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Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Die Frau Bundesministerin ist gerade leider nicht hier. Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger! Die Europäische Union hat seit dem Beitritt für Österreich eine positive Handelsbilanz gebracht, dennoch haben aber seit dem EU-Beitritt Österreichs über 25 Prozent unserer landwirtschaftlichen Betriebe den Betrieb eingestellt. In Zahlen sind das über 70 000 Wirtschaftsbetriebe.

Die Ursachen sind zahlreich: Eine davon ist der Verfall von Milch- und Fleischpreisen. Unsere Produkte sind nichts mehr wert, wir leben nur noch von EU-Subventionen, hören wir unsere leidgeprüften Landwirte und Landwirtinnen klagen. Erfreulicherweise haben sich die Milch- und Fleischpreise aber in den letzten Jahren, wie dem Grünen Bericht zu entnehmen ist, wieder erholt. Nach vielen Jahren der Durststrecke dürfen sich unsere Bauern, die wahrlich unseren allergrößten Respekt verdienen (Ruf bei der ÖVP: Danke!), endlich wieder über Verdienstzuwächse freuen, und wir freuen uns mit ihnen.

Doch während die einen Grund zum Jubeln haben, verlieren andere ganze Ernte­erträge. Wir haben von der katastrophalen Kartoffelernte in diesem Jahr gehört, und bis zu 25 Prozent der Rübenernte wurde durch den Rübenrüsselkäfer vernichtet. Bei den Biorüben sind es sogar bis zu 90 Prozent Ernteausfall. Auch da ist der Klima­wandel als Ursache auszumachen, durch den viel zu warmen Winter sind zu wenige Schädlinge abgefroren, und im Frühling vermehren sie sich wie wild. Fazit: Die von Ernteschäden betroffene Fläche vergrößerte sich in Österreich in einem einzigen Jahr von 700 auf unglaubliche 12 000 Hektar. Um diesen Schaden zu kompensieren, grei­fen viele Landwirte reflexartig zur chemischen Keule.

Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass es in Nordamerika bereits Landstriche, die größer als Österreich sind und mit chemieresistentem Unkraut bewachsen sind, gibt. Da hilft dann gar nichts mehr. Es kann nicht sein, dass der Griff zur chemischen Keule unsere einzige Option darstellt.

Ein weiterer Aspekt ist die Monokultur. Wir wissen, dass die Herausbildung von Plagen biblischen Ausmaßes von Monokulturen gefördert wird. Wir sehen das etwa bei Fich­tenmonokulturen, die sind ein wahres Eldorado für den Buchdruckerschädling. Ganze Wälder werden dadurch gerodet, auch die Schutzwälder, die unsere Straßen vor Hangrutschen und Muren schützen. Der volkswirtschaftliche Schaden beschränkt sich nicht nur auf die Bauern. Wer erinnert sich noch an Galtür?

Geschätzte Damen und Herren, wir brauchen endlich ein Gegenmittel, und da kann die Technik Abhilfe schaffen. Die Technik muss und wird Abhilfe schaffen: Hightech auch in der Landwirtschaft. Biologische Landwirtschaft ist wichtig, reicht aber im Kampf gegen die Schädlinge einfach nicht aus.

Laut Grünem Bericht stieg das Forschungsvolumen und mit ihm die technische Inno­vation in diesem Bereich in den letzten Jahren erfreulicherweise an. Genau so, wie die Regierung goldrichtig in den Ausbau des Breitbandnetzwerks und in die Digitalisie­rung investiert und Vorzeigeforschungsprojekte in der Landwirtschaft wie den digitalen Bauernhof aus der Taufe hebt, müssen wir endlich auch in greifbare Alternativen zur Chemie investieren. Der Einsatz von Pestiziden soll dann nur mehr in Akutsituationen als Notlösung betrieben werden und nicht mehr als Dauerlösung, weil unsere Böden dadurch einfach kaputtgehen.

Großbetriebe wie Monsanto – heute Bayer – rotten mit Giften wichtige Insekten aus, wie zum Beispiel unsere Bienen. Anstatt diese Gifte zu verwenden, eilen wir doch unseren Landwirten zu Hilfe, indem wir an einer Agrarforschungsmilliarde arbeiten! Das ist eine ganz neue Idee, die ich hier erstmalig ventiliere. Eine Agrarforschungs­milliarde könnte dazu beitragen, eine sinnvolle Alternative zur chemischen Keule zu finden und eine Transformation zu einer nachhaltigen, ökologischen und klimafreund­lichen Landwirtschaft zu vollziehen. Ich hoffe, diese Idee stößt bei Ihnen auf Interesse, ich werde diesbezüglich Einzelgespräche führen. Ich hoffe, es kommt auch zu einer entsprechenden Ausschussbehandlung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Abg. Bißmann reicht Bundesministerin Köstinger die Hand.)

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