11.50

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mi­nisterinnen! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt seit 17 Jahren im Hohen Haus und ich war 30 Jahre ein überzeugter Sozialpartner, aber das, was heute in der Früh passiert ist, muss ich ganz ehrlich sagen, diese Art von Aktionismus, ist eine große Geschmacklosigkeit. (Abg. Deimek: Das ist staatszersetzend!)

Meine Frau hat mich angerufen und hat gesagt, dass sie vor dem Eingang zu unserem Büro einen Pflasterstein und ein Grablicht vorgefunden hat. Nun ist meine Frau als Gattin eines Politikers einiges gewohnt, aber ich frage mich: Was wollen sie mir oder uns mit diesem Pflasterstein und dem Grablicht ausrichten? (Rufe bei der SPÖ: Wer? – Ruf: Ja, wer denn?) – Wenn Herr Kern sagt, das war erst der Anfang, dann muss ich Sie fragen, wie es weitergeht.

Meine Damen und Herren, strapazieren Sie das Wort Sozialpartnerschaft nicht mehr, ich denke, Sie haben das mit Pflasterstein und Grablicht zu Grabe getragen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sie können versichert sein, wir werden uns von Ihnen mit solchen Maßnahmen auch in der Ausübung unseres freien Mandates nicht einschüchtern lassen, denn das Thema Arbeitszeitflexibilisierung findet sich seit vielen Regierungsprogrammen der Vergan­genheit auf der Tagesordnung, und auch die Sozialpartner haben das Thema Arbeits­zeitflexibilisierung über Jahre gemeinsam verhandelt.

Die Sozialpartner haben nämlich auch im vergangenen Jahr den Auftrag gehabt, diese Arbeitszeitflexibilisierung zu bringen, aber sie haben es nicht geschafft. Wir, die Wirt­schaft, haben damals den Mindestlohn von 1 500 € gebracht, aber die Sozialpartner­schaft hat die Arbeitszeitflexibilisierung nicht zustande gebracht. Ich habe nach der Sondersitzung der vergangenen Woche und nach den Ausführungen des Kollegen Mu­chitsch extra noch einmal mit dem damaligen Präsidenten Leitl gesprochen und ge­fragt, wie es bei den Verhandlungen wirklich war.

Ex-Präsident Leitl hat mir versichert, dass er mit dem damaligen Präsidenten Foglar eine grundlegende Einigung hatte, und es waren auch die Pressedienste der Sozial­partner schon angewiesen, für den nächsten Tag eine entsprechende Pressearbeit vorzubereiten – einziger Vorbehalt: Foglar muss das Ergebnis noch mit seinen Teilge­werkschaften final besprechen und sich den Sanktus holen.

Um 21.30 Uhr – ich kann mich gut erinnern! – am gleichen Tag – wir waren gerade in Graz – hat Foglar dann Leitl verständigt, dass er die erzielte Lösung des Arbeitszeitfle­xibilisierungspaketes bei seinen Teilgewerkschaften nicht durchgebracht hat. Damit war die Einigung der Sozialpartner gescheitert, meine Damen und Herren. – Wir tun jetzt nichts anderes als – ich zitiere Herrn Präsidenten Konrad Steindl, Ihnen allen be­kannt als ehemaliger Abgeordneter –: Die „Regierung macht ihren Job, nachdem die Gewerkschaften die Lösungen blockiert haben“. – So schaut es aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir von der ÖVP haben immer mit offenen Karten gespielt – immer! Sie finden die Ar­beitszeitflexibilisierung in unserem Wahlprogramm, und wir haben die Eckpunkte aus diesem Wahlprogramm in das Regierungsprogramm eingearbeitet. Was das Wahlpro­gramm anlangt: Die Menschen haben uns ja für das Aufbrechen dieser starren Struk­turen gewählt, meine Damen und Herren, und deshalb fühlen wir uns auch verpflichtet, dass wir hier die Flexibilisierung umsetzen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Im Regierungsprogramm finden Sie genau jene Punkte, die wir heute mit unserem An­trag beschließen, sie sind also nichts Neues. – Nun zu den Fakten:

Erstens: Es bleiben die Normalarbeitszeit von 8 Stunden sowie die 40-Stunden-Woche die Regel, wir haben die bestehenden Systeme nur flexibler gemacht, damit sie auch den Anforderungen der modernen Arbeitswelt, in der wir uns heute befinden – Digitali­sierung –, und auch den Klein- und Mittelbetrieben gerecht werden. Dazu gehört auch die Möglichkeit, dass man in Ausnahmefällen wie bei Auftragsspitzen oder in der Hoch­saison länger arbeiten kann.

Ich halte also noch einmal fest: Einen generellen 12-Stunden-Tag und eine generelle 60-Stunden-Woche gibt es nicht (Beifall bei ÖVP und FPÖ), so wie es jetzt auch einen generellen 10-Stunden-Tag und eine generelle 50-Stunden-Woche nicht gibt.

Zweitens: Besonders wichtig – und das betone ich ausdrücklich – ist uns die Freiwillig­keit, und die Freiwilligkeit wird ja schon in Tausenden Klein- und Mittelbetrieben und vor allem in den Familienbetrieben gewählt. Gehen Sie bitte einmal in einen Familien­betrieb und nicht immer nur in die großen Betriebe! Schauen Sie sich das dort an! Das funktioniert bestens, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Loacker.)

Wenn es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht möglich ist, eine 11. und 12. Stunde zu arbeiten, dann können sie das auch ohne Angabe von Gründen ableh­nen. Ohne Freiwilligkeit kein Miteinander, das wissen wir ganz genau – nur wer will, der kann. Alles andere wird für beide keinen Erfolg bringen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der dritte, ganz wichtige Aspekt ist die Wahlfreiheit, dass also, wenn eine 11. oder 12. Stunde anfällt, diese entweder in Geld oder über Zeitausgleich mit den entspre­chenden Zuschlägen abgegolten wird. Die Entscheidung über die Form der Abgeltung liegt beim Arbeitnehmer beziehungsweise bei der Arbeitnehmerin.

Also noch einmal kurz und bündig für Sie die drei wichtigsten Punkte: Der 8-Stunden-Tag und die 40-Stunden-Woche bleiben die Regel, zweitens die Freiwilligkeit – wer nicht will, muss nicht; wer will, der kann – und drittens die Wahlfreiheit: Wenn man Überstunden leistet, kann man es sich aussuchen, ob man Geld oder Freizeit nimmt. – Einfach, und genau so ist es. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich ersuche Sie dringend: Hören Sie auf mit dieser Falschpropaganda und verunsi­chern Sie nicht die Menschen! Wir erfüllen das, was 75 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wollen (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt doch nicht!), nämlich flexibel arbeiten, arbeiten in Flexibilität und Freiheit.

Eines möchte ich auch noch an die SPÖ und an die Gewerkschaft richten: Machen Sie nicht immer unsere Unternehmerinnen und Unternehmer schlecht! (Ruf bei der SPÖ: Machen wir ja nicht!) Wir haben es nicht verdient, dass wir als Ausbeuter und Menschen zweiter Klasse hingestellt werden. Wir schaffen und sichern die Arbeitsplätze (Zwischen­ruf des Abg. Knes) und schauen in unseren Betrieben auf ein gutes Miteinander. So schaut es nämlich aus! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Bitte propagieren Sie nicht wieder den Klassenkampf! Der findet in den Betrieben nicht statt, der findet nur in Ihren Köpfen und in Ihren Bürobunkern statt. Wir, die Unterneh­mer und Unternehmerinnen, sind uns nämlich unserer sozialen Verantwortung sehr wohl bewusst. Das Miteinander von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeit­geberinnen und Arbeitgebern ist die Basis für den gemeinsamen Erfolg.

Mit diesem nun vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir die notwendige Flexibilität, dass sich Beruf, Freizeit und Familie besser vereinbaren lassen. Wir sind der festen Überzeugung – das unterschreibe ich zweimal –, dass wir damit die Arbeitswelt moder­nisieren und damit mehr Freiheit für jeden Einzelnen schaffen. Wir werden heute un­sere Zustimmung geben, da wir Österreich moderner machen wollen und mit neuen Chancen in die Zukunft führen wollen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.57

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Kern zu Wort gemeldet. Ich nehme an, dass Ihnen die Bestimmun­gen für eine tatsächliche Berichtigung bekannt sind. – Bitte.