15.11

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Barbara Krenn, auch ich gratuliere ganz herzlich zum Antritt der neuen Rolle als ÖVP-Frauensprecherin und freue mich auf die Zusammenarbeit! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben in den letzten 100 Jahren hier in Österreich sehr viel erreicht: das Frauen­wahlrecht, die gesetzlich verankerte Gleichstellung und nicht zuletzt die im Bundes­kanzleramt angesiedelte Gleichbehandlungsanwaltschaft, die auf die Initiative unserer sehr verehrten Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zurückgeht. Heute ist ein gu­ter Tag für die Menschlichkeit: Wir demonstrieren Einigkeit und Zusammenhalt, indem wir überparteilich ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und für Gleichstellung der In­dividuen setzen.

Die Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ wird weltweit genutzt, um das Ausmaß und die verschiedenen Ausprägungen von Gewalt gegen Frauen zu thematisieren – nicht nur die physische, die sexuelle, sondern auch die Gewalt im Internet. Dort, in der digitalen Welt, werden verbalisierte Diskriminierung und Hass immer deutlicher sicht­bar; es war heute schon einige Male die Rede davon. Es gibt glücklicherweise immer mehr Betroffene, die den Mut aufbringen, über das von ihnen Erlebte zu sprechen – Hashtag #MeToo. Die Betroffenen werden aber dennoch oft zu Opfern stilisiert, und das Opfer wird durch ein öffentliches Bekenntnis zur Täterin. Rollenumkehr nennt man das.

#MeToo hat die Notwendigkeit von Anlaufstellen für Betroffene aufgezeigt. Der vorlie­gende Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft verweist auf die erste Anlauf­stelle für Opfer von Hass im Netz in Österreich: Zara – Zivilcourage und Anti-Rassis­mus-Arbeit – unterstützt die Betroffenen und steht im Austausch mit der Gleichbehand­lungsanwaltschaft, fungiert sozusagen als Clearingstelle. Ich möchte dazu ein Zitat von Zara vorlesen: Im Zuge unserer Tätigkeiten als Beratungsstelle finden immer wieder Personen zu uns, insbesondere Frauen bei Cybermobbingfällen, die via Direktnach­richt extremem Hass ausgesetzt sind, sich aber rechtlich nicht dagegen wehren kön­nen. – Zitatende. Auch Sigi Maurer hat bei Zara Unterstützung gefunden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verbale Gewalt, Verleumdung, Ehrenbeleidigung, üb­le Nachrede sind kriminelle Handlungen. Wie einige von Ihnen wissen, bin ich selbst Betroffene. Es wurde von mir erwartet, dass ich mein Mandat zurücklege, ich habe das nicht gemacht – das hat viele Menschen in diesem Land irritiert. In der Folge ist ein massiver Shitstorm über mich hereingebrochen: auf den sozialen Netzwerken, per E-Mail und sogar auf der Straße. (Ruf bei der FPÖ: Na geh!) Eines der vielen Hassmails, die ich bekommen habe, möchte ich nun hier verlesen: „Frau Bißmann. Ich habe noch nie in meinem langen Leben eine so verlogene und unfähige strohdumme Politikerin erlebt. Ich habe vor jeder Prostituierten 100 mal mehr Respekt als vor Ihnen. Sie sind die schamloseste politische Hure seit es Politiker gibt. Schleichen Sie sich“. (Abg. Ro­senkranz: War das ein Sympathisant der Liste Pilz? – Abg. Bösch: War das ein Par­teifreund?)

Ich lasse das jetzt einmal so stehen. Ich müsste damit rechnen, verklagt zu werden, wenn ich den Namen des Absenders öffentlich nenne oder damit vor Gericht ziehe. Ich habe den Namen, der Absender hat mir diese E-Mail mit Klarnamen geschickt, aber ich kann damit nicht vor Gericht gehen, weil der Justiz da die Hände gebunden sind. Die RichterInnen berufen sich auf das gültige Recht. Das Prozessrisiko liegt bei der Klägerin, zudem muss durch zwei weitere Personen nachgewiesen werden, dass der Absender auch wirklich die Nachricht geschrieben hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Machen Sie was!)

Ich lade Sie deshalb ein: Unterstützen Sie im Sinne eines Zeichens, eines starken Sig­nals der Hilfe für Betroffene sexistischer, herabwürdigender Cyberbelästigung partei­übergreifend den eingebrachten Entschließungsantrag betreffend „besseren Schutz von Betroffenen vor sexistischen Onlineübergriffen (Cyberbelästigung)“! Der Antrag steht auf der Tagesordnung der Sitzung des Justizausschusses nächste Woche.

Ich bedanke mich bei meinen Kolleginnen Stephanie Cox, Gabriele Heinisch-Hosek und Pamela Rendi-Wagner für die Unterstützung bei der Einbringung dieses Antrages. Wir hier im Hohen Haus haben die Möglichkeit und die Pflicht, Verbesserungen in der Gesellschaft, im Umgang miteinander voranzutreiben, im Sinne einer respektvolleren Gesellschaft, aber vor allem einer Gesellschaft mit Anstand, denn: „Politik ist der Ort, an dem wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben“, um Herrn Matthias Strolz zu zitieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abge­ordneten Amon, Diesner-Wais und Cox.)

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