16.12

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Galerie! Frau Ministerin! Ich habe Ihnen heute in der Fragestunde sehr aufmerksam zugehört und positiv aufgenommen und ver­nommen, dass Sie den Druck in Richtung Reformen bezüglich des Zentrums erhöhen möchten. Sie haben auch davon gesprochen, dass Sie für den Fall, dass diese Reformen nicht eintreten sollten, sich ganz klare Schritte vorbehalten. Das bewerte ich positiv.

Sie haben auch den Evaluierungsbericht 2015 erwähnt. Frau Ministerin, ich nehme es Ihnen ab, dass Sie sich ernsthaft mit der Zukunft dieses Zentrums beschäftigen. Ich nehme Ihnen auch ab, dass auch Sie die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien äußerst problematisch sehen. Wir haben in den letzten Jahren die Entwicklung dieses Zentrums erlebt; es ist kein Zufall, dass wir vom Saudi-Zentrum sprechen, denn dieses Zentrum wird nun einmal im Wesentlichen von Saudi-Arabien finanziert.

Wir erleben, dass wir auf der einen Seite ein Zentrum in Wien haben, das eine Prä­ambel hat, in der man sich zu Menschenrechten bekennt, dass es dieses Zentrum aber auf der anderen Seite in all diesen Jahren nicht geschafft hat, sich jemals zu Men­schenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien kritisch zu äußern, geschweige denn, diese zu verurteilen.

Wir haben das beim Fall des Bloggers Raif Badawi erlebt: Er wurde zu 1 000 Peit­schenhieben verurteilt, und dieses Zentrum hat sich nicht einmal zu einem einzigen Kommentar durchringen können. Wir haben das bei den zahlreichen Verhaftungen von Frauen erlebt, die eigentlich nichts anderes getan haben, als an Kongressen teilzu­nehmen oder auf Social-Media-Kanälen aktiv zu sein.

Jetzt erleben wir, dass es eine Stellungnahme dieses Zentrums zum Fall Khashoggi gibt: Man sei „sehr besorgt“. Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, besorgt bin ich vielleicht über das Wetter, aber ich bin mehr als nur besorgt, wenn es um Folter und Menschenrechtsverletzungen geht! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Dönmez.)

Was mich besonders stört, ist, dass dieses Zentrum immer wieder gesagt hat, man wolle sich nicht in innerstaatliche Angelegenheiten anderer Länder einmischen. Dann frage ich mich aber zu Recht: Warum gibt es dann dieses Zentrum überhaupt, das vermeint, hier ein Ort des Dialogs und der Menschenrechte zu sein? (Abg. Gudenus: Rote Regierung damals! – Abg. Belakowitsch: Das hat der Häupl damals nach Wien geholt!)

Zum Fall Khashoggi, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wissen Sie, worüber ich verwundert bin? – Ich bin verwundert darüber, dass jetzt alle über diesen Vorfall so erschrocken sind. Stellen Sie sich vor, es wird eine ganze Gruppe aus Saudi-Arabien nach Istanbul eingeflogen, nämlich mit einem Gerichtsmediziner, der eine Knochen­säge im Gepäck mit sich trägt. Mit dieser Knochensäge zersägt und zerstückelt er den Journalisten Khashoggi – der sich im Übrigen zeit seines Lebens für den Dialog stark­gemacht hat – bei lebendigem Leib in einzelne Teile. Es kann mir doch niemand erklären, dass es sich hier um einen Einzelfall handelt. Das waren doch professionelle Leute, die das gemacht haben. Und wenn man sich sogar traut, das in einer Botschaft in einem anderen Land zu machen, dann will ich mir gar nicht ausmalen, welche mittelalterlichen Foltermethoden im eigenen Land angewendet werden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der Meinung, dass Europa viel zu lange weggeschaut hat, dass wir auch in Österreich viel zu lange weggeschaut haben, auch im Hinblick auf dieses Dialogzentrum. Der Grund liegt für mich auf der Hand: Mit Saudi-Arabien werden große Erdöl- und Waffengeschäfte gemacht, und das in einem unglaublichen Ausmaß. Man schaut einfach weg – für den Profit und aus wirt­schaft­lichen Interessen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić.)

Frau Ministerin, warum sage ich das? Ihnen kaufe ich ja ab, dass Sie keine Freundin dieses Regimes sind, aber Saudi-Arabien exportiert nicht nur Erdöl, Saudi-Arabien exportiert auch religiösen Fanatismus in die gesamte Welt. (Beifall der Abg. Zadić.) Da sehe ich in Wirklichkeit auch die Doppelbödigkeit der österreichischen Politik und Ihrer politischen Vorgänger, Frau Ministerin: Man wettert in Europa und in Österreich gegen den politischen Islam, man spielt sich als Verteidiger der westlichen Kultur und der westlichen Werte gegen den religiösen Fanatismus auf. Gleichzeitig macht man aber die besten Geschäfte mit einem Land wie Saudi-Arabien, das den religiösen Fanatis­mus seit den Achtzigerjahren in die ganze Welt exportiert, denn man hat nicht den politischen Mut, aus diesem Zentrum auszutreten.

Ich möchte an dieser Stelle klar sagen: Während des langen Bestehens dieses Zen­trums war der heutige Bundeskanzler Außenminister. Er hat meiner Meinung nach nicht den politischen Mut gehabt, gegen dieses Zentrum vorzugehen, er hat nicht den politischen Mut gehabt, aus diesem Zentrum auszutreten, aber wenn es um religiöse Minderheiten in Österreich geht, dann ist der Herr Kurz sehr laut. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić. – Zwischenruf des Abg. Haubner.) Wenn es darum geht, das Thema Islam rauf und runter zu spielen, dann ist er sehr laut, aber sobald es um das Eingemachte in der Weltpolitik geht, ist er leise, der Herr Schweigekanzler. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Zadić. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Frau Ministerin, mein Glaube daran, dass dieses Zentrum sich noch reformieren lässt, ist schon lange verpufft, denn schon seit 2015 reden wir davon, dass es Reformen und eine Neuaufstellung geben soll. Ich sehe diese Möglichkeit in dieser Konstellation nicht. Ihnen, Frau Ministerin, traue ich mehr Mut zu, und daher ersuche ich Sie: Setzen Sie konsequente Schritte und sorgen Sie dafür, dass dieses Zentrum entweder ge­schlossen wird oder dass Österreich zumindest austritt! – Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

16.19

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lasar. – Bitte.