18.11

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident, danke für das Wort! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren auf der Galerie, Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause! Ich möchte mich auf das Thema Beraten statt strafen beziehen. Bisher galt ja: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Und wer von uns kann jetzt wirklich von sich behaupten, dass er alle Gesetze und Vorschriften ad hoc kennt? Es wurde heute schon erwähnt, es tritt hier ein Para­digmenwechsel ein. Das ist deswegen nicht unbedingt gleich etwas Schlechtes, son­dern ich denke, das ist schon ein anderer und ein neuer Zugang, wenn man sagt, dass eine Behörde durchaus auch einmal beratend tätig werden kann, bevor sie wirklich eine Strafe ausspricht.

An die Sozialdemokraten gerichtet möchte ich schon festhalten, sie mögen sich hier jetzt nicht sozusagen als die Robin Hoods der kleinen Unternehmer, um es noch einmal zu strapazieren, aufspielen. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass im Arbeitsinspektionsgesetz 1993 das Prinzip Beraten statt strafen bereits verankert ist, allerdings mit einer Kannbestimmung – und wer Wiener Unternehmer ist, der weiß, wie oft das Kann statt einem Muss vollzogen wird.

Warum das jetzt so wichtig ist, ab wann man in einem Verwaltungsstrafverfahren ist oder nicht, hat folgenden Grund: Es hat auch insofern eine Auswirkung, als es durch­aus sein kann, sobald man in einem Verwaltungsstrafverfahren ist, dass man Nachteile bei Ausschreibungen oder Förderansuchen hat. Deswegen ist es durchaus keine Un­erheb­lichkeit, ob man vorher beraten wurde und erst im Wiederholungsfalle oder im schon sehr genau erläuterten Falle in einem Strafverfahren ist.

Da wir durchaus daran interessiert sind, eine ernsthafte Diskussion zu führen, auch dann, wenn es nicht um eine Zweidrittelmehrheit geht, hat es gestern noch ein Treffen mit der Stadt Wien gegeben, um noch die letzten Sorgen und Nöte auszuräumen. Vielleicht ist Ihnen das noch nicht zugegangen, werte Kollegen von der Sozialdemo­kratie! Vielleicht wollen Sie auch noch kurz – wir haben, glaube ich, noch zwei Redner bis zur Abstimmung – mit Frau Stadträtin Sima Rücksprache halten.

In diesem Zusammenhang darf ich folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerstl, Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen

zum Ausschussbericht 227 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allgemeine Ver­wal­tungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwal­tungs­gerichtsverfahrensgesetz geändert werden (193 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

„Der dem oben bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzestext wird wie folgt geändert:

In Art. 3 (Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991) Z 14 wird in § 33a Abs. 1 nach der Wortfolge ‚so hat ihn die Behörde‘ die Wortfolge ‚ , soweit die Verwaltungs­vorschriften nicht anderes bestimmen,‘ eingefügt.“

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Also ich denke, hier sollte jetzt kein Hindernis mehr dafür bestehen, dass auch die Sozialdemokratie zustimmen kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

18.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerstl, Mag. Stefan

Kolleginnen und Kollegen

zum Ausschussbericht 227 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­führungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allgemeine Ver­wal­tungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwal­tungs­gerichts­verfahrensgesetz geändert werden (193 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem oben bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzestext wird wie folgt geändert:

In Art. 3 (Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991) Z 14 wird in § 33a Abs. 1 nach der Wortfolge „so hat ihn die Behörde“ die Wortfolge „ , soweit die Verwal­tungsvorschriften nicht anderes bestimmen,“ eingefügt.

Begründung

Zu Art. 3 (Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991) Z 14 (§ 33a):

Mit dem vorgeschlagenen § 33a soll der Grundsatz „Beraten vor strafen“ eingeführt werden. In den Medien wurde dazu die Auffassung vertreten, dass die unbedingte Ein­führung dieses Grundsatzes eine Zunahme an Verwaltungsstraftaten bewirke. Diesen Befürchtungen soll entgegengetreten werden, indem in den Verwaltungsvorschriften vorgesehen werden kann, dass der Grundsatz „Beraten vor strafen“ in bestimmten Angelegenheiten nicht zur Anwendung gelangen soll. Eine entsprechende Anordnung in den Verwaltungsvorschriften unterliegt nicht den besonderen Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 B-VG.

Anwendungsfall des Grundsatzes „Beraten vor strafen“ kann etwa ein Fall sein, in dem eine Person es unterlässt, rechtzeitig eine Meldung zu erstatten. Kommt der Beschul­digte der Aufforderung der Behörde, binnen angemessener Frist die Meldung zu erstat­ten, nach, soll er nicht bestraft werden.

Voraussetzung der Anwendung des Grundsatzes ist, dass das Verschulden des Be­schuldigten gering ist. Handelt der Beschuldigte vorsätzlich, wird es – von Ausnahme­fällen abgesehen – nicht zu einer Beratung kommen.

Weitere Voraussetzung ist, dass die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gering ist. Dies wird etwa bei illegalem Glücksspiel (dessen Betreiben wohl nicht gering verschuldet sein wird) nicht der Fall sein.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Ich darf dem Herrn Bundesminister das Wort erteilen. – Bitte.