16.04

Staatssekretärin im Bundesministerium für Inneres Mag. Karoline Edtstadler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte ZuschauerInnen auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz ist ein bedeutendes Thema für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher auf der Tagesord­nung. Es geht darin um eine Steigerung der Effizienz von asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren. Der Effekt wird eine raschere Feststellung eines Aufenthaltsrechts im Sinne der Rechtssicherheit und der Rechtsstaatlichkeit sein.

Worum geht es im Detail? – Ja, es geht darum, ein wesentliches Ziel des Regierungs­programms umzusetzen, nämlich eine geordnete und effiziente Asylpolitik. Ich bitte Sie im Zusammenhang mit der Diskussion, hier ganz klar illegale Migration, legale Migra­tion und auch Asyl scharf auseinanderzuhalten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Mit dem vorliegenden Gesetzespaket wird im Wesentlichen das Asylverfahren verän­dert, es werden damit Vollzugsdefizite behoben, das Asyl- und Fremdenrecht wird an die Erfordernisse der Praxis angepasst.

Einige der wesentlichen Punkte, die ich gerne noch hervorstreichen möchte, wurden schon genannt. Ja, ab 1.9.2018 wird es möglich sein, Handydaten auszulesen. Nahezu jeder Asylwerber verfügt über ein Smartphone. Es muss daher auch den Behörden möglich sein, gespeicherte Informationen, etwa zur Fluchtroute oder auch zur Überprü­fung der Identität, zugänglich zu haben, indem sie ausgewertet werden. Es geht dabei um eine Feststellung über die Richtigkeit der Aussagen, und die Verfahren werden da­durch auch beschleunigt werden, denn Sie haben es dann schwarz auf weiß und müs­sen nicht unterschiedlichste Aussagen ständig gegeneinander abwägen und allfällige Widersprüche aufzeigen. Das alles kann im Sinne eines vorliegenden Sachbeweises wegfallen.

Es geht auch um die Sicherstellung von Bargeld im Zuge der Einbringung von Asylan­trägen. Wir wissen alle, dass die Unterbringung von Asylwerbern finanziert werden muss, und Österreich hat in der Vergangenheit und wird auch in der Zukunft dafür ho­he Summen ausgeben müssen.

Wir müssen aber auch für die Einhaltung der entsprechenden internationalen und na­tionalen Vorgaben im Hinblick auf die Qualität der Unterbringung sorgen. Das ist ganz klar, das ergibt sich unter anderem auch aus der Europäischen Menschenrechtskon­vention. Zukünftig soll es daher möglich sein, von Asylbewerbern einen Höchstbetrag von 840 Euro einzubehalten, der gedeckelt ist. 120 Euro bleiben dem Asylwerber je­denfalls, und das entspricht dem dreifachen Taschengeld in der Grundversorgung.

Ja, es ist richtig, es ist in der Diskussion auch schon genannt worden, dass die Kosten für die Grundversorgung mittels Kostenbescheids auch im Nachhinein auferlegt wer­den können. Es entspricht jedoch unserer Erfahrung, dass zum Zeitpunkt der Aus­stellung dieser Kostenbescheide einfach kein Geld mehr da ist. Daher sind wir der Mei­nung, wenn jemand über Bargeld verfügt, dann ist es auch einzubeziehen, um die Kos­ten der durchschnittlichen Verweildauer in der Grundversorgung des Bundes abdecken zu können. Und wenn die durchschnittliche Dauer unterschritten wird, dann wird das Geld dem Asylwerber auch zurückgezahlt.

Es ist noch ein anderer Punkt im Gesetz enthalten, und der ist noch nicht angespro­chen worden, nämlich die Ex-lege-Antragstellung für minderjährige Kinder von Asyl­werbern. Bisher war es so, dass man auch für minderjährige Kinder einen Antrag stel­len musste; wir sprechen hier vor allem von nachgeborenen Kindern. Den Zeitpunkt haben sich die Asylsuchenden, die schon im Asylverfahren waren, selbst ausgesucht, den haben sie selbst bestimmt. Das hatte zur Folge, dass die Asylverfahren für einen Teil der Familie zuerst durchgeführt werden mussten und nach Beendigung dann für das nachgeborene Kind der Antrag gestellt wurde, und das Verfahren ging von vorne los.

Jetzt ist es so, dass ex lege mit der Geburt des Kindes dieser Asylantrag für das nach­geborene Kind gestellt wird und das gesamte Verfahren in einem abgeführt wird, aber natürlich unter Beachtung der Einzelfallprüfung.

Es wird eine beschleunigte Aberkennung des Asyls bei Heimreisen geben. Vorausschi­cken möchte ich, dass sich Österreich der Verpflichtung der Gewährung von Schutz für diejenigen, die ihn brauchen, klar bewusst ist und diese Pflicht auch weiterhin erfüllen wird, die sich aus internationalen Abkommen, wie etwa der Genfer Flüchtlingskonven­tion, aber auch aus dem Gebot der Menschlichkeit ergibt. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ganz klar abzulehnen, dass dieses Recht missbraucht wird. Und das muss auch ein Symbol und eine Message für die Schlepper sein. Dieses Recht darf nicht missbraucht werden! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn jemand bei uns einen Asylantrag stellt, dann macht er damit klar, dass er in sei­nem Heimatland aufgrund der Rasse, der Religion, des Geschlechts oder der politi­schen Gesinnung verfolgt wird. Wenn ihm dieser Asylstatus dann zuerkannt wird, er dann aber trotzdem eine Heimreise unternimmt, dann impliziert das wohl, dass dieser Schutz nicht mehr gegeben ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Daher wird es zukünftig rascher möglich sein, diesen Schutzstatus auch tatsächlich ab­zuerkennen; natürlich wiederum nach einer Einzelfallprüfung, aber rasch.

Die Anhebung der Wartepflicht für die Verleihung der Staatsbürgerschaft wurde schon angesprochen, ich möchte sie trotzdem noch einmal hervorheben. Wir wissen es alle zu schätzen, die österreichische Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, sie bedeutet vie­le Rechte und viel Schutz durch Österreich. (Abg. Plessl: ..., es ändert sich nichts da­ran!) Das muss aber auch entsprechend wertgeschätzt werden, und die Wartefrist von zehn Jahren entspricht – und das möchte ich betonen – völkerrechtlichen Vorgaben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es war heute auch die Rede von der Verstaatlichung der Rechtsberatung. Ich kann nur annehmen, dass Sie von der Bundesbetreuungsagentur sprechen, die zukünftig Rechts­beratungen, natürlich durch weisungsfrei gestellte MitarbeiterInnen, übernehmen sollte. Allerdings muss ich Ihnen sagen, Sie werden das in diesem Gesetz vergeblich suchen, denn es ist schlicht und ergreifend nicht enthalten.

Zusammenfassend darf ich sagen, es ist ein ausgewogenes Paket mit dem ganz kla­ren Ziel der Effizienzsteigerung durch erweiterte Möglichkeiten bei der Antragsprüfung. Dadurch soll es zu einer rascheren Feststellung der Schutzbedürftigkeit und im Fall des Falles auch der Gewährung kommen, was auch die Rechtssicherheit stärkt. Die Einzelfallprüfung, eine sorgfältige Abwägung und die Bekenntnisse zu den internatio­nalen Verpflichtungen sind ganz klar auch weiterhin gegeben. Wir wollen die Qualität der Verfahren aufrechterhalten, allerdings insgesamt das Verfahren beschleunigen.

Ganz klar ist: Wir wollen eine Reduktion der Missbrauchsmöglichkeiten erreichen, denn Verfahren werden oft unbotmäßig verzögert, und daraus resultieren negative Auswir­kungen für alle Betroffenen – für diejenigen, die abgeschoben werden, obwohl sie sich in der Zwischenzeit vielleicht mit der Sprache angefreundet haben, aber, und das sage ich Ihnen ganz klar, auch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, für alle Polizisten, für Ärzte, die dabei sind und feststellen, ob die Flugfähigkeit gegeben ist. Das ist nichts, was man sich leichtmacht, das ist nichts, was leichtfällt und je zur Routine wird, aber es ist das Wesen eines Rechtsstaates: Wenn es eine rechtsstaatliche Entscheidung gibt, dann hat diese auch tatsächlich um­gesetzt und vollzogen zu werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen und auch ganz kurz zum Antrag der NEOS Stellung nehmen, der nämlich – und vielleicht ist das nicht allen klar, weil es doch eine sehr tief menschenrechtliche Frage ist – darauf ab­zielt, dass Interim Measures, also sogenannte einstweilige Verfügungen, des UN-Men­schenrechtsausschusses in Genf hinkünftig verbindlich durch das Fremdenpolizeige­setz anerkannt werden, sprich, dass es keine Durchführung von Außerlandesbringun­gen im Falle einer derartigen Maßnahme durch Genf geben soll.

Richtig ist, dass die Anordnung aus Genf nicht verbindlich ist – ganz im Gegensatz zu einer Interim Measure, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kommt, nämlich auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention. Daher scheint dieser Antrag auf den ersten Blick sehr sinnvoll zu sein, das kann ich nur bestätigen – aber eben nur auf den ersten Blick, muss ich dazusagen, denn es gibt erhebliche Un­terschiede, und die sollte man nicht außer Acht lassen, die liegen nämlich in der Rechtsqualität dieser Institutionen und Instrumente.

Ich darf daran erinnern, dass die Europäische Menschenrechtskonvention in Verfas­sungsrang steht und damit auch das Individualbeschwerderecht nach Artikel 34 der EMRK. Hingegen ist der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte samt Zusatzprotokoll und auch der vorgesehenen Individualbeschwerde nicht mit dieser Qua­lität des Verfassungsranges ausgestattet. Alle Entscheidungen, ob Interim Measure oder Urteile des Europäischen Gerichtshofes, werden lückenlos durch Österreich um­gesetzt. Wir wissen auch spätestens seit der Entscheidung Mamatkulov versus Turkey vom 4. Februar 2005, dass eine Nichtumsetzung einer Interim Measure eine weitere Verletzung der EMRK und eine Verurteilung durch den EGMR nach sich ziehen würde.

Mein Rat an Beschwerdeführer ist daher ganz klar: Wenden Sie sich an den Europäi­schen Gerichtshof für Menschenrechte, denn dort – und das kann ich aus eigener Er­fahrung sagen, weil ich fast zwei Jahre lang dort tätig war – wird höchst professionell und genau geprüft. Wenn der EGMR zur Meinung kommt, dass keine Gefahr einer Men­schenrechtsverletzung vorliegt – von der sprechen wir nämlich bei der einstweiligen Verfügung –, dann können Sie davon ausgehen, dass es auch keine gibt.

Eine Gesetzesänderung im Sinne des Antrages der NEOS kann man durchaus als wün­schenswert bezeichnen, aber es liegen keine zwingenden Gründe dafür vor. Es war heute schon von Symbolpolitik die Rede, und deshalb möchte ich dazu sagen: Auch das wäre symbolisch und nichts anderes, denn nur weil etwas nicht verpflichtend ist, heißt es nicht, dass es nicht beachtet wird. Also ich möchte hier nicht den Eindruck auf­kommen lassen, dass eine Interim Measure von einem Menschenrechtsausschuss in Genf nicht beachtet wird. Es gilt immer noch und in jedem Fall eine Einzelfallprüfung. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.15

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Yılmaz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.