9.41

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Ja, das ist heute ein - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Warten Sie noch ein bisschen! Die Zeit läuft noch nicht.

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Danke für Ihren Auftrittsap­plaus! (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist heute ein guter Tag. Meine Vorrednerin hat ja gerade den Istzustand beschrieben, wie dieses System in Österreich funktioniert – ein Mehr­klassensystem, dank der jahrzehntelangen sozialistischen Gesundheits- und Sozialmi­nister. Genau das Problem haben wir. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Genau das, Frau Kollegin Rendi-Wagner, ist ja der Grund, warum es diese Reformen unbedingt auch braucht: weil wir ein Mehrklassensystem haben – und jeder Mensch, der mit offenen Augen durch die Straßen geht, sieht das ja auch, die Privatinstitute, die in den letzten Jahrzehnten wie die Schwammerln aus dem Boden geschossen sind. Wer es sich leisten konnte, hat alles bekommen, und alle anderen haben dann halt schauen müssen, wo sie bleiben – mit oft monatelangen Wartezeiten, mit völlig unter­schiedlichen Leistungen, je nachdem, wo sie versichert sind, in welchem Bundesland sie gewohnt haben. Und genau dem muss ein Ende gesetzt werden! (Abg. Meinl-Rei­singer: Das ändert sich nicht!) – Was wir heute hier haben, ist die Strukturreform, das ist der erste Schritt, Frau Kollegin. Das bedeutet ein Einläuten des Endes dieser macht- und parteipolitischen Strukturen, die wir in der Sozialversicherung haben. Ge­nau das ist so dringend notwendig! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich zurückerinnern – es ist ungefähr zwei Jahre her, da war es in allen Medien –: Man hat ewig lange Wartezeiten, um beispielsweise ein CT oder ein MR zu bekommen. Die Politik hat keinerlei Einfluss gehabt, weil die sogenannte Selbstverwaltung, die politisch besetzte Selbstverwaltung von Schwarz und Rot im Hauptverband, gesagt hat: Njet! Da hat sich der Gesundheitsausschuss auf den Kopf stellen können, es ist einfach nicht passiert. Und genau deshalb brauchen wir diese Reform, denn die Selbstverwaltung ist gut und richtig und wir greifen sie auch nicht an. Die Selbstverwaltung soll bleiben, allerdings muss die Selbstverwaltung so geführt werden, dass sie a) lenkbar ist und b) den Patienten im Auge hat, und dass die Strukturen schlank werden.

Natürlich hat man – und das sagt einem der Hausverstand –, wenn es statt neun Ge­bietskrankenkassen nur noch eine Österreichische Gesundheitskasse gibt, weniger Funktionäre, eine schlankere Struktur und ist damit natürlich auch wendiger und sehr viel schneller. Genau das muss es sein. Es darf nie wieder zu Situationen kommen, dass Menschen notwendige Untersuchungen nicht bekommen oder Wartezeiten von drei Monaten und länger haben. Es darf nicht mehr passieren, dass ein zwölfjähriges Kind vom Tode bedroht ist, weil der Hauptverband, weil die Krankenkasse sagt, das Medikament sei zu teuer. (Abg. Rosenkranz: Genau! So ist es!) Diese Situationen gehören mit dem heutigen Tag der Vergangenheit an. Darum geht es, meine Damen und Herren. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Genau deshalb ist diese Reform so notwendig, so wichtig und so richtig. Es geht nicht mehr um Machtspiele in der Sozialpartnerschaft, deren Vertreter meinen, der Haupt­verband ist der verlängerte Arm der Sozialpartnerschaft. – Nein, es geht um den Pa­tienten, es geht darum, in dieser Struktur auch einzusparen, das Geld aber im System zu lassen.

Was heißt denn das? Wo sind denn die Probleme? Was sind denn die Sorgen der Ös­terreicherinnen und Österreicher? – Dass sie lange Wartezeiten haben, wenn sie zum Facharzt gehen müssen, dass sie überhaupt in eine Ambulanz kommen, dass sie abgewiesen werden, dass sie im Fall des Falles eben nicht ordentlich versorgt werden. (Zwischenruf des Abg. Zinggl.) Das sind die Sorgen der Menschen in diesem Land, und diese Sorgen nehmen wir ernst. Genau da müssen wir ansetzen! Es darf nicht sein, dass Menschen Angst haben, dass sie im Krankheitsfall nicht die passende Ver­sorgung bekommen. Da müssen wir ansetzen!

Wir wissen, dass wir ein Problem mit Fachärzten, mit Hausärzten haben – nicht nur im ländlichen Raum, auch in den Ballungszentren haben wir Probleme mit vielen Fachärz­ten. Es gibt zu wenige, die sich dazu entschließen, einen Kassenvertrag zu nehmen. Nicht jeder kann sich den Wahlarzt oder den Privatarzt leisten. Und genau das wollen wir: Wir wollen, dass es endlich wieder mehr Kassenstellen gibt, dass die Jungärzte, dass die Ärzte auch einen Kassenvertrag annehmen, um die Versorgung der Bevöl­kerung zu garantieren und sicherzustellen (Beifall bei FPÖ und ÖVP), dass jeder Mensch in diesem Land, wenn er es braucht, einen Termin beim Kassenarzt bekommt, dass es eben nicht davon abhängig ist, ob man es sich leisten kann, dass jeder die Versorgung bekommt, die er braucht.

Genau deshalb braucht es zunächst die Strukturreform, um die Strukturen zu schaffen, damit wir dann in einem weiteren, in einem nächsten Schritt eine Gesundheitsreform aufsetzen können. Die Gelder, die wir jetzt mit dieser Strukturreform einsparen, die sollen ja genau in diesem System bleiben, das heißt, nicht für Funktionäre, für macht­politische Spiele ausgegeben werden. – Nein, sie bleiben im System, für die Patienten und natürlich auch – weil Sie es angesprochen haben – für das Gesundheitspersonal (Zwischenruf des Abg. Krist), für alle, die in diesem System tätig sind. Dass die Ho­norare der Ärzte angepasst werden, damit wir Ärzte finden, die auch aufs Land gehen und dort eine Ordination aufmachen, damit die Menschen, die am Land leben, auch einen wohnortnahen Arzt haben, das ist doch das, was die Menschen wollen. Das kön­nen Sie doch nicht abstreiten, das wollen Sie doch letztlich auch!

Aber Sie wissen doch genau: In den letzten Jahren ist es anders gelaufen. Das ist ja genau das Problem, der Grund, warum wir einen Ärztemangel haben, warum wir lange Wartezeiten haben, warum wir Unzufriedenheit haben – und auch, warum schon der ehemalige Sozialminister eine Studie in Auftrag gegeben hat, die letztlich zu dem Schluss gekommen ist, dass eine Zusammenlegung der Krankenkassen sinnvoll ist, weil es eben zu Einsparungen führt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Stöger: Lesen hilft!) Sie haben es dann am Weg liegen lassen, und jetzt sind Sie beleidigt, weil wir den Ball aufgegriffen haben und jetzt genau das umsetzen, was Sie nicht zusammen­gebracht haben! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

9.47

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger. – Bitte.