12.17

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Frau Präsidentin! Werte Mitglieder des Nationalrates! Werte Zuseherin­nen und Zuseher, besonders jene auf der Galerie! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Jahren diskutieren wir in Österreich über eine notwendige Arbeitszeitflexibilisie­rung. Erst vergangene Woche haben die Chefs der beiden Wirtschaftsforschungsins­titute, Wifo auf der einen und IHS auf der anderen Seite, die Notwendigkeit dieser – ich zitiere – „vergleichsweise kleinen Reform“ bestätigt und sich besorgt gezeigt – ich zitie­re wiederum –, „dass die politische Diskussion mit Übertreibungen arbeitet, die schon ans Lächerliche grenzen“.

Ich appelliere daher an alle Beteiligten, die Emotionen zurückzufahren und zu einer fak­tenbasierten Diskussion zurückzukehren. (Abg. Noll: Das sagt die Richtige!) Die Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben diese Verunsicherung, die durch teilweise bewusst geschürte Panikmache entsteht, nicht verdient. Bitte nehmen Sie von den ständigen Superlativen und Angstszenarien Abstand! Mit diesem Gesetz werden weder von heute auf morgen wirtschaftspolitisch Milch und Honig fließen, noch wird damit die Republik in ihren Grundfesten erschüttert. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Loacker: Schon wieder eine Vorlesung!)

Schauen wir, was andere Länder tun – da wird immer wieder Schweden zitiert –: In Schweden, Dänemark und Irland gibt es die Möglichkeit der Flexibilisierung auf bis zu 13 Stunden Arbeit pro Tag, und diese Länder haben kein dramatisches Absinken ihrer Lebensqualität gesehen. (Ruf bei der FPÖ: Da ist noch Luft nach oben! – Abg. Witt­mann: Kennen Sie den Mindestlohn in Schweden?)

Wir reagieren mit diesem Gesetz auf die Realität in der Arbeitswelt im Jahr 2018: Ar­beiter, Angestellte, Kreative, IT-Fachkräfte oder auch Angestellte im klassischen Büro­bereich wollen arbeiten, wenn die Arbeit anfällt (Abg. Wittmann: Sie sind ahnungslos!), und wollen dafür auch einmal ein verlängertes Wochenende freihaben. Sie wollen Pro­jekte fertigstellen, dann, wenn sie fertigzustellen sind, und sie wollen auch Geschäfte mit internationalen Kunden betreiben, deshalb vielleicht auch einmal länger bleiben und dafür am Freitag zu Hause sein. (Abg. Wittmann: Sie sind wirklich ahnungslos!) Das ist die Arbeitsrealität 2018, die es bereits gibt, und ich glaube, diese Personen ha­ben ein Recht darauf, von Arbeitnehmervertretern vertreten zu werden. (Abg. Krainer: Sie wählen ihre Vertreter selbst! – Abg. Wittmann: Sie sind ahnungslos!)

Lassen Sie mich auf die Kernpunkte der neuen Gesetzeslage eingehen! Erstens: Es bleibt bei der täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden und der wöchentlichen Normalar­beitszeit von 40 Stunden. Wer etwas anderes sagt, sagt bewusst die Unwahrheit. Sug­gerieren Sie den Menschen bitte nicht, sie müssten in Zukunft alle permanent 12 Stun­den arbeiten, denn das wird nicht so sein. Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitneh­mer kann die 11. und 12. Überstunde ablehnen, es gibt eine echte Freiwilligkeit.

Zudem ist im Gesetz explizit festgehalten, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mern durch die Ablehnung keine Nachteile entstehen dürfen, das heißt, es gibt ein um­fassendes Benachteiligungsverbot. Dass ein Arbeitnehmer nicht gekündigt wird, wenn er Überstunden ablehnt, das haben uns die Unternehmen bereits gezeigt: Es werden auch jetzt schon Überstunden gemacht, und die Arbeitnehmer werden jetzt auch nicht wegen der 9. und 10. Überstunde und der vorangegangenen Überstunden gekündigt. Warum sollte das dann bei der 11. und 12. Stunde der Fall sein? Das entspricht also nicht der Realität in den Betrieben. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten Überstunden, und das erfolgt im guten Einvernehmen mit den Arbeitgebern. Warum sollte das jetzt anders sein? Es herrscht ein gutes Miteinander in den Betrieben. Eine Kündigung aufgrund der Ablehnung von Überstunden wäre übrigens rechtswidrig.

Zweitens: Alle Zuschläge werden weiterhin ausbezahlt. Vereinbarte Überstunden sind mit Überstundenzuschlägen oder auch in Zeitausgleich zu vergüten. Es steht zum ers­ten Mal eine Wahlfreiheit zur Verfügung – das kannten wir bisher nicht –: Die Arbeit­nehmerInnen können ab der 11. und 12. Stunde selbst bestimmen, ob sie die Mehr­stunden lieber in Geld oder als Zeitausgleich abgegolten haben wollen. Das ist eine wesentliche Neuerung. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können dadurch auch besser selbst entscheiden, wie sie ihren Beruf mit ihrer Familie vereinbaren, ob sie zum Beispiel von Montag bis Donnerstag mehr arbeiten und dann am Freitag eben zu Hause bleiben wollen. Jeder einzelne Arbeitnehmer bekommt also mehr Rechte als bisher.

Drittens: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren aus meiner Sicht durch mehr Flexibilität. Das zeigen auch Erfahrungen in jenen Branchen, in denen das bereits heu­te möglich ist. Es gibt Branchen und es gibt Unternehmen, in denen man heute schon bis zu 12 Stunden arbeiten kann. Diese Branchen und Unternehmen sind zahlreich in Österreich, es sind Beamte und Vertragsbedienstete, es sind Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter im Gesundheitsbereich, es ist im öffentlichen Verkehr bereits der Fall; überall dort darf man das bereits. Oder nehmen Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Flughafens oder auch jene der viel zitierten ÖBB: Sie arbeiten heute schon 12 Stun­den, weil sie dann weniger Tage unterwegs sind oder nicht so oft pendeln müssen. Die Flexibilität gibt ihnen diese Freiheit. Das sind jene Arbeitswelten, die von den Kritikern bewusst ausgeblendet werden. Den Ausführungen unseres Klubobmanns Gust Wögin­ger stimme ich vollumfänglich zu und unterstütze ihn bei dem, was er verlesen hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich mündige und selbstbestimmte Men­schen. Durch die Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen geben wir ihnen noch mehr davon, mehr Freiheit, über ihre Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Klären wir daher die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Angstmache und ohne Übertreibungen über die­se neuen Möglichkeiten auf – das ist ganz wichtig –, dann haben alle etwas davon. Es sind sowohl die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Vorteil davon haben, als auch die Familien, der Wirtschaftsstandort und die Unternehmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.24

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Plakolm. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.