18.52

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Ich glaube, die heutige Diskussion hat ge­zeigt, dass gerade im Bereich Arbeit und Soziales tiefe ideologische Gräben in diesem Haus bestehen. Diese tiefen ideologischen Gräben führen dazu, dass die Regierung sogar zu Mitteln greift, wie bewusst mit falschen Zahlen in der Öffentlichkeit zu operie­ren. Dabei werden aus nicht einmal 800 Funktionärinnen und Funktionären in der Selbstverwaltung in einem Papier, das die Presse übermittelt bekommt, plötzlich 2 000 Funktionärinnen und Funktionäre in einem aufgeblähten Apparat. Zeitgleich findet auf Schloss Grafenegg der Österreichische Raiffeisentag statt. Ich zitiere: „Bun­deskanzler Kurz hob im Gespräch mit den [...] Moderatoren [...] die Idee und das Ge­dankengut hinter Raiffeisen hervor. Diese sollte nicht nur Raiffeisen prägen, sondern ‚ausstrahlen‘ in Wirtschaft und Gesellschaft.“

Das ist das, was ihr macht: Da Tausende gute Raiffeisenfunktionäre und – ich darf jetzt die Frau Ministerin zitieren  auf der anderen Seite unqualifizierte Arbeiter- und Ange­stelltenbetriebsräte und PersonalvertreterInnen. Das ist das Bild, das in der Öffent­lichkeit von der Selbstverwaltung in diesem Land von Ihnen vermittelt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Klubobmann August Wöginger, wenn du dich hier ans Rednerpult stellst und „Glück auf“ sagst, dann weiß ich nicht, ob deine Kollegen nicht ein bisschen erzürnt über deinen Gruß sind. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Ich kann dir nur eines sa­gen: Die Betriebsrätinnen und Betriebsräte der FCG, der christlichen Gewerkschaft in der GPA-DJP haben sich einhellig gegen diese Maßnahmen, die hier auf dem Tisch liegen, die von euch und von dir im Ausschuss verteidigt worden sind, ausgesprochen.

Was die freiheitlichen Arbeitnehmer sagen, kann ich leider nicht sagen, bei uns im Vorstand gibt es keine, aber ich glaube, es wäre auch egal gewesen, wenn man sieht, wie ihr drüberfahrt. Ihr gebt die Dinge einfach auf. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Für ein paar zusätzliche Posten seid ihr bereit, das Arbeitnehmerschutzgesetz zu opfern. Dass du als ehemaliger Betriebsrat dabei mitmachst, August, ist für mich eine Riesenenttäu­schung.

Vielleicht auch noch zu den Zahlen, die da in der Öffentlichkeit kolportiert werden, da­mit man einmal eine Vorstellung davon hat: Die Selbstverwaltung der Wiener Gebiets­krankenkasse kostet annähernd gleich viel wie die Aufsichtsgebühr, die an Ihr Minis­terium zu entrichten ist; nur damit wir einmal die Dimensionen der Kosten der Selbst­verwaltung sehen.

Wie ihr mit Themen umgeht, merkt man bei der Ausbildungsgarantie bis 25. Wir alle miteinander beziehungsweise zumindest wir glauben daran, dass junge Erwachsene und Jugendliche Unterstützung brauchen, und zwar deshalb, weil nicht alle die glei­chen Startvoraussetzungen im Leben hatten. Was aber ist die Politik, die von euch be­trieben wird? Wer hat, dem wird gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Zugang ist: Was braucht es, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen? 2017 waren 70 000 junge Menschen im Alter zwischen 19 und 24 in AMS-Schulungen, 39 000 von ihnen hatten nur einen Pflichtschulabschluss. 50 000 junge Menschen in dieser Altersgruppe haben immer noch keinen Arbeitsplatz, 14 000 von ihnen sind länger als ein Jahr ohne Arbeit. Was macht die neue Regierung? – Frau Ministerin, Sie haben im heurigen Jahr noch 37 Millionen Euro für Maßnahmen für diese Beschäfti­gungsgruppe; 2019: 0 Euro. (Zwischenruf des Abg. Plessl.) Sie lassen diese jungen Menschen komplett alleine.

Wir wissen, dass das diejenigen sind, die auf dem Arbeitsmarkt null Chancen haben. Die finden kurz einmal einen Job, werden sofort wieder arbeitslos, und die einzige Maßnahme, die helfen würde, wäre Qualifikation, sie bei der Hand zu nehmen. Für diese Maßnahmen stehen 0 Euro zur Verfügung. (Zwischenruf des Abg. Mölzer.) Was macht ihr dann damit, lieber Kollege? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mölzer.) – Ihr verschärft dann die Situation auf dem Arbeitsmarkt noch, indem ihr nämlich diejenigen, die auf dem Arbeitsmarkt am unteren Ende stehen, mit der Rot-Weiß-Rot-Card und der Regionalisierung der Mangelbedarfsliste zusätzlich unter Konkurrenzdruck bringt. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Die Arbeiterinnen und Arbeiter, die es sich in dieser Republik am wenigsten richten können, werden von euch im Stich gelassen. Das ist Sparen auf dem Rücken der Men­schen. (Abg. Mölzer: Wer hat’s denn versemmelt in den Jahren ...? – Das seid ihr ge­wesen!)

Zu eurem Gesetz betreffend Arbeitszeit darf ich euch eines sagen: Wenn ihr stolz da­rauf seid, dass man sich bei Überstunden in der elften und zwölften Stunde entschla­gen kann, dann sagt doch ehrlicherweise auch dazu, dass das in der neunten und zehnten nicht mehr geht. Bis jetzt konnte man sich nämlich in der neunten und zehnten Stunde entschlagen. Das ist ein Schutz, wir haben ein Arbeitnehmerschutzgesetz. Ar­beitszeitgesetze sind Schutzgesetze.

Ihr lasst diese Menschen draußen in den Betrieben ohne Schutz zurück, ihr opfert den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Altar des Profits. Das ist eure Politik! (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe bei der FPÖ.)

18.57

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der FPÖ: Der nächste Panikmacher, oder? – Abg. Jarolim: Das ist eine austrofaschistische ...! Abg. Rosenkranz: Frau Präsidentin! Frau Präsidentin! Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Ruf: Ordnungs­ruf!) – Es gibt die Möglichkeit. Ich habe den Ausdruck jetzt nicht genau verstanden, ich werde mir das Stenographische Protokoll bringen lassen. (Abg. Jarolim: Das war eine austrofaschistische Anwandlung des Präsidenten, habe ich gesagt! Weitere Zwi­schenrufe. Ruf: Ein Wahnsinn!)