10.24

Abgeordneter Efgani Dönmez, PMM (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Zwei­felsohne ist ein Altern in Würde unser gemeinsames Ziel; dass man, wenn man pflegebedürftig ist, auch die entsprechende Pflege und Betreuung bekommt. Das steht, glaube ich, außer Frage.

Tauchen wir aber bitte in die Realität ein. Von wem wird die Pflege großteils aus­geführt? – Von Pflegern und Pflegerinnen – primär Pflegerinnen – aus Ungarn, aus Rumänien, aus der Slowakei, aus Tschechien und aus manchen anderen osteuro­päischen Ländern. Wer aber organisiert die Pflege und wer koordiniert die Personen­betreuung meistens? – Das sind Agenturen. Wir haben in Österreich über 800 Agen­turen, die diese Menschen anwerben beziehungsweise keilen.

Wissen Sie, wie das vonstattengeht? – Diese Agenturen haben in den Ländern Keiler, die über persönliche Netzwerke oder über Inserate meist Frauen anwerben. Es gibt dann einen Sammelpunkt, von dem diese Frauen per Bus abgeholt werden. Im Bus werden ihnen Verträge in die Hand gedrückt, die sie nicht verstehen und die sie zu unterschreiben haben. Sie sind offiziell selbstständig, aber viele dieser Agenturen – fast mehr als 50 Prozent – kassieren für diese Frauen von den Personen, die sie zu betreuen haben, den Lohn, führen die Abgaben an die SVA und an das Finanzamt ab und geben den Damen für die fünf bis sechs Wochen, in denen sie durchgehend die Betreuung auszuführen haben, in etwa 1 000 Euro. Das sind pro Tag in etwa 30 Euro, was einem Stundenlohn von 1 bis 2 Euro entspricht. (Abg. Hauser: Das stimmt nicht!)

Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist moderne Sklavenarbeit, und das geschieht tagtäglich. Wir haben gestern zu Recht einen symbolträchtigen Akt gesetzt, mit dem wir gezeigt haben, dass wir gegen Gewalt an Frauen sind. Wir alle haben einen Button bekommen, sind damit herumgelaufen und haben Fotos gemacht. Wenn aber hier die Augen davor verschlossen werden, dass tagtäglich Zigtausende Arbeitnehmerinnen, die von ihren Familien getrennt sind, unter schwierigen Bedingungen Dienst an unseren alten Menschen versehen, diese Betreuung ausführen und dabei ausgebeutet werden, dann ist das für mich ein No-Go. Dagegen müssen wir gemeinsam auftreten, und das müssen wir gemeinsam thematisieren!

Es gibt Musterverträge der Wirtschaftskammer für die Inkassolösung. Diese Inkasso­lösung ist eines der größten Probleme, die wir haben. – Schade, dass die Frau Minis­terin gerade nicht hier ist. (Abg. Kitzmüller: Sie ist hier!) In Anbetracht dieses Prob­lems ist es nämlich wichtig, dass man sich das genau ansieht und dass man auch Qualitätskriterien – welche Personen mit welcher Qualifikation und unter welchen Rahmenbedingungen Personenbetreuung in Österreich durchführen dürfen und können – einführt. (Abg. Gödl: Das ist geplant!)

Es kann nicht sein, dass unsere pflegebedürftigen, betreuungsbedürftigen Menschen von Leuten gepflegt und betreut werden, die ausgebeutet werden und die nicht einmal ein Mindestmaß an Qualifikation mitbringen. Das kann und darf nicht die Zukunft Öster­reichs sein!

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich habe einige Vorschläge zur Reform der Personen­be­treuung bekommen. Ich darf Ihnen das überreichen. Es wäre mir ein großes Anliegen, dass Sie und insbesondere Ihre Mitarbeiter sich das anschauen. Schaut euch das an! Ich bin gerne auch bereit, mich diesbezüglich mit Ihnen und meinen Experten im Hintergrund zusammenzusetzen und diese Frage zu thematisieren, denn es ist wirklich ein großes Thema. Das betrifft über 25 000 PersonenbetreuerInnen in Österreich und auch zahlreiche Agenturen, die leider Gottes meiner Meinung nach nicht die erforder­lichen Qualitätsvoraussetzungen mitbringen. Das ist ein großer Graubereich, und das gehört abgedreht! Ich glaube aber, dass das bei Ihnen in guten Händen ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Der Redner überreicht Bundesministerin Hartinger-Klein ein Schriftstück.)

10.29