12.08

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wer von Ihnen hätte gedacht, dass China zum großen Globalisierungsgestalter werden könnte? Xi Jinping hat letztes Jahr beim Weltwirtschaftsforum in Davos für die Fortsetzung der wirtschaftlichen Globalisierung geworben und vor protektionistischen Ansätzen gewarnt, weil das zu Krieg und Armut führt.

Und was haben wir auf der anderen Seite des Ozeans? – Dort droht die Nafta zusam­menzubrechen. Trump ist aus dem transpazifischen Pakt ausgestiegen, und nun führt er Zölle ein. Damit gefährdet er übrigens 150 000 Arbeitsplätze; ich weiß nicht, ob er damit „America great again“ macht.

Und Europa? – Wenn wir nicht aufpassen, verlieren auch wir eine wichtige Rolle im Freihandel, und dann bleibt als einziger wirklicher Player nur noch China übrig. – Schwierige Zeiten für den Freihandel.

Dabei sollten wir uns bewusst machen, was der Freihandel eigentlich bewirkt hat. Er hat in den vergangenen 30 Jahren eine Milliarde Menschen aus der Armut befreit, und das ist mehr als alle Gewerkschaften, Kirchen und Parteien zusammen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und Österreich? – Unser Land hat ganz besonders vom Freihandel profitiert, von der Ostöffnung, dem Beitritt zur Europäischen Union, der Osterweiterung und dem Beitritt zum Euro. Dadurch wurden 480 000 Arbeitsplätze geschaffen. Und wir wissen, wir haben eine Arbeitslosigkeit von rund 360 000 Menschen.

Österreich ist ein Exportland. Wir haben das heute schon öfters gehört, aber man kann es nicht oft genug betonen: Wir verdienen 6 von 10 Euro im Ausland. Und auch durch Ceta haben wir bisher schon profitiert. Das Abkommen ist seit knapp neun Monaten in Kraft, und die Exporte nach Kanada sind um 25 Prozent gestiegen. Die Exporterfolgs­geschichte geht also weiter, und das ist gut so.

Am 27. April 2009 hat der Rat der Europäischen Union die Europäische Kommission ermächtigt, Ceta zu verhandeln. Siebeneinhalb Jahre später wurde es unterzeichnet, unter dem damaligen Bundeskanzler Kern – leider ist er jetzt nicht anwesend. Und seien wir einmal ehrlich: Würde Ceta jetzt nicht ratifiziert werden, wir würden uns doch lächerlich machen. Wir haben uns mit Kanada darauf verständigt, den Vertrag zu unterzeichnen und ihn natürlich auch zu ratifizieren. Und da sprechen Sie, Herr Kollege – Herr Kollege Leichtfried ist leider auch gerade nicht im Saal –, spricht er also von Verrat. (Abg. Greiner – in Richtung Liste Pilz weisend –: Stimmt nicht, der steht da oben!) – Ah so, Entschuldigung! Er steht dort oben. Grüß Gott! Herr Kollege Leichtfried spricht von Verrat. Ich sage Ihnen: Wer A sagt, muss auch B sagen. Rechtssicherheit war der Europäischen Union und Österreich immer ein wichtiger Wert. Und ich denke, die Kanadier können das jetzt auch von uns einfordern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Gerade nach dem letzten Wochenende, nach dem Spektakel beim G-7-Treffen wissen wir, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit mit Kanada ist.

Jetzt zu dieser leidigen Diskussion um die Investitionsgerichtsbarkeit. Sie alle wissen, dass wir schon 60 Schiedsgerichtsabkommen haben. Und diese bösen Großkonzerne könnten über jedes dieser einzelnen Länder, wenn sie dort eine Zweigstelle haben, klagen. Das wissen Sie. Die jetzige Regelung ist transparenter, fairer und enthält eine Berufungsmöglichkeit.

Herr Kollege Rossmann hat vorher von den Richtern, die nicht unabhängig sind, ge­sprochen. Mein juristisches Verständnis, so wie ich es damals gelernt habe, ist ein anderes. Hören Sie also bitte endlich mit diesen Schreckgespenstern auf! Sie gefähr­den damit nicht nur das Abkommen, sondern auch den zukünftigen Freihandel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Heute, nach 3 333 Tagen, ratifizieren wir also das Abkommen – eine schwere Geburt. Aber es ist ähnlich wie bei einer Geburt: Sie ist schmerzhaft, sie ist lang, manchmal glaubt man, man gibt auf, und am Ende ist man froh, wenn es endlich so weit ist. Freuen wir uns über den heutigen Tag! Die Wirtschaft und damit auch unser Sozial­staat werden den Ratifizierungsgeburtstag, den 13. Juni, in Zukunft bestimmt feiern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.12

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Ing. Wolfgang Klinger ist der nächste Redner. – Bitte.