13.43

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf auf ein paar Redebeiträge Bezug nehmen und mich auch ge­nerell für Ihre Rückmeldung und für Ihre Anerkennung bedanken. Ich habe schon einmal den Dank, den Sie im Ausschuss an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichtet haben, in einer Hausnachricht weitergegeben und er ist sehr, sehr gut angekommen.

In der Tat haben Sie den Bericht 2017 zitiert. Der ist wie ein 40-Jahre-Geburtstags­be­richt, der einen repräsentativen Querschnitt über die Arbeit gibt und darüber, wie diese in den letzten Jahren angefallen ist und erledigt wurde. Ich darf darauf verweisen, dass die Volksanwaltschaft – 1977 eingerichtet – in der Tat bewegte und erfolgreiche Jahre hatte und ihre Dienste und ihre Tätigkeit gegenüber den Bürgern immer weiter ausgebaut hat. Ich habe mir die Zahlen angeschaut, da sieht man ständig steigende, größer werdende Säulen in der Abbildung.

Ein wichtiger Beitrag war die Kooperation mit dem ORF und die Möglichkeit, die Arbeit in der wöchentlichen Sendung „Bürgeranwalt“ oder „Ein Fall für den Volksanwalt“, wie sie früher geheißen hat, darzustellen und damit auch den Public-Value-Charakter des ORF zu verstärken und viel, viel an – wenn Sie so wollen – Bildungsarbeit zu leisten. Das bestätigen auch die Rückmeldungen und Mails, die wir ständig bekommen.

Ich darf noch mit ein paar Zahlen aufwarten. Insgesamt 40 Jahre Volksanwaltschaft hat bedeutet: 9 300 Sprechtage und Gespräche mit 73 000 Menschen. Sie können sicher sein, über all diese Gespräche gibt es Protokolle. Ja, man kann auch im vielen Material ersticken, aber es entsteht schon so etwas wie ein Eindruck davon, wie es in unserem Land zugeht. Ich darf zur steigenden Zahl der Beschwerden – es sind über 400 000 registrierte Beschwerden – auch sagen, dass sie im Bereich der Landes- und Gemein­deverwaltung gestiegen sind und proportional dazu auch in der Bundesverwaltung. Es haben uns ja nicht von Anfang an, von 1977 an alle Länder zum Landesvolksanwalt oder zur Landesvolksanwaltschaft gemacht, sondern das geschah erst nach und nach durch verfassungsgesetzliche Beschlüsse in den Ländern.

Ich darf dazu sagen, dass sich im Laufe der Zeit einige Erweiterungen unseres Auf­gabenspektrums ergeben haben. Der Fristsetzungsantrag im strafrechtlichen Bereich bei Gericht zum Beispiel war schon eine Verbesserung. Die größte stammt aber vom 1. Juli 2012, nämlich das Menschenrechtsmandat, das über die Opcat-Aufgaben hin­aus­geht und auch Polizeibegleitung und bestimmte Dimensionen der UN-Behin­derten­rechtskonvention umfasst. In diesem Bereich waren wir sehr, sehr offensiv und enga­giert tätig. Es gab 2 587 Besuche nach dem Opcat-Protokoll, nach dem öster­reichi­schen Opcat-Gesetz. Auf Grundlage eben dieses erweiterten Gesetzes waren wir tätig und haben Besuche gemacht und hunderte Empfehlungen abgegeben, die auch um­gesetzt wurden. Ich kann sie nur im Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzuges nennen: Es gab 540 Anregungen und Empfehlungen. Auf die Frage hin, wie inter­national wirksam die Volksanwaltschaft in dieser Aufgabe als Menschenrechtshaus ist, sage ich Ihnen: Davon wurden 38,1 Prozent umgesetzt, 15,7 Prozent zugesagt, 37 Pro­zent sind noch offen, also noch in Arbeit. Das heißt, man kann sagen: Die Volksanwalt­schaft wirkt. Das ist ein gutes Zeichen. Das sollten Sie auch wissen, so quasi als Querschnitteindruck.

Dennoch gibt es noch viel zu tun. Einiges ist von Ihnen angesprochen worden, zum Beispiel der Opferschutz. Ja, wir sind per Gesetz aufgefordert, mit der Wissenschaft zusammenzuarbeiten. Das tun und taten wir ohnedies gerne. Wir haben auf diese Weise mit der Medizinischen Universität Wien und mit dem Verein Autonome Öster­reichische Frauenhäuser eine interdisziplinäre Lehrveranstaltung entwickelt. Ich darf schon jetzt wieder dazu einladen. Sie findet wieder statt – mit einem öffentlich zugäng­lichem Auftakt für alle. Außerdem ist die Lehrveranstaltung für alle Hörerinnen und Hörer aller Fakultäten offen und auch für Vertreterinnen und Vertreter aus dem jewei­ligen Fachpersonalbereich – Pflege, Kinder, Polizei und so weiter. Wir haben aus den Vorträgen des ersten Jahres, die einen Überblick über die Lage von Opfern, Opfer­schutz und Frauen bieten, einen Sammelband gemacht. Wenn Sie wollen, steht Ihnen dieser zur Verfügung.

Überhaupt lade ich dazu ein, auf die Homepage zu schauen. Dort gibt es unter Publikationen vom Kinderrechtebuch über Broschüren bis hin zur Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen in den öffentlichen Medien oder zu chronisch kranken Kindern im Schulsystem eine Fülle an Informationsmaterial. Schauen Sie auf die Homepage! Wenn Sie einen Wunsch haben, schreiben Sie uns ein Mail, wir können Ihnen das Material zur Verfügung stellen.

Wir machen weiter mit dem Opferschutz. Insofern wir tätig werden können, sind wir es auch – auf vielfache Weise, von der Polizei über die Bereiche, in denen wir sonst noch in der Pflege und in der Wohlfahrt tätig sind. Unser Anliegen ist auch – das ist ange­sprochen worden – die Täterarbeit. Es geht darum, die Täter-Opfer-Spirale zu durch­brechen, denn leider wissen wir aus dem Vorjahr – da haben wir uns mit der Täterarbeit beschäftigt –, dass vielfach Opfer wieder zu Tätern werden und dass aus dieser Gewaltweitergabespirale schwer herauszufinden ist.

Ich darf noch auf einen Arbeitsbereich, der mich sowohl aus der Opcat-Arbeit als auch aus der nachprüfenden Kontrolle betrifft, eingehen, das ist die Arbeit der Justiz, der Justizverwaltung. Die unabhängige Rechtsprechung ist natürlich von uns nicht prüfbar, vor allem was die inhaltliche Arbeit anlangt, sondern nur die Säumnis. Die Justiz­verwaltung und der Strafvollzug betreffen hingegen unmittelbar unsere Agenden. In der Tat ist die Arbeit in den Justizanstalten für alle dort Tätigen – für die Wachen, für die Fachdienste, für die Psychologen, für die Facharbeiter, für die Sozialarbeiter – nicht leichter geworden. Ich darf aber sagen, dass ich mich schon grundsätzlich beim Justiz­ministerium – so nenne ich es der Kürze halber – für die Initiative einer erfolgreichen Personaloffensive bedanken darf.

Wir können gegenwärtig sagen, dass wir bei den Justizwachebediensteten – unter Gänsefüßchen – „nur“ von sechs Fällen von Langzeitkrankenstand reden können. Es gibt eine stagnierende Insassenzahl. Natürlich haben wir offene Stellen – schwer­punktmäßig in Innsbruck und Garsten und noch in ein paar anderen Stellen, anderen Häuser im Lande –, während andere Stellen zumindest formal mit genügend Personal ausgestattet sind. Die Arbeit ist schwerer, die Herausforderungen sind – wenn Sie so wollen – multifaktorieller geworden. Abhilfe kann in Wirklichkeit nur Ausbildung, Fortbildung, Supervision, Hilfe schaffen. Ich weiß, dass das vom Ministerium und von den Häusern angeboten wird. Wir sind in ständigem Kontakt mit den Repräsentanten der Häuser. Wir werden demnächst wieder eine Konferenz der Anstaltsleiterinnen und Anstaltsleiter haben. Wir sind auch offen. Wir hatten ein Gespräch mit der Perso­nal­vertretung und mit den Dienststellenausschussrepräsentanten und wir sind offen für weitere, um hier gute Voraussetzungen schaffen zu können, damit menschen­rechts­konform gearbeitet wird.

Ich meine, dass Menschenrechte – und das Grundrecht auf gute Verwaltung würde ich im großen Bogen dazuzählen – dort beginnen, wo Vorurteile enden. Wir wollen auch mit unserer Arbeit in diese Richtung künftig weiterarbeiten. Ich darf das Wort an Volksanwalt Fichtenbauer weitergeben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

13.51

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Danke vielmals Frau Volksanwältin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Dr. Fichtenbauer. – Bitte, Herr Volksanwalt.