19.33

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (PILZ): Frau Präsidentin! Werte Präsidentin des Rechnungshofes! Der Rechnungshofbericht zeigt uns, dass nur 20 von 61 Studienfächern noch Kapazitäten frei haben – das ist weniger als ein Drittel –, der Rest ist überlaufen, und überlaufen heißt laut Rechnungshofbericht, dass es zu wenig Betreuungsangebot gibt, also zu wenig Lehrpersonal für zu viele Studierende. Dem kann man entgegenwirken, indem man beispielsweise die Anzahl der Studierenden senkt. Das macht man am besten mit Zugangsbeschränkungen; dann haben wir für die wenigen Lehrenden weniger Studierende und alles passt, könnte man sagen.

Im Extremfall bräuchte man überhaupt keine Lehrenden für gar keine Studierenden. Das ist ein Weg, der vom Rechnungshof natürlich nicht empfohlen wird, aber die Ten­denz geht ein bisschen in diese Richtung – Frau Präsidentin, wir haben das im Aus­schuss schon besprochen –, wenn der Rechnungshof empfiehlt, dass man für Studien­fächer, die überbelegt sind, auch Zugangsbeschränkungen andenken sollte; einfach nach dem Motto: besser weniger Studierende, die gut betreut werden, als Massen­uni­versitäten ohne diese Betreuung. Das klingt ja irgendwie ganz gut, andererseits könnte man das aber auch ganz anders denken: Man könnte überlegen, ob nicht beispiels­weise für mehr Studierende, die ja auch ein höheres Bildungsniveau gewährleisten, mehr Lehrpersonal eingestellt werden könnte; dann wären die Fächer nämlich auch nicht mehr überbelegt.

Eines zeigt uns der Rechnungshofbericht jedenfalls am Rande – das steht nicht aus­drücklich drinnen –: Das Argument der Befürworter von Zugangsbeschränkungen, dass die Studierenden, wenn sie ihr Lieblingsfach nicht belegen können, weil es zu voll ist, auch gerne auf ähnliche Fächer ausweichen, ist sehr schwach. Das zeigt uns der Rech­nungshofbericht. Er zeigt nämlich auf, welche Studienfächer überbelegt sind. Zum Beispiel ist Medizin überbelegt, Ausweichmöglichkeit Pharmazie – auch überbelegt; Aus­weichmöglichkeit Psychologie – auch überbelegt; Ausweichmöglichkeit Veterinär­medizin – auch überbelegt. Es gibt also eigentlich gar nichts in der Richtung. Schauen wir uns etwas anderes an, zum Beispiel Erziehungswissenschaften – überbelegt. Man könnte in Richtung Lehramt irgendwelcher Einzelfächer ausweichen, aber all diese Fächer sind überbelegt. Die Sozialwissenschaften und Verhaltenswissenschaften sind überbelegt, Soziologie ist überbelegt. Auch in diesem Bereich ist also eigentlich alles überbelegt.

Was bleibt also jetzt jemandem über, der nicht auf Ähnliches ausweichen kann? – Es bleibt ihm nur, dass er etwas studiert, was er gar nicht studieren möchte. Jemand, der beispielsweise Sprachen – überbelegt – studieren möchte, könnte Chemie studieren. Das ist jetzt nicht unbedingt eine Situation, in der die Motivation am größten sein wird. Da könnte man auch Folgendes überlegen: Wenn alle Fächer, die noch nicht über­belegt sind, plötzlich von denen besucht werden, die von den bereits überbelegten Fächern ausgewichen sind, werden auch die jetzt noch nicht überbelegten, die noch Kapazitäten frei haben, sehr bald voll sein.

Mit einem Wort: Wir haben zu wenig Studienplätze für die, die gerne studieren wollen, und das ist für ein reiches Land wie Österreich eigentlich ein Armutszeugnis.

Das wesentlichste Argument gegen Zugangsbeschränkungen ist aber in Wirklichkeit die soziale Selektion, die immer mit Zugangsbeschränkungen einhergeht. Studierende, die etwas Bestimmtes studieren möchten und aus einem gebildeten Haushalt kommen, haben einfach schon einen Startvorteil, sie können die entsprechenden Aufnahme­prüfungen leichter bewältigen oder Kurse davor, die oft um die 2 000 Euro im Semester kosten, leichter belegen. Daher gibt es keine Chancengleichheit in diesem Bereich und auch keine Möglichkeiten, die Leistung zu bewerten, die es eigentlich darstellt, wenn man von einem geringen Bildungsniveau ein höheres erlangt – im Unterschied dazu, wenn man eine kleine Steigerung von einem bereits relativ hohen Bildungsniveau zu einem noch höheren vollzieht.

Frau Präsidentin, ich habe es schon im Ausschuss gesagt: Ich hätte mir daher ge­wünscht, dass der Rechnungshof der Regierung eher empfiehlt, dafür Sorge zu tragen, dass die Studierenden die Möglichkeit bekommen, ihren Neigungen entsprechend aus­ge­bildet zu werden und studieren zu können. Das ist aber zurzeit wahrscheinlich ein Wunsch ans Christkind. – Danke. (Beifall bei der Liste Pilz.)

19.38

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Prä­sidentin des Rechnungshofes. – Bitte, Frau Präsident.