13.19

Abgeordnete Irene Hochstetter-Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Mit dieser Mär der FPÖ- und der ÖVP-Frak­tion muss jetzt einmal aufgeräumt werden, bevor ich zu meiner Rede komme: Niemand von der SPÖ-Fraktion war heute in der Nacht tätig und hat Steine verstreut oder Blätter verteilt. Auch wir schlafen in der Nacht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn ich an 12 Stunden denke, dann fällt mir automatisch einer meiner Lieblingsfilme ein: „Zwölf Uhr mittags“, im Originaltitel „High Noon“, der Western, den viele von Ihnen kennen werden. Er gilt als einer der besten Filme aller Zeiten. Er schildert den Kampf des gerechten Sheriffs Will Kane gegen eine Gangsterbande, die die Bürgerinnen und Bürger von außen bedroht, also eine klassische Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Und auch heute, meine Damen und Herren, kämpfen wir als SPÖ im Namen der Gerechtigkeit für die Menschen und ihre Familien in diesem Land. Heute ist High Noon für rund 3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur im Gegensatz zum gleichnamigen Film kommt die Bedrohung nicht von außen, sie kommt von diesem Parlament, sie kommt von den Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ, sie kommt von schwarzen und blauen Abgeordneten, die gegen die Arbeitneh­merrechte in diesem Land reiten, oder sagen wir doch lieber kämpfen statt reiten, denn die vier Pferde, die Innenminister Kickl bis jetzt aufgetrieben hat, die reichen ja gerade einmal für die Losertruppe der Daltons. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Apropos Verlierer: Wenn Schwarz-Blau angesichts der geplanten Einführung des 12-Stunden-Tages beziehungsweise der 60-Stunden-Woche von einer Win-win-Situa­tion für alle Beteiligten spricht, dann frage ich mich schon, ob Sie entweder nicht Eng­lisch können oder zwei Firmen vergleichen, die beide eine Gewinnsituation haben, denn die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer in diesem Land sind die Verlierer bei dieser Arbeitszeitflexibilisierung, die Familien sind die Verlierer und vor allem die Kinder in diesem Land, denn bei der Kinderbetreuung zu sparen und gleichzeitig die Arbeitszeit zu erhöhen, dazu gehört schon viel politisches Unvermögen, sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Deimek: Haben Sie überhaupt schon einmal in einem priva­ten Unternehmen gearbeitet?)

Auch die Vereine sind die Verlierer in diesem Land, das Ehrenamt, die Feuerwehr, das Rote Kreuz, der Samariterbund, die Kultur- und die Musikvereine, die Sportvereine, die Nachwuchsarbeit. Wie soll jemand 12 Stunden arbeiten, dazu eine halbe Stunde unbe­zahlte Pause haben, eine Wegzeit haben? Das sind 14 Stunden, Herr Kollege! (Abg. Deimek: Haben Sie überhaupt schon einmal gearbeitet in einem privaten Unterneh­men?) – Hören Sie einfach zu, und schreien Sie nicht immer rein! Das ist vielleicht bes­ser. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sind 14 Stunden! Die Mama oder der Papa geht um 6 Uhr aus dem Haus und kommt um 20 Uhr zurück. Man sieht seine Kinder nur mehr schlafend. – Das ist die Fa­milienpolitik der ÖVP, das ist die Familienpolitik der FPÖ, und das ist das, was Sie am Ehrenamt schätzen, nämlich rein gar nichts. (Abg. Deimek: Sagt die Arbeiterkammer Villach!)

Das sagt nicht die Arbeiterkammer Villach, aber die Arbeiterkammer Kärnten zum Bei­spiel hat im Vorjahr, um sachlich zu bleiben, 3,7 Millionen Euro für die Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer einfordern und einklagen müssen. Das waren Überstunden, die von Unternehmern nicht bezahlt wurden. (Beifall bei der SPÖ.)

Abgeordneter Wurm spricht die ganze Zeit von einem Fußballspiel und davon, wer das wohl gewinnen wird, die Regierung oder die Opposition. Geschätzte Damen und Her­ren! Wir bekommen hier nicht bezahlt fürs Fußballspielen, wir bekommen für politische Arbeit bezahlt. Es geht nicht um Gewinner und Verlierer! Wir sollten für die Menschen da sein, und wir müssen die Menschen vertreten und Gesetze für die Menschen ma­chen. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Dass die ÖVP die Interessen der Arbeitnehmer nie vertreten hat und nie vertreten wird, das ist Allgemeinwissen, das wissen alle hier. Dass aber die FPÖ, die sich in der Ver­gangenheit immer wieder den Schafspelz des Kämpfers für den sogenannten kleinen Mann übergeworfen hat, bei der Einführung eines solchen Ausbeutungsparagraphen als Steigbügelhalter mitspielt, das ist schon eine ganz besondere Frechheit, die sie sich da umhängt. Ich denke, das hat vielleicht auch damit zu tun, dass der FPÖ-Par­lamentsklub von einem Halbadeligen mit geführt wird, dessen einzige Tätigkeit, die er jemals 12 Stunden am Tag durchgehend gemacht hat, das Liedersingen in den Bur­schenschaftsbuden war. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Deimek: Betreiben wir jetzt Ah­nenforschung oder was? Wie steht es da mit Ihren Vorfahren? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ihre Aufregung verstehe ich.

Wir stehen vor der Sommerpause, wir haben viele Mamas, viele Papas, viele Eltern in unserem Land, die nicht wissen, wie sie die Kinderbetreuung in diesem Sommer finan­zieren sollen, und Sie sparen daran. Sie erkennen die Not in diesem Land nicht!

Wie auch immer, ich habe meine Rede mit einem Filmklassiker begonnen, und ich wer­de sie auch so schließen: „Wem die Stunde schlägt“ – und wem heute die Stunde schlägt, das sind leider die Arbeitnehmer. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Frau Unsozialminister!)

13.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Lugar. – Bitte.