenrufe und so weiter. Etwas, das ich als neuen Stil empfände, wäre, wenn wir uns hier im Parlament auch einigermaßen ernster nehmen.

Was auch immer spannend ist, ist das Thema Parteienfinanzierung. Kollege Nehammer weiß, das ist mein Lieblingsthema. Er will ja, wie gesagt, immer so gerne im System sparen. Wir wissen, wir haben die höchste Parteienfinanzierung Europas in Österreich, wir haben die zweithöchste weltweit; und das Einzige, was dieser neuen Bundes­regie­rung eingefallen ist, ist, dass sie die Valorisierung der Parteienfinanzierung für ein Jahr aussetzt. (Beifall bei den NEOS.) Das hat mit Sparen im System nichts zu tun. Es ist genau das Gleiche und die alte Politik, die vorher auch da war.

Wir haben noch die berühmte Körberlgelddiskussion, bei der nicht ganz klar ist, wofür das Geld verwendet wird. Wir hören immer wieder unterschiedliche Ankündigungen. Meine Vorstellung davon, wie man so etwas ins Budget reinschreibt, ist, dass man es ernsthaft reinschreibt und dazuschreibt, wofür man es verwenden will.

Ja, im Parlament ist es noch schlimmer geworden. Wir haben Fristsetzungen der Re­gie­rungsparteien, die Ausschussvorsitzende zwingen, einen Ausschuss einzuberufen, obwohl er eigentlich vorher nie die Möglichkeit hatte, das überhaupt zu tun. Wir hören auf mit Begutachtungen. Es gibt immer mehr Initiativanträge der Regierungsparteien, damit ja kein öffentlicher Diskurs geführt wird. (Abg. Belakowitsch: Na ja, wir sind das Parlament! Das ist die Aufgabe des Parlaments!) – Frau Kollegin Belakowitsch, es ist schon grundsätzlich so, dass an und für sich Regierungsvorlagen begutachtet werden sollten und dass man nicht versucht, über die Hintertür - - (Abg. Belakowitsch: Wenn fünf Abgeordnete ...! – Abg. Rosenkranz: Das ist auch ein neuer Stil! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)  Na selbstverständlich dürfen Sie etwas einbringen! Sie wissen aber auch, dass das in der Regel nicht von Ihnen geschrieben wird, sondern von einem Ministerium. Damit wird versucht, das dann über die Hintertür im Parlament einzubringen.

Was es wirklich braucht, haben wir nicht: Wir haben keine umfassende Pensionsreform im Regierungsprogramm; früher hat das die JVP immer wieder gefordert. Wir haben kein Informationsfreiheitsgesetz, wir haben keine Abschaffung der kalten Progression. Das sind alles Versprechungen, die im Wahlkampf gemacht wurden (Abg. Hauser: Innerhalb von einem halben Jahr!), die nicht nur noch nicht umgesetzt sind, sondern die noch nicht einmal im Regierungsprogramm drinnen stehen, Herr Kollege Hauser. (Abg. Gudenus: Ein halbes Jahr! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist das Problem. Sie haben es sich noch nicht einmal vorgenommen, und dementsprechend wissen wir auch, dass dahin gehend nichts passieren wird. Das ist kein neuer Stil, das ist alte Politik und nichts anderes. (Beifall bei NEOS und Liste Pilz sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

10.07

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rossmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt wird’s schwierig! – Ruf bei der FPÖ: Da ist jeder Schritt 5 Euro wert!)