18.55

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich bei allen dafür be­danken, dass sie diesem Gesetz ihre Zustimmung geben werden, und möchte darauf hinweisen, dass gerade dieses Gesetz – das ist in den Debatten immer wieder erwähnt worden – in Richtung Autonomie und Selbstbestimmung geht, gleichzeitig – Sie haben es angesprochen – Entscheidungshilfe und Schutz für die Betroffenen bietet. Zugleich handelt es sich dabei – auch das wurde angesprochen – um einen Paradigmenwech­sel, einen Paradigmenwechsel weg von der Entmündigung hin zur Selbstbestimmung.

Wie wir aber wissen, tritt ein Paradigmenwechsel nicht dadurch ein, dass ein Gesetz es vorschreibt, sondern es bedarf einer Haltungsänderung. Es bedarf in dem Zusam­menhang, dass man Menschen mit Handicaps eben Hilfestellung gibt, wenn es um den Abschluss von Verträgen geht, wenn sie medizinisch zu behandeln sind oder sonstige Maßnahmen im Rechtsverkehr setzen müssen.

In diesem Zusammenhang war ein Anstoßen notwendig. Dieses Anstoßen wurde auch durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses gerade in den letzten Wochen und Monaten massiv betrieben. Zum einen möchte ich darauf hinweisen, dass die Mit­arbeiterInnen durchs Land gereist sind und Hunderte Veranstaltungen absolviert haben, bei denen sie österreichweit Richterinnen und Richter, Selbstvertreterinnen und Selbstvertreter, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, Rechtsanwältinnen und Rechts­anwälte, Angehörige von Menschen mit psychischen Krankheiten oder Behinderungen beziehungsweise Heimmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, Ärztinnen und Ärzte und gleichzeitig auch Landesbedienstete geschult haben.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass auch die Sachwaltervereine – es ist angesprochen worden –, die in Zukunft Erwachsenenschutzvereine heißen werden, sich personell neu aufstellen mussten. Auch sie mussten dementsprechend Investitio­nen vornehmen. Nicht zuletzt mussten sie die alten und die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem neuen Recht vertraut machen und auch für die neuen Aufgaben schulen.

Es wurden diesbezüglich auch von meinem Haus fünf Broschüren in unterschiedlicher Länge erstellt. Es wurden in diesem Bereich drei sogenannte Konsenspapiere gemein­sam mit Vertreterinnen und Vertretern der Banken, der Heime, der Gesundheitsberufe und der Krankenanstaltenträger erarbeitet, um das Gesetz für die Berufsgruppen ver­ständlich und zugänglicher zu machen. Nicht zuletzt wurden auch von meinem Haus 80 Formulare überarbeitet beziehungsweise neu erstellt.

Außerdem wurde auch die gesamte Rechtsordnung daraufhin untersucht, wo das neue Erwachsenenschutz-Gesetz Änderungen nahelegt. Wir haben das Bundesrecht dahin gehend durchforstet und Änderungsbedarf bei über hundert Gesetzen festgestellt. Die Änderungsvorschläge, die andere Ressorts betreffen, haben wir natürlich den Ressorts übermittelt, damit sie auch die dementsprechenden weiteren Maßnahmen setzen.

Die Änderungsvorschläge, die mein Ressort betreffen, fließen nunmehr in die Regie­rungsvorlage, die Ihnen heute vorliegt, ein. Dieses Anpassungsgesetz Justiz stellt, wie gesagt, nunmehr den Endpunkt der Umsetzung des Erwachsenenschutz-Gesetzes dar. Sie finden darin, und auch das wurde schon angesprochen, terminologische Berei­nigungen. Der Begriff Sachwalter war in der Regel durch jenen des gesetzlichen Ver­treters zu ersetzen, weil meist nicht bloß der gerichtliche Erwachsenenvertreter ge­meint sein soll, sondern natürlich auch der Vorsorgebevollmächtigte und der gewählte und der gesetzliche Erwachsenenvertreter.

Den Ausdruck Eigenberechtigung wird es in Hinkunft auch nicht mehr geben, weil es eben keinen automatischen Ausschluss der Handlungsfähigkeit durch die Bestellung eines Vertreters mehr gibt. Wir haben an dieser Stelle in der Regel an das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit angeknüpft.

Zum anderen hat es sich auch gezeigt – auch das wurde im Rahmen der Debatte bereits angesprochen –, dass die neuen Regelungen im Erwachsenenschutzrecht zur Vermögensverwaltung durch Erwachsenenvertreter Klarstellungen im Vermögens­verwal­tungsrecht Minderjähriger erforderlich gemacht haben. Weiterhin sollen daher so, wie es in der Vergangenheit auch der Fall war, Eltern und Kinder- und Jugend­hil­feträger nicht stets über das Vermögen des Kindes dem Gericht Rechnung legen müs­sen, sondern nur dann, wenn das Gericht eine dementsprechende Vorlage anord­net.

Das Erwachsenenschutz-Gesetz, das hat die Debatte auch gezeigt, geht uns sicherlich alle an, und ich möchte daher an dieser Stelle alle ermuntern, sich darauf einzulassen, Menschen, die sich in dem Zusammenhang im Rechtsleben nicht mehr leichttun, etwas Zeit für ihre Entscheidungen zu geben, sie dabei zu unterstützen, die Dinge zu ver­stehen, und ihnen so dazu zu verhelfen, dass sie doch noch eigene Entscheidungen treffen können.

Zum Schluss kann man nur darauf hinweisen: Stellen wir uns selbst vor, was wir uns wünschen würden, wenn wir in diese Situation kommen würden, und behandeln wir dementsprechend auch unser Gegenüber!

Die Debatte heute hat gezeigt, dass wir alle in diese Richtung gehen wollen. – Herz­lichen Dank dafür. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie der Abg. Griss.)

19.00