21.10

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Wir sind ja als NEOS denkbar un­verdächtig, dass wir in irgendeiner Art und Weise gegen Arbeitszeitflexibilisierung wä­ren. Umso enttäuschter bin ich, was hier heute parlamentarisch vor sich gegangen ist.

Diese Regierung ist angetreten und hat gesagt, sie wolle einen neuen Stil hineinbrin­gen. Auch die Regierungsparteien wiederholen das immer wieder. Wir haben in den letzten paar Monaten gesehen, wie dieser neue Stil ausschaut. Ich glaube, Kollege Mu­chitsch hat schon recht, wenn er sagt, das ist ein schwarzer Tag für den Parlamenta­rismus. Es ist nur eine Aneinanderreihung von vielen schwarzen Tagen, die wir in den letzten Monaten gesehen haben, und ich verstehe es schlichtweg nicht mehr. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Es wird hier ein Initiativantrag eingebracht, und Kollege Rosenkranz hat gesagt, das ist nur von den Abgeordneten und von den parlamentarischen Klubs ausgearbeitet wor­den. – Das lasse ich einmal so stehen. Nehmen wir einmal an, das ist wirklich so aus­gearbeitet und wird mit einem Zuweisungsvorschlag in den falschen Ausschuss ge­bracht. Der Präsident akzeptiert das und weist es eben dem falschen Ausschuss zu. Wir haben noch nie – zumindest, seitdem ich hier im Haus bin – über Fragen der Ar­beitszeitflexibilisierung und des Arbeitszeitschutzes im Wirtschaftsausschuss diskutiert. Das ist vollkommen unverständlich.

Dann kommt dieser Vorschlag: Na, wir können ja doch irgendwie einen machen, es soll eine zweieinhalbwöchige Begutachtung geben. Klubobmann Wöginger hat dann mehr­mals, auch in der Präsidiale, darauf gesagt: Na ja, ÖGB und Arbeiterkammer haben das ohnehin schon irgendwo in der Schublade, die können das ja gleich schicken! (Zwischenruf des Abg. Rosenkranz.)

Ja, Herr Kollege Rosenkranz, es ist auch möglich, dass ÖGB und Arbeiterkammer sich abschließend eine Meinung gebildet haben. Was Sie aber offensichtlich missverste­hen, ist, dass die Begutachtung nicht nur für sozialpartnerschaftliche Organisationen da ist, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger. Auch die haben ein Recht, sich dazu zu Wort zu melden. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Jetzt ist das unabhängig davon, ob Bürgerinnen und Bürger 40 oder 60 oder 80 Stun­den die Woche arbeiten. Sie können das dann Ihren Wählerinnen und Wählern erklä­ren, wieso Sie jetzt das, was wir normalerweise als Begutachtungsfrist haben und was auch das Bundeskanzleramt vorsieht, nämlich sechs Wochen, hier umgehen wollten. Jetzt am Schluss gibt es offensichtlich überhaupt keine Begutachtung mehr.

Das Problem ist ja, wo das Ganze hinführt. Da frage ich mich wirklich, wann Sie mit dieser unglaublichen Missachtung des Parlaments aufhören. Wir hatten die Situation mit dem Bundesministeriengesetz, damals wurde über einen Fristsetzungsantrag pro­biert, dass der Ausschussobmann den Ausschuss einberuft, weil Sie kein Interesse da­ran hatten, das nach den Gepflogenheiten des Parlaments zu machen.

Wir müssen als Opposition darum kämpfen, dass es Begutachtungen gibt. Wir hatten diesen Kampf schon beim Sicherheitspaket, diese Begutachtung wurde dann zugesi­chert. Hier gab es auch eine Ausschussbegutachtung mit einer annehmbaren Frist, das gebe ich zu.

Der nächste Kampf, den wir hatten, den Kollege Amon und ich geführt haben, war um die Frage: Ist ein Hearing öffentlich oder nicht? – Ich habe es damals schon gesagt: Ein Hearing hält man genauso dafür ab, dass die interessierte Bevölkerung die Mög­lichkeit hat, sich zu informieren. Da geht es nicht ausnahmslos um uns als Abge­ordnete, sondern auch um die interessierte Bevölkerung. Auch da hatten Sie kein Inter­esse, so etwas öffentlich zu gestalten – der nächste Tiefpunkt!

Ich bin Ausschussvorsitzender des Menschenrechtsausschusses und versuche seit mehreren Monaten, den Menschenrechtsausschuss einzuberufen. Es gab eigentlich ei­nen akkordierten Termin, der wurde dann nicht eingehalten, aus welchen Gründen auch immer. Ich habe zugesichert, dass es okay ist, dass wir diesen Ausschuss auch ohne Minister abhalten, weil ich Verständnis dafür habe, dass sowohl der Justizminis­ter als auch die Außenministerin aufgrund von Krankheiten Terminschwierigkeiten hat­ten. Es war nicht möglich, dass wir diesen Ausschuss ohne Minister machen. Es gibt offensichtlich kein Interesse, hier über Menschenrechte zu diskutieren.

Wir haben beim Datenschutz-Anpassungsgesetz eine verkürzte Begutachtungsfrist aufgrund einer Richtlinienumsetzung gehabt, das ist klar. So ein massives Gesetz aber in so einer kurzen Zeit zu begutachten, ist auch etwas, was den Usancen hier im Haus einigermaßen widerspricht.

Was mich nachhaltig nicht nur enttäuscht, Herr Kollege Rosenkranz, gerade von Ihnen: Ich habe Sie immer als sehr selbstbewussten Parlamentarier wahrgenommen, und in der Zeit, in der Sie in Opposition waren, hätten Sie anders agiert.

Ich frage mich aber, wie wir zukünftig hier im Haus miteinander umgehen wollen. Sie können natürlich als Regierungsparteien alles beschließen, was Sie wollen. Sie haben hier eine Mehrheit, das können Sie ohne Weiteres machen. Ich glaube nur, dass es sinnvoll ist, wenn wir uns hier im Parlament insgesamt mit Dingen auseinandersetzen. Das braucht eine gewisse Zeit, und auch die Frage der Arbeitszeitflexibilisierung braucht eine gewisse Zeit. Es hätte niemandem geschadet, wenn wir das über den Sommer diskutiert hätten, auch mit einer Begutachtung, und im Herbst beschließen könnten.

Ich habe eine wesentliche Frage, an beide Regierungsparteien gerichtet: Wenn Sie eine Zweidrittelmaterie diskutieren wollen, dann haben Sie zwei Möglichkeiten, Sie können auf die SPÖ und die NEOS zugehen. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich habe langsam, aber sicher immer weniger Lust, über solche Dinge mit Ihnen zu verhandeln, weil der Stil, den Sie hier an den Tag legen, so unterirdisch ist! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

Mir geht es da wirklich nicht um die Frage, wie wir über Inhalte diskutieren. Sie wissen beide, dass ich immer für konstruktive Gespräche bereitstehe und ernsthaft ein Anlie­gen habe, dieses Land voranzubringen. Wenn man aber jedes Mal von Ihnen an der Nase herumgeführt wird, dann reicht es mir irgendwann auch einmal. Ich glaube, Sie müssen wirklich aufpassen, dass Sie diese konstruktive Gesprächsbasis hier im Haus nicht nachhaltig zerstören! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz.)

21.16