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Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich einmal herzlich bedanken, dass wir die Berichte der Volksanwaltschaft heute zu einer guten Zeit diskutieren können. Ich glaube, dass das auch die interessierte Öffentlichkeit schätzt. Vielleicht ist das auch der Beginn einer guten Tradition, was die Gestaltung der Tagesordnungen betrifft.

Lassen Sie mich noch ein paar Anmerkungen zu Kindesabnahmen und Fremdunter­bringung machen: Wir haben leider eine alarmierende Tendenz. Wenn ich Wien oder die Steiermark hernehme: Mehr als 1 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind fremd­untergebracht. Da ist es wirklich einmal notwendig, den Ursachen auf den Grund zu gehen.

Ich habe dem steiermärkischen Landtag jetzt empfohlen, eine wissenschaftliche Unter­suchung machen zu lassen – das habe ich auch in Richtung Wien gemacht –, dann kann man, glaube ich, vermeiden, dass – derzeit 9 000 – Kinder und Jugendliche in sozialpädagogischen Einrichtungen untergebracht sind. Dort gibt es natürlich wieder die Probleme, was fehlende Qualitätskriterien, fehlende einheitliche Rahmenbedin­gun­gen betrifft. Unsere Empfehlungen liegen auf dem Tisch: Unterbringung nahe der Fa­milie, maximale Gruppengröße: zehn Kinder und Jugendliche, Gewaltprävention, sexu­al­pädagogische Konzepte, natürlich entsprechende Aus- und Weiterbildung, Super­vision, was qualifiziertes Personal betrifft.

Derzeit gibt es riesige Unterschiede zwischen den Bundesländern. Das widerspricht übrigens krass der UN-Kinderrechtskonvention, die ja bei uns in Österreich in Geltung und anzuwenden ist. Es gibt einen Entwurf der Bundesregierung betreffend Kompe­tenzverschiebung der Kinder- und Jugendhilfe zu den Ländern. Ich möchte davor warnen, das ist die ganz falsche Richtung – glauben Sie mir aufgrund unserer Erfah­rungen aus den Kommissionsbesuchen, unseren amtswegigen Prüfverfahren, den Beschwerden –, damit würden die Probleme prolongiert und wahrscheinlich verschärft. Also wir als Volksanwaltschaft werden in der Begutachtung sehr klar zum Ausdruck bringen, dass die Gesetzgebung Bundessache sein muss und die Vollziehung in die Länder gehört.

Ich möchte noch etwas zum Gesundheitsthema sagen, weil das so oft angesprochen wurde. Ja, tatsächlich gibt es da wirklich dramatische Zahlen: Jeder dritte Bub und jedes vierte Mädchen in der Volksschule ist mit allen nur erdenklichen Spätfolgen – übergewichtig. Ich weiß schon, es gibt einzelne Projekte, was Ernährung betrifft  Schul­buffetprojekte, da und dort auch eine tägliche Turnstunde , aber es fehlt ein Master­plan; gemeinsames koordiniertes Vorgehen ist der Appell, die positiven Absichts­erklärungen sind zu wenig.

Vielleicht wäre dieser Sonderbericht über Kinder und Jugendliche eine gute Gelegen­heit, eine parlamentarische Enquete ins Leben zu rufen, im Rahmen derer sich dann Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Forschung, aber auch die Kinder- und Jugendan­waltschaften, die Volksanwaltschaft und auch die Betroffenen – also zivilgesellschaft­liche Vertretungen und die Kinder und Jugendlichen selbst  zu Wort melden können und wo man gemeinsam etwas entwickelt. Wir haben heute sehr viel über Kinder und Jugendliche geredet, aber nicht mit Kindern und Jugendlichen, und solch eine Enquete wäre eine großartige Gelegenheit dazu.

Ich appelliere und ersuche, dass man das ins Auge fasst und sich zwischen den Fraktionen darauf verständigt. Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

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