16.38

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Innenminis­ter! Vielleicht vorweg einleitend: Herr Kollege Jenewein, ich nehme an, dass die Leute, mit denen Alexander Van der Bellen damals in der entsprechenden Studentenverbin­dung zu tun hatte, andere sind als jetzt. Das ist schon einige Zeit her, es kann sich ja in der politischen Gesinnung inzwischen etwas geändert haben. Das kann möglicherwei­se sein.

Herr Innenminister, Sie haben zwei Dinge angesprochen, die ich ganz spannend fand: einerseits Ihr Plädoyer gegen den Überwachungsstaat und da quasi für eine Verhält­nismäßigkeitsprüfung bei Grund- und Freiheitsrechten. Ich würde mir das in anderen Bereichen von Ihnen auch wünschen, Sie kennen da meine Kritikpunkte, nicht nur in diesem Zusammenhang.

Das Zweite, das ich sehr interessant fand: Sie haben sich die Fragen betreffend sehr oft auf die Amtsverschwiegenheit berufen. Sie wissen auch, dass das ja leider etwas ist, was dem Verfassungsgesetzgeber passiert ist, denn grundsätzlich war es nicht so geplant, dass sich ein Minister gegenüber dem Nationalrat auf die Amtsverschwiegen­heit berufen kann. Nichtsdestotrotz haben Sie recht, bei diesen Fragen wäre jedenfalls der Datenschutz vorgegangen, dementsprechend wäre das einigermaßen schwierig.

Ich glaube, dass wir uns alle einig sind, dass die Situation, vor der wir jetzt stehen, für uns alle nicht nur unangenehm, sondern einigermaßen gefährlich und letztlich vor allem sehr, sehr peinlich ist, dass es sein kann, dass jemand, der – ich sage es jetzt vorsichtig – eine umfassende Nähe zur Neonaziszene, wie auch immer man das genau definieren will, hat, hier als Sicherheitsdienstleister in einem Untersuchungsausschuss tätig ist. Ich halte diese Optik für verheerend.

Ich glaube, dass das insbesondere daran liegt, dass wir uns überlegen sollten, ob das denn überhaupt möglich sein sollte, dass eine private Sicherheitsfirma in diesem Zu­sammenhang im Parlament tätig ist.

Die einschlägigen Rechtsbestimmungen sind schon entsprechend bemüht worden. Ich glaube, dass nach den momentan vorhandenen Rechtsbestimmungen die Überprüfun­gen wahrscheinlich nicht viel anders hätten ausgehen können. Sie haben angespro­chen, dass die Überprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz gar nicht angefragt wurde.

Ich glaube, worüber wir uns grundsätzlich Gedanken machen sollten, ist, ob die derzei­tigen Rechtsbestimmungen – sprich: jene nach dem Waffengesetz, die Bestimmungen nach dem Sicherheitspolizeigesetz oder vielleicht auch bei der Gewerbeordnung – aus­reichend sind. Sie zeigen auf uns als Gesetzgeber: Sie wissen, dass Sie auch als In­nenminister die Möglichkeit haben, die Initiative zu ergreifen – Sie haben es ja auch schon angesprochen. Ich glaube, wir sollten uns alle hier im Parlament zusammen­setzen und überlegen, ob diese Rechtsvorschriften noch zeitgemäß sind beziehungs­weise ob es einfach Notwendigkeiten gibt, sie entsprechend zu ändern.

Was ich grundsätzlich sehr schwierig finde – das ist eine allgemeine Frage, die wir schon sehr oft hier im Hohen Haus diskutiert haben –, ist die Frage der Auslagerung von jenen Aufgaben, die an und für sich der Hoheitsverwaltung obliegen sollten. Es war sehr oft die Freiheitliche Partei, die meinen Kritikpunkt geteilt hat, die sagte, dass dort, wo es um die Ausübung von Polizeibefugnissen oder von etwas, das Polizeibe­fugnissen nahe ist, geht, nicht ausgelagert werden sollte. Wir hatten sehr lange die Dis­kussion über das Schubhaftzentrum Vordernberg. Es war in diesem Zusammenhang leider immer die ÖVP, die gebremst hat.

Die Frage der Privatisierung ist vorhin schon angesprochen worden. An und für sich bin ich ein Freund der Privatisierung und halte sie in ganz, ganz vielen Bereichen für richtig und auch für wichtig, weil ich nicht glaube, dass sich der Staat übermäßig in Unternehmungen einmischen muss. Wo es aber auf gar keinen Fall geht – das ist ge­nau die Problematik, vor der wir nun wieder stehen –, ist dort, wo es wirklich um poli­zeiliche Befugnisse geht.

Das haben wir zum Beispiel beim Schubhaftzentrum Vordernberg, wo wir bis heute eine ungeklärte grundrechtliche Problematik haben. Was ist, wenn dort etwas pas­siert? – Dazu gibt es übrigens einen Bericht und Empfehlungen der Volksanwaltschaft. Es war immer die ÖVP, die da blockiert hat.

Wir haben das nun auch weiterhin in der derzeitigen Situation. Wir haben einen priva­ten Sicherheitsdienstleister, der bei der Überprüfung offensichtlich nicht so vorgeht, wie wir uns das erwarten. Deswegen haben wir nun diese absurde Situation.

Ich appelliere wirklich ganz ehrlich an die FPÖ – das tue ich sehr selten, aber in die­sem Zusammenhang hatten Sie früher vollkommen recht, genauso wie viele andere Parteien hier im Hohen Haus recht hatten; die einzige Partei, die sich da immer ge­wehrt hat, ist die ÖVP –, dass Sie dort, wo es wirklich ganz nah an den hoheitlichen Aufgaben ist, dort, wo Sicherheitsbefugnisse sind, Ihren Koalitionspartner davon über­zeugen. Wie Sie wissen, haben Sie ja gemeinsam in den Koalitionspakt hineinge­schrieben: Wir dürfen uns nicht gegenseitig überstimmen. – Wenn wir hier einfach ei­nen Initiativantrag einbringen würden, hätten wir eine breite Mehrheit. Es liegt also an Ihnen und Ihrer Koalitionstreue. Sie haben offensichtlich nicht den Mumm, das entspre­chend umzusetzen.

Ich halte es für vollkommen gefährlich, Dinge, die an und für sich Polizeibefugnisse sind, auszulagern. In diesem Zusammenhang geht es übrigens nicht nur um das Aus­lagern, denn Sie wissen auch, wir haben seit Ewigkeiten die Situation, dass das Bun­desheer Aufgaben übernimmt, die nicht zum Bundesheer gehören. Das ist der immer weiter verlängerte Assistenzeinsatz, das betrifft auch die Diskussion, ob das Bundes­heer vor Botschaften stehen sollte. Im Übrigen gab es auch schon Personen, die vor­geschlagen haben, dass das Bundesheer zukünftig vor dem Parlament stehen soll.

Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass die Aufgaben, die in Österreich der Poli­zei zustehen, ausschließlich von der Polizei wahrgenommen werden sollen und nicht vom Bundesheer und auch nicht von privaten Sicherheitsdienstleistern übernommen werden sollen, denn dort hat Privatisierung schlichtweg keinen Platz. Das müssen wir gemeinsam schaffen. Liebe FPÖ, überzeugen Sie Ihren Koalitionspartner! An diesem liegt es nämlich, dass das immer noch der Fall ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Zadić. – Bitte.