14.35

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es geht jetzt um einen Antrag, den die NEOS eingebracht haben, Chancen- und Innovationspaket genannt. Wir haben immer Chancenindex dazu gesagt und diesem Antrag der NEOS im Unterrichtsausschuss auch zugestimmt, denn es war uns im sozialdemokratischen Klub immer wichtig, dass wir Schulen nach ihren Bedürf­nissen finanzieren und ihnen jene Mittel zukommen lassen, die sie brauchen, um Unterricht ansprechend und vor allem so gestalten zu können, wie es die Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schulen brauchen.

Dieser Chancenindex, wie wir ihn genannt haben, ist ein ganz, ganz wesentlicher Punkt, um Schule gelingen zu lassen, und auch, um der Bildungsvererbung, die wir in Österreich ganz manifest ausgeprägt haben, ein Stück weit entgegenzuwirken und Chancen für benachteiligte Kinder zu eröffnen.

Was wir in der letzten Regierungsperiode ebenfalls gemacht haben, ist, diesen Chan­cenindex im Zuge des Bildungsreformpaketes 2017 auch entsprechend zu verankern. Wir haben ihn entlang von sechs Kriterien definiert, denn bis dato war Schule im We­sentlichen über die SchülerInnenzahl und über einen zu kurz gegriffenen sonderpäda­gogischen Förderbedarf definiert.

Wie also haben wir diesen Chancenindex definiert? – Kriterien sind die Zahl der Schü­lerinnen und Schüler – das ist klar –, das Bildungsangebot – sprich die Schwerpunkte der Schulen –, der sozioökonomische Hintergrund der Eltern, der Förderbedarf der Schülerinnen und Schüler, deren Alltagssprache und die regionalen Bedürfnisse. Das sind die Themen, denn wir wissen alle, dass Schulen in ländlichen Regionen anders sind als Schulen in urbanen Regionen.

Was es jetzt noch dazu braucht, Herr Bundesminister, ist – und ich weiß, dass Sie im­mer wieder auch in den Medien betont haben, dass Sie sich das durchaus vorstellen können –, dass ein chancen- und bedarfsgerechterer Finanzierungsvorgang angestrebt wird. Eine Verordnung, die wir in der letzten Legislaturperiode trotz aller Bemühungen nicht mehr geschafft haben, soll diesen sozioökonomischen Hintergrund auch entspre­chend definieren; ich bitte Sie wirklich, dies umzusetzen.

Falls es noch Überzeugungsarbeit braucht: Ich habe Ihnen zwei Beispiele mitgebracht, Beispiele aus England, die sehr schön veranschaulichen, wie es gehen kann. Pupil Premium – ich weiß nicht, ob Sie es kennen – wurde 2013 von David Cameron einge­führt und damit von einer konservativen Regierung, die, wie ich meine, ein Vorbild für Sie sein könnte. Ganztägige Schulen sind in England seit langer, langer Zeit gang und gäbe, und somit gibt es auch Schulessen. Was man gemacht hat, ist, dieses Schul­essen an Kinder aus Familien, die bildungsferner und sozioökonomisch schwach auf­gestellt sind, gratis und kostenfrei auszugeben.

Deshalb wissen die Behörden, wie die Zusammensetzung an welchen Schulen ist, wo es ganz besonders viele Kinder gibt, die aus bildungsferneren oder sozioökonomisch schwachen Familien kommen. Aufgrund der Erkenntnis aus diesen Zahlen und Daten haben sie veranlasst, dass jene Schulen einfach wesentlich mehr Mittel bekommen: Bis zu 62 Prozent mehr Ressourcen werden jenen Schulen bereitgestellt, die besonde­re Herausforderungen haben, 62 Prozent mehr Ressourcen, die die Direktorinnen und Direktoren selbst vergeben können. Sie können entscheiden, was ihre Schule braucht – mehr Sozialarbeiter, mehr PädagogInnen oder mehr PsychologInnen – und welche Maß­nahmen sie setzen wollen.

Das zweite Beispiel ist die London Challenge, ein auf diesen Ballungsraum fokussier­tes Maßnahmenpaket. Sie wurde 2003 ins Leben gerufen, und der Ausgangspunkt war, dass Sekundarschulen in London bei den Bildungskennzahlen extrem schlecht abgeschnitten haben. Dazu kamen dann noch Probleme mit Drogen, Gewalt und Mob­bing. In Österreich würde man Brennpunktschulen dazu sagen, obwohl ich diesen Ter­minus wirklich nicht gerne verwende.

Was wurde gemacht? – Es wurden Kriterien definiert, auf deren Basis Schulen ent­sprechend unterstützt wurden. Es wurden Lern- und Schulentwicklungsbegleiter und -be­gleiterinnen für diese Schulen bereitgestellt. Die Pädagoginnen und Pädagogen wur­den nachqualifiziert und besonders für die spezifische Situation ausgebildet, und es gab auch Anreizsysteme für Pädagoginnen und Pädagogen, genau an diesen Schulen zu unterrichten. Zusätzlich kamen Teach-First-Lehrerinnen und -Lehrer dazu, was bei uns Teach For Austria entspricht, und es wurde auch ein Peer-Learning-System instal­liert, nach dem diese Schulen mit stark abschneidenden Schulen verbunden, vernetzt wurden und von deren Erfahrungen lernen konnten.

Das Ergebnis war überwältigend. Diese London Challenge konnte bereits 2011 wieder eingestellt werden, weil die Ergebnisse so gut waren. Die vormals schlechtesten Schu­len waren plötzlich die besten Schulen in London, und das zeigt, Herr Minister, dass Mitteleinsatz, Ressourceneinsatz in die Autonomie der Schulen zu überführen sind. Das lohnt sich wahrlich, denn es geht da wirklich um Chancen für unsere Kinder und jungen Menschen. Nehmen Sie Geld in die Hand und finanzieren Sie die Schulen so, wie sie es wirklich brauchen, mit mehr Mitteln, nicht nur mit den 8,8 Milliarden Euro – diesen Betrag kennen wir beide gut –, sondern mit wesentlich mehr Mitteln, damit ge­nau jene Schulen die Ressourcen bekommen, die sie wirklich brauchen! – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

14.41

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Rosenberger. – Herr Abgeordneter, bitte.