13.59

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte noch einmal zu dem Bestellmodus für die Volks­anwälte etwas betonen und unterstreichen. Das ist ja selbstverständlich Sache des Parlaments. Ich kann nicht verstehen, wie es zu dieser kolossalen Fehlinterpretation kommt, dass man das den Volksanwälten vorwirft – zumal wir uns auch empfehlend für ein Hearing ausgesprochen haben.

Was allerdings richtig ist, ist, dass uns eine Vereinigung in Genf mit einem B-Status qualifiziert, was die Unabhängigkeit betrifft. Na ja, wer sind die Länder mit A-Status? Wer ist da gelistet? Wer hat nach dieser Listung eine stärkere Unabhängigkeit als die österreichische Volksanwaltschaft? – Russland, Aserbaidschan, Haiti, Nicaragua, Malawi und so weiter und so weiter. Schweden, das mit einem Musterbeispiel an Unab­hängigkeit über die traditionsreichste Ombudseinrichtung weltweit verfügt, hat ebenfalls B-Status – also wir als österreichische Volksanwaltschaft fühlen uns da eigentlich recht wohl und in guter Gesellschaft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich darf mich herzlich für den Allparteienkonsens bedanken, was die Reform des Heimopferrentengesetzes betrifft, es gibt da einen gemeinsamen Antrag, der Ende des Monats finalisiert werden soll. Dann können endlich auch Menschen, die in Kran­kenhäusern oder in privaten Kinderheimen, denen sie staatlich zugewiesen worden waren, Gewalt erlitten haben beziehungsweise dort misshandelt wurden, so einen Antrag auf eine Heimopferrente stellen. Auch für Menschen mit Behinderungen sind einige Klarstellungen erforderlich, das entwürdigende vorherige Wenden an eine Opfer­schutzeinrichtung würde wegfallen und Feststellungsbescheide sollten ermöglicht werden. Das heißt also, das ist eine sehr positive Entwicklung im Sinne von Gleich­behand­lung und Gerechtigkeit.

Was mir bisher niemand erklären konnte, ist, warum der Mehraufwand, der logischer­weise für unser Büro und unsere Kommission entsteht, mit einer Reduktion von vier Mitarbeitern auf drei quittiert wird – das ist wirklich ein Problem! Wir haben in der Zwischenzeit, seit es dieses Gesetz gibt, rund 4 000 Telefonate geführt, das sind sehr sensible Gespräche, mehr als 700 Akten werden bearbeitet. Leider sind einige hoch­betagte Menschen inzwischen verstorben und konnten diese Anerkennung gar nicht mehr erleben. Vielleicht findet man jedoch im Sozialausschuss noch eine Lösung dahin gehend, dass man uns entsprechend ausrüstet, damit wir die Fälle zügig bearbeiten können.

Ich habe vor ungefähr zwei Jahren der Öffentlichkeit und dem Parlament über Defizite und Missstände in Alten- und Pflegeheimen berichtet, unsere Kommissionen besuchen ja unangekündigt Pflegeeinrichtungen. Man hat das dann österreichweit und auch in den Bundesländern ein bisschen damit abgetan, das wären Einzelfälle und das Prob­lem wäre nicht so gewichtig.

Wir haben bis jetzt Hunderte Alten- und Pflegeheime besucht, wie sieht also die statis­tische Auswertung aus, meine Damen und Herren? – Die Personalbesetzung im Nacht­dienst ist in 47 Prozent der Einrichtungen unterdurchschnittlich. Die Supervision für das Personal ist in 77 Prozent der Einrichtungen nicht ausreichend, und bedenk­liche Medikationen wurden in 58 Prozent der Alten- und Pflegeheime in Österreich festgestellt, quer durchs Land. Das sind ja wohl doch keine Einzelfälle, sondern klar und deutlich Strukturprobleme, die gelöst werden müssen.

Wie sieht es mit der Personalausstattung aus, wie mit der Qualitätssicherung? Von Bundesseite her könnte man ja den Pflegefonds entsprechend orientieren und Vor­gaben an die Länder erlassen, also ein Instrument stünde zur Verfügung. Wir müssen immer bedenken, dass nur 16 oder 17 Prozent der hilfs- und pflegebedürftigen Men­schen in einem Heim untergebracht sind, alle anderen werden – und die Menschen wollen das ja – in der Familie betreut und gepflegt. Diese sind natürlich auf ambulante Dienste angewiesen, haben vielleicht eine 24-Stunden-Betreuung oder werden von der Familie versorgt.

Da gibt es einen politischen Konsens quer durch ganz Österreich, dass man die Pflege zu Hause stützen und fördern muss, und ich glaube, das sollten wir einmal mit dem Pflegegeld machen: Seit Einführung des Pflegegeldes gibt es einen Wertverlust von 30 Prozent! Es wäre höchste Zeit, das auszugleichen (Beifall der Abgeordneten Loacker und Neubauer), das Pflegegeld entsprechend anzuheben und natürlich jährlich zu valorisieren. Ebenfalls notwendig sind Qualitätskriterien für Agenturen, die 24-Stunden-Betreuung vermitteln, und wahrscheinlich wird auch eine effiziente Kon­trolle nötig sein. Es geht bei diesem Thema um Menschenwürde, was die Betreuung und Pflege von alten Menschen betrifft – das ist kein Kostenfaktor, sondern letztendlich eine Frage der Kultur!

Abschließend noch ein Thema, welches mir auch sehr, sehr am Herzen liegt, nämlich Menschen mit Behinderungen: Rund 23 000 von ihnen arbeiten in Tageswerkstätten; dazu eine kritische Frage: Wann wird die Republik Österreich endlich aufhören, erwach­sene Menschen mit Behinderungen wie kleine Kinder zu behandeln? Diese Menschen bekommen nämlich erhöhte Familienbeihilfe sowie ein Taschengeld, und wenn die Eltern irgendwann tragischerweise versterben, sind die Kinder rechtlich gesehen Waisen. – Das widerspricht natürlich eklatant jeder Form von Inklusion und Teilhabe, natürlich auch der UN-Behindertenrechtskonvention!

2019 wird es eine Staatenprüfung Österreichs durch die UN geben, und viel Zeit ist bis dahin nicht mehr! Ich meine, dass dieses Thema gelöst werden muss. Die Behin­dertenanwaltschaft, die NGOs, die Selbstvertreter, die Volksanwaltschaft: Wir fordern, eine faire Sozial- und Pensionsversicherung für diese Menschen einzuführen! Sehr interessant ist, dass es dazu ganz aktuell eine Stellungnahme des Sozialministeriums gibt: Man habe eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht und ökonomisch würde sich wenig ändern – dann ist es ja wirklich höchste Zeit, dass man das angeht! Das ist auch eine Frage der Menschenwürde, und da besteht dringender Handlungsbedarf. – Danke für Ihre Unterstützung. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und NEOS.)

14.05