17.54
Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir diskutieren heute eine Novellierung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Ende Juni wurde ein Ministerialentwurf eingebracht, Mitte September hat es eine Regierungsvorlage und zu dieser etliche Stellungnahmen gegeben. Das erklärte Ziel der Bundesregierung in diesem Zusammenhang sind die Verkürzung der Verfahrensdauer und die Verfahrensbeschleunigung in diesem Bereich.
Der 7. UVP-Bericht, der ebenfalls im letzten Umweltausschuss diskutiert wurde, zeichnet nun ein sehr differenziertes Bild darüber, woran die langen Verfahrensdauern wirklich hängen, und es stellt sich heraus, dass es eben nicht die Beteiligung der NGOs ist, sondern vielfach die unzureichende Vorlage der absolut notwendigen Unterlagen. (Heiterkeit des Abg. Neubauer.)
Zum Zweiten findet sich in dieser Novelle ein Standortanwalt, der öffentliche Interessen wahrnehmen soll. Er wird bereits von Wirtschaftsvertretern und von den Ländern kritisiert, da der Standortanwalt vieles bringt, aber vor allem noch mehr Bürokratie in diesen Verfahren.
Ein weiterer Punkt: Beweisanträge und neue Vorbringen gibt es nur mehr bis zur mündlichen Verhandlung. Die Frage, ob diese Regelung dem Recht auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 EMRK entspricht, bleibt allerdings offen, und ob es dann bei eventuellen Anfechtungen zu Rechtsunsicherheit für Projektwerber und Projektbetreiber kommt, ist auch nicht beantwortet worden.
Am 4. Oktober fand eine Sitzung des Umweltausschusses statt und es wurde ein Abänderungsantrag der Kollegen Schmuckenschlager und Rauch eingebracht. Zu diesem Abänderungsantrag hat uns die Frau Ministerin wissen lassen, dass er nicht Bestandteil der Regierungsvorlage gewesen sei und daher sozusagen die originäre Idee der Abgeordneten Schmuckenschlager und Rauch. (Abg. Leichtfried: Ganz sicher!)
Es stellt sich allerdings heraus, dass das Dokument, mit dem der Antrag eingebracht wurde, von einer Mitarbeiterin des BMNT stammt. Ihr Sprecher, Frau Bundesministerin, hat uns dann wissen lassen, es sei üblich, diese Anträge zur fachlichen und formellen Prüfung ins Ministerium zu schicken. (Abg. Leichtfried: Bei den zweien ist es eh besser!)
Das wirft für mich jetzt folgende Frage auf, Frau Bundesministerin: Wenn das Bundesministerium diesen Abänderungsantrag formell und inhaltlich geprüft hat, ist dann niemandem aufgefallen, dass der Antrag europarechtswidrig, verfassungswidrig und datenschutzwidrig ist? (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)
Oder ist es so (Abg. Leichtfried: Ich glaube: oder!), dass Sie mit diesem Antrag Ihre Abgeordneten der eigenen Fraktionen ins öffentliche Messer laufen lassen und der Antrag vielleicht doch der Wirtschaftskammer oder der Industriellenvereinigung entsprungen ist? (Beifall bei der SPÖ.) Die Vermutung, Frau Bundesministerin, spricht in diesem Fall gegen Sie. (Ruf bei der FPÖ: Geh bitte! – Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Erst nachdem es massive Proteste gegen den Inhalt dieses Abänderungsantrages gegeben hat, wurde mehr als eine Woche später – nachdem das durch die Medien gegangen ist – die Bereitschaft signalisiert, heute noch einmal einen Abänderungsantrag zum Abänderungsantrag einzubringen, der uns im Übrigen auch erst ein paar Minuten vor dieser Debatte zugekommen ist.
Der Inhalt dieses neuerlichen Abänderungsantrages stellt sich jetzt so dar, dass die NGOs zwar ihre Mitgliederlisten nicht mehr mit Namen und Daten ans Bundesministerium übermitteln müssen, sondern nur mehr nachweisen müssen, dass sie mindestens 100 Mitglieder haben, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass das genau nicht dem schwedischen Modell entspricht, wie in der jetzt folgenden Debatte sicher argumentiert werden wird. Das schwedische Modell sieht mehrere Schwellen einer möglichen Beteiligung vor, unter anderem auch Veranstaltungen, Informationen, eine längere Beschäftigung mit dem Thema und Ähnliches. – Wir werden das Paket daher ablehnen. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Schlusswort!)
Frau Bundesministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stelle hiermit einen Rückverweisungsantrag, den Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage 275 der Beilagen: Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird, 282 der Beilagen, an den Umweltausschuss rückzuverweisen, damit wir eine vernünftige Diskussion über den Inhalt dieser Abänderungsanträge abführen können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)
Zum Zweiten bringe ich folgenden Unselbständigen Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Effizienzsteigerung von UVP-Verfahren ohne Nachteile für die Beteiligten“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus wird aufgefordert, sich im Dialog mit den Stakeholdern (v.a. Umwelt-NGOs und Sozialpartner) für echte Verfahrensverbesserungen statt Scheinlösungen einzusetzen, die folgende Punkte umfassen sollen:
· Eine ausreichende Ausstattung der UVP-Behörden insbesondere mit mehr Personal (JuristInnen, Sachverständige, KoordinatorInnen, etc.) um eine Stärkung der Verfahrensvorbereitung und -begleitung zu erreichen
· Durchführung von Strategischen Umweltprüfungen (SUP), um die darauffolgenden UVP-Verfahren zu entlasten
· Klare Benennung der zu berücksichtigenden Schutzgüter in den Materiengesetzen
· Reform des Verfahrensmanagements, insbesondere des Vorverfahrens, damit ProjektwerberInnen mehr Unterstützung erhalten und die Bereitstellung der erforderlichen Unterlagen schneller erfolgen kann
Verbindliche Planungskoordination zwischen dem Bund und den Ländern.“
*****
Frau Bundesministerin! Es gibt einen alten Spruch, einen sogenannten Sponti-Spruch, der da lautet: „Stil ist nicht das Ende des Besens.“ – Ihr Stil im Umgang mit dem Parlament und der Zivilgesellschaft ist massiv verbesserungswürdig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
18.01
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Unselbständiger Entschließungsantrag
§ 55 GOG-NR
der Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger
Genossinnen und Genossen
betreffend Effizienzsteigerung von UVP-Verfahren ohne Nachteile für die Beteiligten
Eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 13 Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (275 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert wird (282 d.B.) in der 45. NR-Sitzung
UVP-Verfahren dienen dazu, große bauliche Vorhaben mit dem Umweltrecht in Einklang zu bringen und dort wo es notwendig ist, durch Auflagen negative Umweltauswirkungen zu minimieren. UVP-Verfahren sind ein bewährtes Instrument, seit dem Jahr 2000 endeten nur 3 % aller abgeschlossenen UVP-Verfahren mit Nicht-Bewilligung.
Das von WirtschaftsvertreterInnen skizzierte Bild von ausufernden Verfahren und einer Gängelung der ProjektwerberInnen hält einer realistischen Betrachtung nicht Stand. Einzelfälle mit überlangen Verfahrensdauern, die zum Teil projektspezifische Ursachen haben, werden als die Norm dargestellt. Diese Sichtweise hat sich offenbar auch die Bundesregierung zu eigen gemacht und versucht mit einem so genannten „Standort-Entwicklungsgesetz“ UVP-Verfahren und die dort geregelten Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu umgehen.
Anstatt im Dialog mit allen Stakeholdern, allen voran den anerkannten Umwelt-NGOs laut UVP-G, eine optimale Lösung zu finden, werden einseitig – etwa im Rahmen der UVP-G-Novelle - zweifelhafte Maßnahmen von den Wunschzetteln der WirtschaftsvertreterInnen umgesetzt, die bis zur Gängelung von Umwelt-NGOs reichen. Die Verbesserung des Umweltschutzes scheint dabei überhaupt keine Rolle mehr zu spielen.
Dabei gäbe es eine Reihe von Maßnahmen, die ohne Einschnitte in die Verfahrensrechte zu einer deutlichen Verbesserung der Verfahrensqualität und mit Sicherheit auch zu einer effizienteren Abwicklung führen würden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus wird aufgefordert, sich im Dialog mit den Stakeholdern (v.a. Umwelt-NGOs und Sozialpartner) für echte Verfahrensverbesserungen statt Scheinlösungen einzusetzen, die folgende Punkte umfassen sollen:
· Eine ausreichende Ausstattung der UVP-Behörden insbesondere mit mehr Personal (JuristInnen, Sachverständige, KoordinatorInnen, etc.) um eine Stärkung der Verfahrensvorbereitung und -begleitung zu erreichen
· Durchführung von Strategischen Umweltprüfungen (SUP), um die darauffolgenden UVP-Verfahren zu entlasten
· Klare Benennung der zu berücksichtigenden Schutzgüter in den Materiengesetzen
· Reform des Verfahrensmanagements, insbesondere des Vorverfahrens, damit ProjektwerberInnen mehr Unterstützung erhalten und die Bereitstellung der erforderlichen Unterlagen schneller erfolgen kann
Verbindliche Planungskoordination zwischen dem Bund und den Ländern.“
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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht, daher steht er mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Jarolim: Aber so viel Ahnungslosigkeit in einem Projekt ist unglaublich! – Abg. Deimek: ... einen neuen Anwalt! Der alte ist untragbar!)