Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll43. Sitzung, 24. Oktober 2018 / Seite 112

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14.35.26

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich war unlängst in der Slowakei auf einem Podium zum Thema Familienpolitik und habe erwartet, dass man sich dort wegen der Indexierung bei mir gehörig beschwert. Die Aufregung war groß, aber nicht negativ, sondern positiv, weil die Leute dort nicht gewusst haben, wie hoch die österreichische Familienbeihilfe für die Kinder ist, die in der Slowakei leben: dass sie derzeit siebenmal so hoch ist wie die Beihilfe, die die Slowakei zahlt, und dann, nach der Indexierung, im­mer noch fünfmal so hoch ist. Ich habe also eigentlich gute Nachrichten in die Slowakei gebracht.

Ich möchte gerne auf die Argumente antworten, die von Kollegin Holzleitner und von Kollegen Bernhard gebracht worden sind. Zur Frage, ob die Indexierung europarechts­widrig ist, darf ich Ihnen sagen: Die Kommission hat natürlich angekündigt, sich das anzusehen, aber sie hat nicht gesagt, dass es so nicht geht. Ich glaube, wir stehen sowohl vor der Kommission als auch vor dem EuGH mit guten Argumenten da, und ich skizziere nur, was ich damit meine: Die Arbeitnehmerfreizügigkeit – viel beschworen – verlangt von uns nämlich Folgendes: Erstens, dass wir nicht nach Staatsangehörigkeit diskriminieren. Das tun wir aber auch nicht. Wir diskriminieren nicht nach Staatsange­hörigkeit, sondern wir richten uns nach dem Wohnort, egal welche Nationalität. Wenn österreichische Kinder in der Slowakei leben, wird sie die Indexierung so wie slowa­kische Kinder, die in der Slowakei leben, betreffen.

Zweitens: Nicht erlaubt ist gemäß Arbeitnehmerfreizügigkeit, dass bei gleichen geleis­teten Beiträgen unterschiedliche Leistungsansprüche bestehen. Auch das tun wir nicht, denn die Familienbeihilfe ist keine Leistung, die durch ein Ansparen oder ein Einzahlen erworben wird, sondern eine Sonderleistung. Wer zahlt für die Familienbeihilfe? – Das sind Arbeitgeberbeiträge, noch ein paar andere, aber das ist keine Leistung, für die der Arbeitnehmer selbst einbezahlt hat.

Die zitierte Verordnung betreffend die soziale Sicherheit, Artikel 67 – Kollege Bernhard hat ihn zitiert –, besagt, dass Familienleistungen so zu bezahlen sind, als ob das Kind im Mitgliedstaat leben würde. Ich glaube, die Lösung liegt gerade in den Worten „als ob“, denn die Kaufkraft spielt für „als ob“ eine ganz, ganz große Rolle. Es gibt keine Ju­dikatur dazu, die Frage ist offen. Ich glaube, dass wir für diese Regelung sehr gute Ar­gumente vor der Kommission und vor dem EuGH haben werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir müssen auch die Intention der Familienbeihilfe berücksichtigen, denn es geht um die Sicherstellung eines Teils des Regelbedarfs eines Kindes, und der Regelbedarf ist in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union selbstverständlich unter­schiedlich. Vor einer Prüfung durch die Kommission und den EuGH brauchen wir also keine Angst zu haben.

Die Indexierung ist nicht nur europarechtlich richtig, würde ich sagen, sondern sie ist auch europapolitisch wichtig, denn nur wenn wir den Verzerrungen vorbeugen, die jetzt bestehen, können wir sicherstellen, dass die Menschen in Österreich nicht EU-skep­tisch werden. Wir können die EU unterstützen, indem wir vernünftige Regelungen schaffen, die für die Menschen verständlich sind, und darum handelt es sich bei der In­dexierung auch; nicht um einen unnötigen Alleingang, sondern eigentlich um ein Vor­reiten Österreichs in Sachen Fairness und Gerechtigkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte jetzt noch einen Abänderungsantrag einbringen, und zwar zum Thema Rei­sekostenersatz für Kinder von Entwicklungshelfern, der derzeit an die Familienbeihilfe gekoppelt ist. Das wird sich durch die Indexierung ändern, darum mein Abänderungs­antrag, damit diese Kinder weiterhin Reisekostenersatz bekommen können.

 


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