12.53
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die 15a-Vereinbarung isoliert betrachtet, sich nur das, was mein Vorredner, Kollege Sieber, gesagt hat, zum Ziel gesetzt hat, dann kann man einer solchen Vereinbarung zustimmen.
Es ist allerdings deutlich Kritik anzubringen, und um das zu verstehen, ist es wichtig, auch die Geschichte dieser 15a-Vereinbarung zu verstehen. Es gab 2002 auf europäischer Ebene die Fixierung der Barcelonaziele. Die Barcelonaziele lauteten, dass 33,3 Prozent der unter Dreijährigen und 90 Prozent der unter Sechsjährigen ein Betreuungsangebot vor Ort haben sollen, dass es einen entsprechenden Ausbau gibt, um Kinder in diesem Ausmaß zu erreichen. Das Ziel war die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Das war das Ziel der Europäischen Union, das war der Inhalt der Barcelonaziele.
2007, also vier Jahre später, hat die damalige österreichische Regierung erstmals die Idee aus 2002 aufgegriffen und, ebenfalls mittels einer 15a-Vereinbarung, genau in diese Richtung gehend den Kindergartenbetreuungsausbau mit Bundesmitteln mitfinanziert. Das wurde dann verlängert, und zwar 2011, 2014 und 2017. Man hat immer nur in den Ausbau der Betreuungseinrichtungen investiert, aber nie in den Erhalt.
Experten und Expertinnen haben bereits 2017 gesagt: Es hilft nicht, wenn man einmalig eine Anschubfinanzierung leistet, man muss in den Erhalt – kleinere Gemeinden können sich den Erhalt nicht leisten, selbst wenn einmalig ein Anschub finanziert worden ist – und in die Qualität der Einrichtungen investieren. – Das waren die beiden wesentlichen Kritikpunkte. Man hat es aber 2017, weil genau das aufgrund der sich ankündigenden Neuwahl keinen Platz mehr hatte, nicht geschafft, in diesem Bereich einen wirklichen Finanzrahmen, einen Finanzausgleich, der aufgabenorientiert ist, umzusetzen. Die damalige Bundesregierung hat aber noch beschlossen, solches zu tun. Ganz konkret hat es also 2017 den Beschluss einer Bundesregierung gegeben, dass in den Folgejahren im Bereich des Kindergartenausbaus und -erhalts ein aufgabenorientierter Finanzausgleich beschlossen werden soll.
2018 war der Pilotstart geplant, und 2019 war die Ausweitung auf den Pflichtschulbereich geplant. Es ist weder 2017 noch 2018 in dieser Sache etwas passiert. Die Ministerin hat auf meine Nachfrage geantwortet, dass sie nicht vorhat, das Thema weiterzuverfolgen, und natürlich ist auch 2019 keine Ausweitung geplant.
Genau das ist aber ein zentrales Element. Wenn wir weg vom einmaligen Verteilen von Förderzuckerln für Gemeinden hin zu einem nachhaltigen Ausbau des Betreuungsangebotes kommen wollen, wenn wir hin zu mehr Wirkung bei den Kindern und weniger Wertung die Kopfbedeckung betreffend kommen wollen, wenn wir ernsthafte inhaltliche Debatten führen wollen, dann braucht es ein anderes Instrument als eine 15a-Vereinbarung.
Deswegen stelle ich den folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mehr Planungssicherheit beim Ausbau elementarer Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrichtungen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, einen aufgabenorientierten Finanzrahmen im Rahmen des Finanzausgleichs umzusetzen, um eine treffsichere und wirkungsorientierte Verwendung der Gelder für den Ausbau und den Erhalt von Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen zu gewährleisten. Dabei sollen auch Landesförderungen und 15a-Vereinbarungen miteinbezogen werden.“
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Wollen wir den Familien, wollen wir den Kindern, wollen wir den Gemeinden etwas Gutes tun, dann müssen wir langfristig und nachhaltig denken und das in eine Wirkungsorientierung bringen und nicht nur einfach Geldzuckerl verteilen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren! (Beifall bei den NEOS.)
12.56
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
betreffend mehr Planungssicherheit beim Ausbau elementarer Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrichtungen
eingebracht im Zuge der Debatte in der 49. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über die Regierungsvorlage (331 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik für die Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22 (355 d.B.) – TOP 2
Im Jahr 2007 wurde von Bund und Ländern erstmals eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG abgeschlossen, die den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungs-angebotes und die Einführung von verpflichtender früher sprachlicher Förderung, sowie die Schaffung eines bundesweiten vorschulischen Bildungsplanes festlegt. 2011 wurde diese Vereinbarung verlängert, um das Barcelona-Ziel der Europäischen Union zu erfüllen, wonach ein Ausbau von Kinderbetreuungsmaßnahmen angestrebt wird, der besonders auf ganztägige, mit der Vollbeschäftigung der Eltern zu vereinbarende Kinderbetreuung abzielt.
Im Jahr 2014 wurde diese Vereinbarung ein weiteres Mal bis 2017 verlängert, ins-gesamt wurden 305 Mio. Euro vom Bund an die Länder zugeschossen. Zudem wurde das Ziel der Vereinbarung umformuliert. Anstatt nur Kinderbetreuung auszubauen, soll „elementare Kinderbildung und -betreuung“ gefördert und die „Bildungs und Betreuungsqualität für Kinder bis zum Schuleintritt“ weiterentwickelt werden. Im Jahr 2017 hätte die 15a Vereinbarung über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebotes neu verhandelt und verlängert werden sollen, um eine Finanzierung zum weiteren Ausbau zu sichern, da die aktuelle Vereinbarung gemäß 15a B-VG mit Ende 2017 ausgelaufen ist.
Mit Ach und Krach ist es der damaligen zuständigen Familienministerin Sophie Karmasin gelungen, eine neuerliche 15a-Vereinbarung für die Laufzeit von einem Jahr abzuschließen, um einen Stopp des Ausbaus von Kinderbetreuungseinrichtungen zu verhindern. Nachdem diese Vereinbarung mit 31.8.2018 ausgelaufen war, die Verhandlungen einer neuen sich aber verzögert haben, konnte beispielsweise die frühe sprachliche Förderung in der Steiermark ab September nicht mehr angeboten werden (Kleine Zeitung, 2.11.2018 https://www.kleinezeitung.at/meinung/5523316/Sprachfoerderung-im-Kindergarten_In-einigen-Kindergaerten-gibt-es). Wenngleich es nun gelungen ist, eine neue 15a Vereinbarung zu verhandeln, zeigt die Verspätung und Verwirrung darum einmal mehr, dass die Bund-Länder-Vereinbarungen nicht das bestmögliche Instrument für eine dauerhafte Finanzierung des Ausbaus und Erhalts von elementaren Kinderbildungs- und -betreuungsangeboten ist. Echte Planungssicherheit sieht anders aus.
Die Finanzausgleichspartner Bund, Länder, Städte- und Gemeindebund haben sich 2016 im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes 2017 dazu entschlossen, im Zuge eines aufgabenorientierten Finanzrahmens die Finanzierung der Elementar-pädagogik treffsicherer zu gestalten und zu reformieren. Man hat sich darauf geeinigt, ein entsprechendes Konzept bis September 2017 auszuarbeiten. Damit geht man auf die schon lange erhobenen Forderungen von Expert_innen ein, die fest-stellen: „Das aktuelle Finanzausgleichsgesetz sieht keine gezielt aufgabenorientierte Verteilung der Ertragsanteile in Bezug auf die Kinderbetreuung vor. Ebenso fehlt ein Bezug zur Wirkungsorientierung. Eine solche verstärkte Aufgaben- bzw. Wirkungs-orientierung wird jedoch von Expertinnen und Experten bereits seit längerem eingefordert und sollte in Hinblick auf die bevorstehenden Finanzausgleichsverhandlungen verstärkt diskutiert werden“ (KDZ, 2015: Aufgabenorientierter Finanzausgleich am Beispiel der Elementarbildung. Modellentwürfe einer aufgabenorientierten Mittelverteilung für die vorschulische Kinderbetreuung, veröffentlicht am 22.10.2015).
Die Einführung eines aufgabenorientierten Finanzrahmens ermöglicht eine effizientere Verteilung der zur Verfügung gestellten Mittel unter Einbezug demographischer, sozioökonomischer und betriebswirtschaftlicher Indikatoren (wie beispielsweise der Bevölkerung der Unter-5Jährigen, oder der Bevölkerungsentwicklung der Bis-5-Jährigen, der Anzahl von Alleinerziehenden, der Anzahl der Kinder mit Bedarf an Sprachförderung, der Schließtage und Öffnungszeiten, der Anzahl der betreuten Kinder, Betriebsausgaben oder Investitionen). Durch die Verankerung von Wirkungszielen und die Koppelung der Verwendung der Gelder an das Erreichen dieser, kann sichergestellt werden, dass jene Gemeinden, die Geld zum Erreichen eines quantifizierbaren Zieles erhalten, dieses auch zweckgebunden dafür einsetzen können.
Gemäß dem Paktum zum FAG 2017 wurde Anfang 2017 eine Arbeitsgruppe zur Konzepterstellung eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs am Beispiel der Elementarpädagogik eingerichtet. Die Arbeitsgruppe blieb jedoch konkrete Ergebnisse schuldig und es finden seit längerem keine weiteren Arbeitssitzungen mehr statt. (vgl. z.B. ORF Salzburg am 8.7.2018: https://salzburg.orf.at/news/stories/2923283/). Die späte Einigung bezüglich der aktuellen 15a-Vereinbarung hat für zusätzliche Unsicherheit auf Seiten der Gemein-den und Länder geführt. Das Zentrum für Verwaltungsforschung schreibt bezugnehmend auf die Neuerungen im FAG 2017 folgendes:
„Eine grundsätzliche Aufgabenreform oder zumindest eine Diskussion zur Gesamtkonzeption der Aufgabenorientierung wurde jedenfalls auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. (...) Es wäre wichtig, den weiteren Reformpfad zu definieren. Ein umfassender Prozess berücksichtigt das Zusammenwirken verschiedener Kompetenz- und Finanzierungsverflechtungen auf allen Gebietskörperschaftsebenen. Beim Beispiel Kinderbetreuung bedeutet dies, dass insbesondere auch die Art. 15a-Vereinbarungen zum Ausbau sowie die Landesförderungen im Kinderbetreuungsbereich in den Gesamtreformprozess einzubeziehen wären. Ergebnis sollte ein Bündeln der laufenden Finanzierungsströme und ergänzende programmatischer Förderungen mit klaren Wirkungszielen sein“.
Im Sinne größtmöglicher Transparenz von Finanzierungsströmen und Planungssicherheit für Gemeinden, die letztendlich für das Zurverfügungstellen von Kinderbetreuungsplätzen zuständig sind, ist daher der eingeschlagene Reformpfad fortzusetzen und darauf hinzuwirken, dass langfristig eine Finanzierung aus einer Hand umgesetzt wird.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, einen aufgabenorientierten Finanzrahmen im Rahmen des Finanzausgleichs umzusetzen, um eine treffsichere und wirkungsorientierte Verwendung der Gelder für den Ausbau und den Erhalt von Kinderbetreuungs- und -bildungseinrichtungen zu gewährleisten. Dabei sollen auch Landesförderungen und 15a-Vereinbarungen miteinbezogen werden.“
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber. – Bitte, Frau Abgeordnete.