14.06

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Volks­anwälte! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst einmal der Volksanwaltschaft sehr, sehr herzlich für diesen Sonderbericht über Kinder und ihre Rechte in öffentlichen Einrichtungen danken. Dieser Bericht zeigt uns, wie wichtig die Volksanwaltschaft für eine Demokratie ist. Dafür ein herzlicher Dank! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und SPÖ.)

Ich möchte ganz besonders das Thema der Fremdunterbringungen aufgreifen. Wir wis­sen, manchmal ist es leider als letztes Mittel, als Ultima Ratio notwendig, ein Kind fremdunterzubringen. Viele Menschen leisten dabei unter schwierigen Bedingungen großartige Arbeit. Auch dafür sei herzlich gedankt!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Parlament reicht es aber nicht, dass wir danken, sondern wir sind dafür zuständig, uns die Fragen zu stellen: Läuft alles richtig? Können, müssen wir etwas verbessern? Dafür ist ein Bericht der Volksanwaltschaft ein wichtiger und richtiger Aufhänger. Ich habe mir diesen Bericht sehr genau angesehen und habe der knappen Redezeit entsprechend vier Fragen mitgebracht, die eigentlich vier Forderungen dazu sind, was wir gemeinsam, hoffentlich auch parteiübergreifend, in diesem Bereich tun sollten.

Erste Frage: Wie erklären wir uns die statistischen Auffälligkeiten, die wir in diesem Bericht finden? Zum Beispiel ist die Zahl der fremduntergebrachten Kinder in den letzten zehn Jahren von circa 8 000 auf 13 500 angestiegen. Eine andere Frage, die sich durch diesen Bericht ergibt: Wie erklären wir uns das Gefälle zwischen den Bun­desländern? In Wien, der Steiermark und in Vorarlberg werden rund ein Drittel mehr Kinder abgenommen als in den anderen Bundesländern. Ich glaube, es wäre wichtig, dazu wissenschaftliche Studien durchzuführen und daraus Handlungsmöglichkeiten abzuleiten.

Zweite Frage: Wie können wir die angesprochenen Missstände in Einrichtungen beseitigen? Da geht es etwa um das Burgenland und Niederösterreich. Ein Mitarbeiter sagt, es gebe einen Berg ungelöster Probleme. Zwei Familien haben mir erzählt, unter Missbrauchsverdacht seien ihnen die Kinder beziehungsweise das Kind abgenommen worden – missbraucht wurden ihre Kinder aber erst in der Einrichtung! Das ist ein Missstand, den wir kennen und den wir beseitigen müssen.

Dritte Frage: Tun wir wirklich alles, damit die Kindesabnahme ein letztes Mittel ist? Manche Eltern sagen: Die Therapie, die wir gebraucht hätten, hat man uns als Familie nicht angeboten – aber in der Einrichtung wird sie dann finanziert! Ich habe mit Ver­antwortlichen im Wiener Jugendamt gesprochen, die haben gesagt: Wir müssen mehr in begleitende, frühe Hilfen investieren, da kann man so viel abfangen! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie wissen, wie viel ein Kind in der Fremdunterbringung kostet, es sind 5 000 bis 7 000 Euro pro Monat. Frühe Hilfen könnten helfen und würden unterm Strich auch viel weniger kosten.

Vierte Frage: Tun wir alles, um die Besuchsrechte der Eltern für ihre abgenommenen Kinder zu gewährleisten? Eine Familie hat mir geschrieben: Wir haben unseren Neun­jährigen von November 2017 bis April 2018 nicht gesehen. Wir haben jeden Tag ange­rufen, ein E-Mail geschickt und gesagt, bitte, wir möchten unser Kind zu Weihnachten oder zumindest zum Geburtstag sehen.

Dazu schreibt jetzt die Volksanwaltschaft, es gibt einen finanziellen Anreiz, dass Kinder in anderen Bundesländern untergebracht werden, einen Zuschlag. Dies ist zum Beispiel im Burgenland der Fall, und die Konsequenz ist, dass 30 Prozent der Kinder in Fremdunterbringungseinrichtungen im Burgenland aus anderen Bundesländern kommen. In Vorarlberg gibt es diesen Zuschlag nicht, dort sind nur 2 Prozent aus an­de­ren Bundesländern. Ich glaube, wir müssen uns das anschauen, solche Zuschläge gehören selbstverständlich abgeschafft.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Liste Pilz sagt ja, sie rede mit betroffenen Eltern – ich mache das auch –, aber die Liste Pilz war im Ausschuss, als wir das diskutiert haben, nicht anwesend. (Abg. Loacker: Das kann ja mal vorkommen!)

Ich habe aus meinen Gesprächen mit den Eltern mitgenommen, dass die Eltern ganz oft die Abnahme ihrer Kinder als Strafe erleben, als unverhältnismäßig, oft als will­kürlich. Sie fühlen sich von den Jugendämtern schlecht behandelt, sie werden über die wahren Gründe, die Hintergründe der Kindesabnahme, im Unklaren gelassen, und sie fühlen sich gegenüber den Behörden vollkommen hilflos.

Ich glaube, das ist ein Appell an uns, an das Parlament: Was können wir tun, damit sich Eltern und Betroffene in Österreich nicht hilflos fühlen müssen, wenn es um Grundrechte, und in diesem Fall um massive Grundrechtseingriffe, geht? Ich glaube, da gibt es massiven Handlungsbedarf. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.11

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ord­nete Wimmer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.