20.01

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Vielleicht nur eine Bemerkung zu dem, was mein Vorredner gerade gesagt hat: Sie haben kritisiert, dass jene die Tages­be­treuung nicht in Anspruch nehmen, die sie am meisten brauchen (Abg. Hauser: Das hat der Rechnungshof kritisiert!), treten aber gleichzeitig gegen die verschränkte Form ein (Abg. Rosenkranz: Ja! – Abg. Hauser: Wir wollen das ja nicht! – Ruf bei der FPÖ: Das will ja keiner!); aber nur wenn es eine verschränkte Form gibt, muss wirklich jeder auch den ganzen Tag in der Schule sein, und auch die, die es wirklich notwendig brauchen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Ich möchte es aber weniger emotional angehen. (Abg. Rosenkranz: Das wäre richtig! Das ist gut!) Mich haben die Berichte des Rechnungshofes über die Tagesbetreuung und über den schulpsychologischen und den schulärztlichen Dienst an das Gleichnis von den blinden Gelehrten und dem Elefanten erinnert – Sie kennen das wahr­schein­lich –:

Blinde Gelehrte sollen herausfinden, was ein Elefant ist. Der eine tastet den Rüssel ab und sagt, das Tier ist lang und beweglich. Der andere kriegt den Stoßzahn zu fassen und sagt, das ist ein Röhrentier. Und ein anderer wieder betastet das Ohr und sagt, das Tier muss ausschauen wie ein Handfächer.

Warum gibt es dieses Ergebnis? – Weil jeder nur einen Teilaspekt wahrgenommen hat – er war ja blind – und daraus auf das Ganze geschlossen hat. Und die gleiche Situation haben wir auch im Bildungssystem: Auch hier wird aus Teilaspekten auf das Ganze geschlossen. Da sind die Beteiligten nicht wirklich blind, aber sie haben eine ideologische Brille auf, und durch diese ideologische Brille sehen sie nur das, was sie sehen wollen, und formen dann ihre Vorstellung für das Ganze! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Cox.)

Was wir aber brauchen, ist eine Lösung, die auf die Bedürfnisse der Kinder, der Eltern, der Gesellschaft Rücksicht nimmt. (Ruf bei der FPÖ: Genau! – Abg. Rosenkranz: Und jetzt müssen wir auch wissen, welche Gesellschaft wir wollen!) Wir brauchen ein Gesamtbild. Der Rechnungshof hat auch beanstandet, dass dieses fehlt, dass eine Gesamtsicht fehlt, dass man sich nicht überlegt: Was soll das System Schule eigentlich leisten? Was sind die Anforderungen? Was erwarten wir uns?

Ich habe den Herrn Bildungsminister im Ausschuss gefragt, was getan wird, um die steigende Zahl von psychisch auffälligen Kindern und auch von traumatisierten Kindern entsprechend eingliedern und betreuen zu können. Die Antwort des Herrn Bildungs­ministers war: Woher wissen Sie das? – Ich habe gesagt: Das haben mir Eltern erzählt, das haben mir Lehrer erzählt. Daraufhin hat der Herr Bildungsminister gesagt: Das sind Einzelevidenzen. – Und damit hat er recht. Das sind Einzelevidenzen. Einzelevidenzen können nicht die Grundlage einer Politik sein – da bin ich bei ihm –, aber Einzel­evidenzen müssen ein Anstoß dafür sein, sich die Sache genau anzuschauen, sich anzuschauen: Was brauchen wir eigentlich? Wie ist die Situation?

Kollege Kucher ist nach der Ausschusssitzung auf mich zugekommen und hat gesagt: Machen wir doch gemeinsam etwas! Stellen wir einen Entschließungsantrag, dass der Bildungsminister das herausfinden muss, dass er so eine Untersuchung in Auftrag geben muss! Dann gab es Gespräche mit allen Fraktionen, um so einen gemeinsamen Entschließungsantrag zustande zu bringen, denn es muss ja das Anliegen von uns allen sein, einmal herauszufinden: Wie steht es denn wirklich?

Leider hat sich dann ergeben, dass keine vollständige Einigung möglich war, weil die ÖVP und die FPÖ diese Anfrage auf den Kompetenzbereich des Bundes beschränken wollten, und die SPÖ und die Liste Pilz wollten, so wie ursprünglich vorgesehen, jedenfalls auch die Bildungsdirektionen einbeziehen. Es war dann eine schwierige Frage für mich: Was machen wir jetzt eigentlich?, und ich habe gedacht: Machen wir einen ersten Schritt! – Ich bin natürlich ganz dafür, dass wir das umfassend unter­suchen, aber wir müssen einmal damit beginnen, und daher stelle ich den kleineren Entschließungsantrag, der ja letztlich durch die Anregung des Kollegen Kucher zustan­de gekommen ist, und dieser lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Gahr, Wolfgang Zanger, Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhebung des Bedarfes an schulpsychologischen Inter­ven­tionen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ersucht, ehest mög­lich alle notwendigen Schritte einzuleiten, um den tatsächlichen Bedarf an schul­psychologischen Interventionen (einschließlich des Bedarfs an Mobbingberatung) im Kompetenzbereich des Bundes zu erheben. Zudem sollen die Aufgaben der Schul­psychologie einer Analyse unterzogen und – beispielsweise von internationalen ,Best-Practice-Beispielen‘ abgeleitete – gezielte Maßnahmen entwickelt werden, um die bedarfsgerechte Praxistauglichkeit weiter zu verbessern.“

*****

Danke. (Beifall bei den NEOS.)

20.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Gahr, Wolfgang Zanger, Dr. Irmgard Griss,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Erhebung des Bedarfes an schulpsychologischen Interventionen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Gesundheit der Schülerinnen und Schüler: Schulärztlicher Dienst und Schulpsychologischer Dienst; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2018/15 (III-113/214 d.B.) (TOP 17)

In einer sich ständig verändernden Gesellschaft sehen sich auch Jugendliche mit im­mer neuen Herausforderungen und Problemen konfrontiert. Damit einhergehend muss sich – in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen der öffentlichen Hand – auch die Schule mit diesen neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Dies schließt unter anderem das Angebot von Hilfestellungen bei persönlichen Problemen von Schülerin­nen und Schülern ein.

Hier gibt es bereits etablierte Angebote wie beispielsweise den schulärztlichen Dienst, Mobbingberatungsstellen oder auch die Schulpsychologie. Um diese Angebote adäquat weiterentwickeln zu können, braucht es in einem ersten Schritt eine umfas­sende Erhebung des tatsächlichen Bedarfes an diesen Angeboten im Kompetenz­bereich des Bundes.

Es wird zudem angeregt, auch eine Analyse internationaler „Best-Practice-Modelle“ durchzuführen. Dabei wäre auch zu beleuchten, wie alle am Schulleben Beteiligten in diese Modelle einbezogen werden können. Die Ergebnisse können bei der Weiter­ent­wicklung der Schulpsychologie in Österreich wertvolle Dienste leisten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ersucht, ehest möglich alle notwendigen Schritte einzuleiten, um den tatsächlichen Bedarf an schul­psychologischen Interventionen (einschließlich des Bedarfs an Mobbingberatung) im Kompetenzbereich des Bundes zu erheben. Zudem sollen die Aufgaben der Schul­psychologie einer Analyse unterzogen und - beispielsweise von internationalen „Best-Practice-Beispielen“ abgeleitete - gezielte Maßnahmen entwickelt werden, um die bedarfsgerechte Praxistauglichkeit weiter zu verbessern."

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cox. – Bitte.