Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 24. Oktober 2018 / Seite 43

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Heute debattieren wir hier im Plenum den Antrag der ÖVP, der vorsieht, den Sozial­partnern zu empfehlen, diesbezüglich bis Jahresende eine Einigung zustande zu brin­gen.

Das Problem ist, dass nicht alle Beschäftigten in diesem Land einem Kollektivvertrag unterliegen. Es sind zwar 97 Prozent und wir sind europaweit spitze, aber noch immer unterliegen 3 Prozent der Beschäftigten in diesem Land keinem Kollektivvertrag – und das sind immerhin 100 000 Menschen.

Das zweite Problem mit dem Antrag der ÖVP ist folgendes: Nicht alle Kollektivverträge werden heuer verhandelt, sondern einige Verhandlungen starten erst nächstes Jahr im Frühjahr. (Abg. Deimek: Unser Vorstand hat uns immer gesagt: Sagt uns nicht, wie es nicht geht, sagt uns, wie es geht! Machen!)

Das dritte Problem, das wir auch aufgezeigt haben, ist, dass wir zwar schon in vielen Kollektivverträgen eine teilweise und volle Anrechnung erreicht haben, aber in einigen noch nicht. Gerade in den Industriebranchen ist uns das als Sozialpartner gelungen. In genau jenen Branchen aber, in denen viele Frauen beschäftigt sind, im Handwerk, im Gewerbe, im Handel, im Gastgewerbe, ist es uns nicht gelungen. Ich nenne Ihnen jetzt ein Beispiel: Interessanterweise haben wir in der Bauindustrie und im Baugewerbe eine volle Anrechnung der Karenzzeiten. Jetzt dürfen Sie einmal raten, wie viele Frauen in der Bauindustrie, auf den Baustellen beschäftigt sind. (Abg. Wöginger: Wenige!) – Ja, wenige, richtig, Herr Klubobmann. Also dort, wo es leicht gegangen ist, haben wir es geschafft, Herr Klubobmann, dort, wo es schwer gegangen ist, haben wir es nicht geschafft. (Abg. Schimanek: Warum habt ihr es nicht geschafft?)

Deswegen – worauf wollen wir warten? (Zwischenruf des Abg. Wöginger) – ist unser Appell, das vor allem in jenen Branchen – im Handel, im Gastgewerbe – anzugehen, in denen viele Frauen arbeiten. Viele Frauen sind bereit, ihre Kinder selbst zu erziehen, zu betreuen, sie haben jetzt aber einen Nachteil, weil Karenzzeiten beim Einkommen, beim Urlaub, bei Kündigungsfristen, bei der Abfertigung nicht angerechnet werden. Ge­nau das wollen wir ändern. Ich glaube, das Ziel ist das gleiche, aber der Weg ist ein anderer.

Und diese Empfehlung an die Sozialpartner – Entschuldigung, Herr Klubobmann! –, die ist ein Schmarrn. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das ist der gleiche Schmarrn wie der Appell der Bundesregierung, bei den Kollektivvertragsver­handlungen im Herbst für hohe Löhne und Gehälter zu sorgen – ein derartiger Schmarrn, der sich jetzt nämlich bewahrheitet hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der NEOS.) Bewahrheitet hat sich nämlich, dass man nach vier Verhand­lungsrunden in der Metallindustrie ein läppisches Angebot von 2,02 Prozent auf den Tisch geknallt bekommen hat – nach vier Runden! (Abg. Deimek: Und welche Arbeit­geber sind verstaatlicht, Herr Kollege?!) So viel ist dieser Appell der Bundesregierung wert, er ist nämlich keinen Cent wert. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit des Abg. Wö­ginger.)

Deswegen ist auch dieser Antrag, Herr Klubobmann Wöginger, nichts anderes als ein Schmäh, dieser Antrag betreffend Anrechnung der Karenzzeiten. Ihr wollt es nur auf die lange Bank schieben. Wenn euch die Frauen wichtig sind, wenn euch auch die Männer (Zwischenruf des Abg. Deimek), die bereit sind, ihre Kinder zu betreuen, wichtig sind, dann regeln wir die volle Anrechnung der Karenzzeiten jetzt und schieben das nicht auf die lange Bank. Wir werden dazu heute einen Entschließungsantrag ein­bringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Leichtfried.)

10.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petra Wagner. – Bitte.

 


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