17.52

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir behandeln hier zwei Themen, zwei Tagesordnungspunkte unter einem. Das eine ist die Umsetzung der Europäischen Ermittlungsanordnung in Verwaltungsstrafsachen. Da wird sehr sinn­voll geregelt, dass derartige Anordnungen, die aus einem anderen Staat kommen, in Österreich durch ein Verwaltungsgericht geprüft werden müssen, bevor sie umgesetzt werden. Das ist eine sehr sinnvolle Regelung. Ich glaube, darüber gibt es auch hier im Haus einen Konsens. Damit ist gewährleistet, dass eine Anordnung, die vielleicht in einem anderen Staat gültig wäre, aber in Österreich so nicht anwendbar sein könnte, nicht umgesetzt wird. – Das ist der eine Teil.

Der zweite Teil ist der Tagesordnungspunkt betreffend eine Änderung im Verwaltungs­straf­recht. Es werden da mehrere Punkte geändert, und ich möchte sie einzeln aufzäh­len, damit man sieht, worum es da geht.

Ein Punkt ist gerade von meinem Vorredner angesprochen worden: die sogenannte Ver­schuldensvermutung. Im Verwaltungsstrafrecht ist es so, dass man davon ausgeht, dass derjenige, der eine Übertretung begangen hat, schuldig ist, und er selbst be­weisen muss, dass er unschuldig ist. Jetzt hat man aber festgestellt, dass es vor allem in Bereichen, in denen es sehr hohe Strafen gibt, die bis in die Millionenhöhe gehen können, unbillig ist, zu sagen, dass es da eine Verschuldensvermutung gibt, obwohl es im Verwaltungsstrafrecht sehr geringe Möglichkeiten der Verteidigung und auch des ganzen Verfahrensablaufes gibt. Es gibt nämlich nicht, so wie im normalen Strafrecht, ganz klare Regelungen. Diese gibt es da nicht, und daher gibt es jetzt erfreulicherweise endlich einmal eine Umkehrung, nämlich dass man sagt: Bei bestimmten Delikten, ab einer Strafhöhe von 50 000 Euro, gilt nicht mehr das Verschulden als Vermutung, son­dern zuerst einmal die Unschuld, und die Behörde muss das Verschulden nachweisen.

Herr Kollege Noll hat es ja grundsätzlich positiv betrachtet, dass das jetzt geändert wird, hat aber nur gemeint, der Betrag sei zu hoch; aber ich denke, es ist auf jeden Fall sehr sinnvoll, dass wir das jetzt einmal in diese Richtung bringen. Das ist eine völlige Umkehrung des Verwaltungsstrafrechts, auch wenn es erst ab einer bestimmten Grenze gilt, aber immerhin. Es ist, wie gesagt, eine sinnvolle Maßnahme. Und die Behauptung, es sei sozial ungerecht, ist mir unverständlich, denn es hat gerade damit gar nichts zu tun – von wegen die Kleinen: Jeder, der Autofahrer ist, ist ein Kleiner, egal welches Auto er hat. Also das hat mit sozial nichts zu tun, sondern es hat mit den Delikten zu tun, die da in Betracht kommen.

Ein zweiter ganz wichtiger Punkt ist die Beschleunigung von Verwaltungsverfahren. Der­zeit ist es möglich, dass im Verwaltungsverfahren immer wieder neue Vorbringen gemacht werden. Das heißt, eine Partei legt etwas vor, und es wird dann in der Behörde oder beim Verwaltungsgericht bereits entscheidungsreif, und dann wird wie­der etwas Neues vorgelegt, wieder ein neues Argument oder ein neues Beweismittel, und damit kann man Verfahren fast unendlich lang hinauszögern. Jetzt wird klargelegt, dass die Verwaltungsbehörde, das Verwaltungsgericht die Möglichkeit hat, einen Schluss des Ermittlungsverfahrens zu machen beziehungsweise diesen festzulegen, und danach können nur noch Tatsachen, die wirklich neu hervorgekommen sind, die überhaupt erst danach entstanden sind, vorgebracht werden, und man kann damit Verfahren nicht mehr künstlich in die Länge ziehen. Das ist für viele Verfahren ganz wichtig. Wir kennen das ja auch aus dem Asylbereich.

Der dritte Punkt lautet: Beraten statt strafen. – Dabei geht es darum, dass Behörden bei gewissen Delikten – das ist aber sinnvoll eingeschränkt, nämlich auf den Bereich, wo die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität und das Verschulden gering sind – zuerst beraten, nämlich auffordern, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen, und nur dann, wenn dieser nicht hergestellt wird, strafen.

Wir haben diesbezüglich eine große Aufregung vor allem in der Stadt Wien erlebt, die behauptet hat, man könnte daher jetzt in vielen Bereichen, beispielsweise im Glücks­spiel und so weiter, überhaupt keine Sanktionen mehr setzen. Wir haben klargelegt – und diese Befürchtung ist mittlerweile auch ausgeräumt –, dass all diese verwaltungs­strafrechtlichen Delikte nicht darunterfallen, denn alles, was vorsätzlich begangen wird, fällt nicht darunter, und dass es nur für Dauerdelikte anwendbar ist. Glücksspiel zum Beispiel kann ich nur vorsätzlich begehen, daher gibt es dort kein Beraten statt strafen. Diese Aufregung war also umsonst. Das Ganze ist jetzt Gott sei Dank ausgeräumt. Das ist ganz wichtig.

Jetzt noch zu dem Punkt, bei dem Kollege Noll vor allem die FPÖ kritisiert hat, dahin gehend, dass es die Möglichkeit geben soll, dass Sicherheitsorgane auch dann die Identität feststellen können, wenn sie die Betroffenen nicht unmittelbar bei der Tatbe­gehung antreffen. Zum ersten Mal ist in diesem Gesetzentwurf auch ausdrücklich vor­ge­sehen – und das ist eine wichtige Maßnahme –, wie beim sogenannten Schwarz­fahren vorgegangen wird. Wenn man im öffentlichen Verkehr ohne Fahrkarte aufge­halten wurde, war es bisher nicht möglich, dass die Sicherheitsorgane den Betreffen­den anhalten, sondern sie mussten extra die Polizei holen, um ihn anzuhalten. Wenn diese Person dann einfach verschwunden ist, galt sie nicht mehr als unmittelbar auf frischer Tat ertappt, sondern konnte entweichen, und infolgedessen war das wirklich eine sehr unbefriedigende Situation.

Deswegen ist es jetzt ausdrücklich so festgehalten worden, dass dann, wenn jemand angehalten wird und seine Identität festgestellt wurde, dieser überhaupt keine Verwal­tungsübertretung begangen hat, sofern er innerhalb von 14 Tagen das bezahlt, was ihm vorgeschrieben wurde. Das heißt, das ist in Wirklichkeit eine Entkriminalisierung, also eine sinnvolle Maßnahme, und daher ist es da natürlich wichtig, dass man die Identität feststellen kann.

Dazu, was Kollege Noll meint, dass da jetzt offenbar Exzesse stattfinden, dass also jetzt die Sicherheitsorgane auf Zuruf alle möglichen Menschen anhalten und deren Identität feststellen werden, muss man schon klar sagen: Im Gesetzestext steht – und ich darf das zitieren, damit man das weiß –, es darf die Identität einer Person fest­gestellt werden, „wenn diese auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach entwe­der glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten wird, die auf ihre Beteiligung an der Tat hinweisen“.

Das ist also so weit eingeschränkt: „unmittelbar danach“ und „glaubwürdig“. Das muss erst einmal jemand der Behörde so nahebringen, und die Behörde wird sich natürlich sehr genau überlegen, ob sie das tut. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Sollte sich tatsächlich herausstellen, was ich mir nicht vorstellen kann, dass das zu weit geht, dann werden wir das künftig ändern. Aber Tatsache ist, dass aufgrund dieser Einschränkung hier keine Gefährdung der Freiheit oder sonst etwas stattfindet, sondern – im Gegenteil! – wir eben mit den flankierenden Maßnahmen sogar dazu bei­tragen, dass eine Entkriminalisierung stattfindet. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Insgesamt sind das sehr vernünftige Maßnahmen, die einerseits die Verfahren be­schleunigen und andererseits zu einer gewissen Entkriminalisierung führen. Daher kann ich mir schwer vorstellen, dass hier tatsächlich jemand dagegenstimmt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.00

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Lueger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.