17.44

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Vor einigen Tagen wurde der Globale Friedens­index veröffentlicht; bei diesem Globalen Friedensindex wird Österreich an sehr guter dritter Stelle ausgewiesen, und zwar hinter Island und Neuseeland, noch vor Portugal und vor vielen anderen Ländern. Der Globale Friedensindex sollte für uns ja auch ein Beweis dafür sein, dass es uns gemeinsam, ganz besonders auch der Sozialdemokra­tie in Regierungsfunktion, gelungen ist, einen ganz hohen sozialen Standard aufzu­bauen. Ich kann und will einfach nicht verstehen, dass in jeder Sitzung des Sozialaus­schusses, bei jeder Debatte hier in diesem Haus so getan wird, als wäre der Sozial­staat radikal abrasiert. Das ist doch nicht so! Wir sind ein hoch entwickelter Sozialstaat, und das wird so bleiben. Das wird so bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Natürlich muss man immer wieder nachbessern, natürlich muss man Regelungen hin­terfragen, wenn sie vielleicht nicht mehr zeitgemäß sind. Ich möchte in den wenigen Minuten, die ich hier reden darf, auch auf diese Jahresvorschau der EU-Kommission eingehen. Da sind derzeit einige Richtlinien und Verordnungen im Sozialbereich in Ar­beit, die gerade für uns im nächsten halben Jahr durchaus von Bedeutung sind, weil wir ja den Ratsvorsitz führen, zum Beispiel die Verordnung der EU zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und im Übrigen auch die Richtlinie über die Ent­sendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, also ganz wichtige Thematiken. Da wird mir auch Beppo Muchitsch – er ist jetzt zwar nicht da – sicher zustimmen.

Natürlich muss bei der Entsenderichtlinie darauf geachtet werden, dass es einen fairen Wettbewerb auch hier bei uns gibt, das heißt, wenn Arbeitnehmer aus anderen Län­dern kommen, dass sie auch zu den gleichen Bedingungen hier arbeiten müssen, denn sonst würden sie unsere Betriebe und unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unfair konkurrenzieren. Das ist eine ganz wichtige Verhandlung, da wünsche ich Ihnen alles Gute, Frau Minister.

Ganz interessant und ganz wichtig ist auch die Verordnung zur Koordinierung der Sys­teme der sozialen Sicherheit; das muss ich herunterlesen, weil das ein recht sperriger Titel ist. Dabei geht es um Folgendes – und darauf bestehen wir, und Bundeskanzler Sebastian Kurz hat es heute hier auch ausgeführt –: Natürlich müssen, soweit es mög­lich ist, die Grundfreiheiten auf EU-Ebene gelten, nämlich im gesamten EU-Gebiet, aber deswegen müssen wir auch gute Regelungen treffen: Was ist, wenn es grenz­überschreitende Sachverhalte gibt? Was ist zum Beispiel mit den Grenzgängern, die drüben wohnen und hier in Österreich arbeiten? Was ist mit diesen sozialen Ansprü­chen?

In dieser Verordnung geht es grundsätzlich um vier große Änderungsbereiche. Es geht zunächst einmal um Leistungen bei Pflegebedürftigkeit. Es geht um den Anspruch von Familienangehörigen von Menschen, die bei uns in Österreich arbeiten. Welche An­sprüche haben dann die Familienangehörigen, die im Heimatland des Arbeitnehmers zurückgeblieben sind, die dort wohnen und leben? Welche Ansprüche sollen sie ha­ben, wie werden diese verrechnet?

Dann geht es auch um Leistungen in der Arbeitslosigkeit. Natürlich – und das meine ich mit neuer Gerechtigkeit, Herr Abgeordneter Stöger –: Die neue Gerechtigkeit ist ei­ne Gerechtigkeit mit Hausverstand. Es ist zum Beispiel kein Hausverstand hinter fol­gender derzeit geltender Regelung: Wenn ein Arbeitnehmer aus einem anderen Land nach Österreich kommt – diese Regelung gilt für die gesamte EU gleich –, einen Tag hier arbeitet, ganz theoretisch gesagt, und arbeitslos wird, hat er sofort, unter Zusam­menrechnung aller Arbeitszeiten auch in anderen Ländern, auch in seinem Heimatland, hier bei uns Anspruch auf Arbeitslosengeld und kann dieses hier voll beziehen.

Diese Dinge sollen wir, müssen wir und werden wir neu regeln. Das ist eine Aufgabe auch für den EU-Vorsitz im nächsten halben Jahr. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Weiters geht es auch um Familienleistungen. Ich glaube, Bundeskanzler Kurz hat es heute ganz toll ausgedrückt (Abg. Duzdar: Superlativ!)  man kennt ja auch das Mot­to –: „In Vielfalt geeint“. (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Diese Europäische Union wird weiterhin aus Mitgliedstaaten bestehen, in diesen Mitgliedstaaten werden wir weiterhin eigene geregelte soziale Systeme vorfinden. Und das wollen wir so. Was wir sicher nicht wollen, ist eine Sozialunion (Abg. Stöger: Noch einmal! Was?), sondern wir wollen, dass die Mitgliedstaaten ihre sozialen Systeme selbst regeln können. (Abg. Vogl: Alle Rechte den Konzernen!) – Ja, ja.

Daher ist es auch ganz wichtig und in Ordnung; auf dieser Verordnung Nr. 883/2004 wollen wir und werden wir auch aufsetzen, wenn Familienleistungen indexiert werden, wie es bereits unsere Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, denn auch das ge­hört zu einer neuen Gerechtigkeit mit Hausverstand. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Derzeit zahlen wir für 132 000 Kinder in der EU Familienbeihilfe aus, das wird über­haupt nicht infrage gestellt; das kostet in Summe übrigens 273 Millionen Euro. Wir sa­gen, es gehört auch zur sozialen Gerechtigkeit und damit zur Akzeptanz und zum so­zialen Frieden in unserem Land, wenn wir da die Wertanpassung, die Indexierung vornehmen, denn diese Familienleistung ist dazu gedacht, den Unterhalt im jeweiligen Land zu stützen. In Kroatien macht zum Beispiel die Familienbeihilfe nur 40 Euro aus; wir werden viel mehr an kroatische Kinder zahlen, aber immer im Verhältnis zu dem, was bei uns für die österreichischen Kinder ausgezahlt wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in einem vereinten Europa muss und wird es möglich sein, ein eigenes Sozialsystem aufzubauen. Wir müssen es schaffen, die grenzübergreifenden Angelegenheiten gut zu regeln, und das wird auch eine ganz wichtige Aufgabe, gerade während des kommenden EU-Vorsitzes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.50

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.