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Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres Dr. Karin Kneissl: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf zuallererst mit einem aufrichtigen Dankeschön beginnen, einem Danke an all diejenigen, die das Ver­trauen in mich setzen. Frau Abgeordnete Muna Duzdar, Herr Abgeordneter Dönmez, Herr Abgeordneter Schieder, Frau Abgeordnete Jeitler-Cincelli, Roman Haider, Johann Gudenus, alle, die heute hier gesprochen haben: Danke. Ich bin die Außenministerin der Republik Österreich und bedarf all Ihres Vertrauens für die Arbeit; daher ein Danke, dass Sie mir grundsätzlich dieses Vertrauen und den Rückhalt für diese Arbeit geben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Diskretion, Vertraulichkeit ein we­sentliches Attribut des diplomatischen Arbeitens ist. Ich habe in den letzten Monaten beispielsweise bei zwei Treffen mit dem saudischen Außenminister al-Dschubeir ganz konkret zum einen auf die Lage der Frauen und zum anderen aber auch auf die Blockade der Häfen im Jemen, auf die sich damit verschlechternde humanitäre Situ­ation, auf die unerträglichen Bilder von dieser – wie oftmals zu Recht angesprochen – größten humanitären Katastrophe unserer Zeit hingewiesen.

Jemeniten flüchten nicht über das Mittelmeer nach Europa, Jemeniten flüchten nach Somalia, und damit sind sie auch nicht wirklich auf unserem Radar. Ich habe das im Rahmen der Vertraulichkeit, der Diskretion immer wieder angesprochen. Ich weiß aber auch, dass der Punkt für ein Ende der Vertraulichkeit gekommen ist, habe es in zwei Nachrichtensendungen gesagt und sage es hier in diesem Hohen Hause ganz öffentlich: Die Menschenrechtslage hat sich in Saudi-Arabien für Kritiker der Regie­rung, für weibliche Aktivisten und für sehr, sehr viele Menschen verschlechtert, was wir mit großer Sorge betrachten. Dies soll nicht unter dem Deckmantel wirtschaftlicher Interessen oder sonst etwas geschehen, sondern wir stehen zu dieser Besorgnis, die ich – wie gesagt – bereits mehrfach zuvor in Interviews und auch hier wieder in aller Öffentlichkeit kundgetan habe. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich möchte mit dem Jemen beginnen und dann kurz noch auf das Kaiciid eingehen. Der Krieg im Jemen ist einer, dem wir nicht nur über humanitäre Hilfseinsätze entge­genzutreten versuchen. Frau Abgeordnete Zadić, Sie haben schon recht, wenn man die eine Million runterbricht, sind es 7 Cent pro Kopf. Das ist alles andere als aus­reichend. Es ist nicht ein vom Himmel gefallener Hunger, es ist ein von Menschenhand gemachter Hunger und hat sehr, sehr viel mit der Blockade zu tun; daher ist Hinwirken auf die politischen Akteure das eine. Wir müssen dies auch hier tun, und ich werde fortan mit meinen Kollegen in Kontakt sein und darauf hinwirken, denn Nahrungsmittel sind genug vorhanden, und es kommt nicht auf die eine Million aus Österreich oder von anderen an, es geht um politische Lösungen.

Aus diesem Grund bin ich auch immer wieder in Kontakt mit dem UNO-Sonder­ver­mittler Martin Griffiths, der bedauerlicherweise vor einigen Monaten gescheitert ist, sämtliche Konfliktparteien aus dem Jemen in Genf zu versammeln. Es gab hier unter­schiedliche, teilweise auch wirklich sehr banale Gründe, warum das nicht zustande gekommen ist. Wir stehen mit Sondervermittler Griffiths in Verbindung und werden uns auch gerne per Anfrage für eine Unterstützung der politischen Lösung einbringen, denn den Hunger im Jemen, die Choleraepidemie werden wir nicht durch humanitäre Aktio­nen, sondern nur durch eine politische Aktion beenden können. Daher ist mir sehr wohl auch daran gelegen, an dieser politischen Lösung im Rahmen der uns gegebenen Möglichkeiten mitzuwirken. Ich betreibe das so aktiv, wie es nur geht, aber wie gesagt mit den Mitteln der Diskretion.

Die Frage der Waffenstopps: Es hieß, einige europäische Länder hätten bereits solche ausgesprochen. Die einzige Aussage, die mir bekannt ist – und ich habe das mit mei­nen Kollegen vorhin noch einmal gegengecheckt –, ist: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen vorläufigen Stopp bis zur Klärung der gesamten Umstände ange­kündigt. Wir hören aus Frankreich keine klaren Worte. Wir hören aus Spanien die vor­hin zitierte Entscheidung des Parlaments, kein Waffenembargo zu verhängen. Das heißt, wir sehen hier sehr, sehr unterschiedliche europäische Staaten unterschiedlich handeln. Ich kann nur noch einmal betonen – das heute hier ist ja auch keine Sonder­sitzung zum Kriegsmaterialgesetz –: Das, was wir beschlossen haben und umsetzen, ist auf Basis des Kriegsmaterialgesetzes und bedeutet, dass seit 2015 kein Kriegs­material an Saudi-Arabien geht.

Was die möglichen Täter dieses Killerkommandos anbelangt, aber auch Mitarbeiter des saudischen Generalkonsulats in Istanbul: Hierzu sind wir bereits mit Partnern in Kontakt, um mögliche Aufenthaltstitel, Visaanfragen et cetera zu prüfen, damit man nicht Gefahr läuft, dass sich diese Personen eventuell auf unser Staatsgebiet begeben. Das heißt, ich habe bereits vor einigen Tagen in Auftrag gegeben, die Aufenthaltstitel und Visaanfragen dieser Personen zu prüfen.

Ich darf nun zum Kaiciid kommen. Ich habe mir den heute mehrfach zitierten Bericht des Bundesministeriums für Äußeres vom Jänner 2015 bereits am 9. Oktober vorlegen lassen und habe heute auch aus dem damals formulierten Forderungskatalog zitiert. Ich möchte diese Frage nicht am Fall Khashoggi aufhängen, sondern einfach an der grundsätzlichen Notwendigkeit, dass Forderungskataloge, die erstellt werden, umge­setzt werden. Es hat sich natürlich jetzt ein neues Momentum ergeben. Das hat nicht nur mit der heute sehr wichtigen Debatte hier zu tun, sondern mit der grundsätzlichen Entwicklung in der Region. Der Reformplan, an dem meine Kollegen jetzt arbeiten, den ich vor zwei Tagen angekündigt habe, den ich dem Generalsekretär im bilateralen Gespräch angekündigt habe, ist sehr eng gesteckt. Dabei geht es auch um ein Herausgehen aus dem Seminarraum, aus dem Elfenbeinturm.

Wir brauchen nicht – wie Sie teilweise zu Recht angemerkt haben – eine weitere Stu­die da und dort, wir brauchen konkrete Aktionen. Wir wissen, dass die meisten Toten im islamischen Raum nicht durch Angriffe von Nichtmuslimen zu beklagen sind, son­dern es gibt einen innerislamischen Konflikt, einen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten, und das ist etwas, was im interreligiösen Dialog Augenmerk verdient. Ich habe dem Generalsekretär gesagt, dass wir uns hier viel, viel mehr operatives Arbeiten wünschen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich glaube, wenn es jemand aus der Region mitbekommt, dass wir uns hier über genau diese Themen unterhalten, dann möge es vielleicht auch ein Zeichen der Ermutigung für diejenigen sein, die wirklich Kopf und Kragen riskieren, wenn sie sich für Meinungs­frei­heit, Pressefreiheit einsetzen. Wir haben hier – wie es heute schon kurz ange­sprochen wur­de – diese Möglichkeit, wir respektieren diese Möglichkeit und möchten sie garantieren.

Wenn es um diese außenpolitische Materie geht, darf ich Sie einfach bitten: Geben Sie mir noch etwas Zeit, wir versuchen in diesem Dilemma, in dem man drinnen steckt, das Allerbeste daraus zu machen, in allererster Linie, sage ich, für die betroffenen Menschen, denn es gibt im gesamten Nahen Osten genug, die für ihr Engagement – ob als Parlamentarier, ob als einfache Kritiker – Kopf und Kragen riskieren. Es gilt, sich für diese entsprechend einzusetzen, und vielleicht lässt sich manches hinter den Kulis­sen ermöglichen. Es gibt auch anderes – so wie heute hier und jetzt –, das die öffent­liche Debatte erfordert, und auch dafür stehe ich zur Verfügung, weil es hier wirklich um ganz grundlegende, universal anerkannte Normen geht, deren Erhalt zu sichern ist. – Vielen Dank. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

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