11.43

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Liebe Zuschauerinnen und Zuschau­er! „Effektiver EU-Außengrenzschutz als Fundament eines geordneten Asylwesens“ – ein sehr schlau angelegter Titel, denn: Wer soll gegen effektiven EU-Außengrenzschutz etwas sagen? – Niemand. Niemand sagt etwas dagegen.

Wir sind uns einig: Wir als NEOS haben das schon gefordert, Sie fordern das, die SPÖ hat das gefordert, und auch die Kommission hat bereits lange vor der Asylkrise ange­merkt, man brauche mindestens 8 000 zusätzliche Grenzbeamte. Wer war dagegen? – Die Mitgliedstaaten.

Die Zeiten haben sich geändert. Auf einmal ist der EU-Außengrenzschutz der letzte Schrei, und Sie gehen hier sogar so weit, ihn als Fundament eines geordneten Asyl­systems zu bezeichnen. EU-Außengrenzschutz ist wichtig, aber ein Fundament? Das Fundament eines geordneten Asylsystems müssen einheitliche Regeln auf europäi­scher Ebene sein. Das ist ein Fundament, und EU-Außengrenzschutz ist höchstens eine sehr nötige Maßnahme dafür.

Aber was brauchen wir genauso dringend? – Genau das, dem Sie, Herr Innenminister, heute und Sie, Herr Rosenkranz, wie auch unser Kanzler eine Absage erteilt haben: ei­ne gemeinsame europäische Asylbehörde, ein gemeinsames Verfahren, das schnell und effizient an der EU-Außengrenze Klarheit bringen kann. Gerade aber zu einer ge­meinsamen Asylbehörde, das heißt einer Kompetenzverschiebung von staatlicher Ebe­ne auf europäische Ebene in Sachen Asyl, dazu sagt die FPÖ in ihrer antieuropäischen Position Nein, und auch die ÖVP.

Sie, Herr Innenminister, sagen ja immer, wir entscheiden, wer Asyl erhält, nicht die EU. Sie haben aber heute auch wieder gesagt, auf europäischer Ebene geht leider nichts weiter. Aber warum? – Weil Sie gerade mit den destruktiven Kräften die Allianzen schmieden, seit Sie im Amt sind. Und die ÖVP sagt, die Frage spaltet Europa, da be­schäftigen wir uns jetzt nicht zu sehr damit. Das ist ungefähr so, als würde sich ein Vo­gel denken, das mit dem Fliegen ist total kompliziert, da stürze ich lieber ab.

Ist das Ihr Plan, Europa abstürzen zu lassen, nur weil es kompliziert wird? Wann set­zen Sie sich denn endlich für ein gemeinsames, ein geordnetes, wie Sie sagen, Asyl­system ein? Wann kommt das?

Wir wissen, dass Othmar Karas dafür ist. Wir wissen aber auch, dass es egal ist, wofür Othmar Karas ist, wenn die Kurz-ÖVP hier in Wien etwas anderes will.

Was braucht es noch? – Konsequente Rückführungen von Personen mit negativem Asylbescheid, ja. Was braucht es noch? Was tun wir jetzt, um die Fluchtursachen zu bekämpfen, wovon Kanzler Kurz immer wieder gesprochen hat? Was ist mit der Hilfe vor Ort? Wann realisieren Sie endlich, dass wir hier viel mehr Maßnahmen setzen müssen?

Wir NEOS haben bereits Vorschläge gemacht, wie Wirtschaftspartnerschaften, darun­ter die 1 000 Städtepartnerschaften zwischen europäischen und afrikanischen Städten, um unseren Nachbarn in nordafrikanischen Ländern und den Topherkunftsstaaten der hier ankommenden Migranten zur Seite zu stehen. Wir wollen Expertisentransfer, wir wollen eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit Afrika, wir wollen in die Bildungssysteme vor Ort investieren, Infrastruktur schaffen für Investments, damit nachhaltig Arbeitsplät­ze geschaffen werden können und Menschen eine Perspektive haben, um nicht zu mi­grieren oder nicht sekundär zu migrieren.

Wir nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass dem Bundeskanzler unser Vorschlag so gut gefallen hat, dass er ihn sich für die „Sommergespräche“ ausgeborgt hat, aber ich frage mich: Wie nachhaltig, wie verantwortungsvoll setzt er hier wirklich Taten? Was machen Sie wirklich?

Und: Ja, wir brauchen auch einen besseren Außengrenzschutz, mehr Leute, ein erwei­tertes Frontex-Mandat, Abkommen mit Drittstaaten, damit Frontex auch dort bei Rück­führungen assistieren kann beziehungsweise sie selbst durchführt. Ohne Zweifel, wir NEOS fordern das schon seit Langem, wir sehen darin eine europäische Aufgabe und haben diese von Anfang an dort gesehen.

Sie hingegen sind immer erst für europäische Lösungen, wenn uns das Problem schon auf den Rücken gesprungen ist. Sie denken nicht sofort zukunftsorientiert, wenn es an­steht. Bisher bremsen Sie deswegen auch die Entstehung eines gemeinsamen Asyl­systems, das im Übrigen auch Österreich, das besonders viele Flüchtlinge aufgenom­men hat, entlasten würde. Das versteht doch draußen kein Mensch mehr.

Werden Sie aktiv, anstatt sich hier mit Demokratieabbau zu beschäftigen! Sie haben Aufgaben im Dienste der Demokratie zu erfüllen, und ehrliche Politik im Dienste der Bürgerinnen und Bürger schaut anders aus. Handeln Sie, sonst werden Sie der Wähler und die Wählerin für die Nichterfüllung Ihrer Aufgaben zur Rechenschaft ziehen! (Bei­fall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Liste Pilz.)

11.49

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Bru­no Rossmann. – Bitte.