Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung, 18. Oktober 2018 / Seite 33

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Noch schlimmer als bloßes Nichtstun ist die bewusste Sabotage des Kampfes gegen die Erderhitzung. Prominentestes Beispiel ist der Vorstoß zu Tempo 140 km/h von Ver­kehrsminister Norbert Hofer, den unsere „Nachhaltigkeitsministerin“ verteidigt. Beide berufen sich auf ein verkehrstechnisches Gutachten, dem zufolge angeblich die Leich­tigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs durch das Anheben der Geschwindigkeit auf Ös­terreichs Straßen verbessert werde. Experten der TU-Wien, die auch Gutachten für das Verkehrsministerium erstellten und erstellen, sagen aber das genaue Gegenteil. Eine derartige Tempoerhöhung kann laut Auskunft des Instituts für Verkehrsplanung der TU-Wien niemals zu einer Verbesserung des Verkehrsflusses führen. Durch die Tempoerhöhung komme es nämlich zu einem drastischen Anstieg der Spurwechsel und in weiterer Folge zu einer gesteigerten Bremsfrequenz, mitsamt den Konsequen­zen für Verkehrssicherheit und Klima.

Und auch der Flugverkehr wird weiterhin üppig subventioniert, obwohl Fliegen nach­weislich die klimaschädlichste Art der Fortbewegung ist. Dennoch hat die Vorgängerre­gierung die Halbierung der Flugticketabgabe beschlossen – offenbar ganz im Sinn der aktuellen Regierung, die kein Interesse an einer Änderung zeigt, obwohl Kerosin be­reits von der Mineralölsteuer und Flugtickets von der Umsatzsteuer befreit sind.

Um diese kontraproduktiven Maßnahmen im Verkehrsbereich zu verschleiern, betreibt die Regierung alibihafte Symbolpolitik in Form des E-Mobilitätspaketes. Die Bevorzu­gung beim Parken und beim Befahren von Busspuren sowie die Ausnahme von Ge­schwindigkeitsbegrenzungen gemäß IG-Luft sind nicht nur Kosmetik. Sie sorgen leider für weitere Probleme. Wenn durch die angekündigte Maßnahme beispielsweise die Pünktlichkeit von Bussen beeinträchtigt wird, bedeutet das eine Senkung der Qualität des öffentlichen Verkehrs. Und die Ausnahme vom „Luft-Hunderter“ sorgt für eine Ver­schlechterung des Verkehrsflusses. Damit steigt nicht nur die Unfallgefahr, sondern, wie bereits bei Tempo 140 km/h erwähnt, auch die Anzahl der Spurwechsel und der Bremsmanöver, was wiederum zusätzliche Emissionen bringt.

Auch beim Standortentwicklungsgesetz wird der Umwelt- und Klimaschutz zugunsten kurzsichtiger Wirtschaftsinteressen buchstäblich planiert. Es gibt der Regierung die Macht, einzelnen Projektwerbern bedeutende, für den Rest geltende Vorschriften zu ersparen und Genehmigungen nach Ablauf einer Frist automatisch zu gewähren. Dies ist eine Einladung zu Willkür und Korruption, zu Lasten der Umwelt und Demokratie.

Skandalöse Schikanen gegen Umwelt-NGOs

Weitere Beispiele für aktives Gegensteuern der Regierung sind die Staatszielbestim­mung für den Wirtschaftsstandort und der jüngst eingebrachte Abänderungsantrag zum UVP-Gesetz. Umweltschutzorganisationen sollen erst dann anerkennt werden, wenn sie mindestens 100 Mitglieder haben. Nur unter dieser Voraussetzung sollen sie sich in Zukunft an Umweltprüfungsverfahren beteiligen dürfen. Dies hat mit Maßnahmen „zur Beschleunigung und zur Steigerung der Effizienz im UVP-Verfahren“ – wie die Motive für die Gesetzesänderung erläutert werden – nichts zu tun. Denn wie der 7. UVP-Be­richt des BMNT an den Nationalrat zeigt, wird ein Verfahren nach Vorlage aller Doku­mente durch die Projektwerber im Durchschnitt binnen sieben Monaten entschieden. Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass im langjährigen Mittel nur 3 % der Vorhaben nicht bewilligt werden. Umweltorganisationen brachten im Zeitraum von Anfang 2015 bis Ende Februar 2018 nur 15 Beschwerden gegen negative Feststellungsverfahren ein. Die offensichtlich einzige Motivation für diese zuletzt per Abänderungsantrag ein­geschobene Schikane ist die systematische Schwächung von Umweltinitiativen. Nichts und niemand im Staat soll reinen Wirtschaftsinteressen im Wege stehen.

Der genannte Abänderungsantrag ist gleichheitswidrig und hält einer verfassungsrecht­lichen Prüfung nicht stand. Er widerspricht dem Datenschutzgesetz (DSG) und verletzt die DSGVO in grober Weise. Einziges Ziel auch hier: Umweltaktivisten sollen einge-


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