17.17

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte jetzt in einigen Beispielen im Bereich der Forschung, Technologie und Innovation die Arbeit der Regierung loben, aber Sie haben gerade das Beispiel der Jasager gebracht. Deswegen gestatten Sie mir, dass ich ein eher kritisches Feedback gebe. Da muss ich meine Rede etwas abändern und andere Schwerpunkte setzen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Was wir alle sagen könnten, das haben wir auch mehrfach diskutiert: Wir haben im Bereich der Ausgaben für Forschung und Entwicklung europaweit ordentlich zugelegt, wir sind inzwischen die Nummer zwei. Es hat sich sehr, sehr viel getan, es hat spannende Projekte gegeben, aber wir brauchen uns nicht anzulügen, es ist wirklich noch jede Menge zu tun.

Ein zentraler Satz ist heute von Kollegin Niss gekommen, bei dem ich ihr zu 100 000 Pro­zent zustimme: Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie – vor dem Hintergrund der Digitalisierung, die die Art und Weise, wie wir leben, wie wir arbeiten, dramatisch ver­ändern wird. Da werden wir dann alle wieder hören – auch in öffentlichen Debatten –, dass es große Chancen, aber auch große Gefahren gibt. Wir können das, glaube ich, zuspitzen: Wenn wir in Österreich etwas tun, wenn wir ordentlich Gas geben und den richtigen Weg beschreiten, dann wird es für Österreich gut ausgehen, und wenn wir das nicht machen, dann wird nichts weitergehen.

Wenn wir es jetzt miteinander durchgehen, quer durch alle Bereiche – das macht es ja so spannend –, sehen wir, dass sich die Frage stellt, wie denn diese ganzheitliche Strategie ausschaut, wenn wir sozusagen glauben, dass wir im Bereich Innovation Weltmeister werden, dass wir alle in einem schnellen Boot unterwegs sind? – In der Regierung weiß ich nicht ganz genau, wer da navigiert, aber Herr Minister Hofer rudert einmal kräftig im Bereich der angewandten Forschungsförderung, da tut sich einiges, da werden viele positive Programme auch fortgesetzt, dieser Weg ist durchaus in Ordnung. Es gibt aber auch noch andere Kolleginnen und Kollegen, bei denen man sagen muss, Digitalisierung ist eben ein ganzheitliches Thema.

Gehen wir die Bereiche jetzt durch. Wir wissen alle, dass es Menschen und Berufs­gruppen geben wird, die von der Digitalisierung ganz hart getroffen werden, die unter Umständen keine Tätigkeit mehr haben oder deren Arbeitsplätze in Zukunft wegfallen werden. Die Frage ist: Was machen wir denn mit diesen Menschen? Sagen wir der 57-jährigen Frau: Schau, was aus dir wird, kümmere dich um dein eigenes Leben, schau, was du in Zukunft weiter machst!, oder gibt es eben Maßnahmen wie die Aktion 20 000? – Die ist aber gerade abgeschafft worden; ist das dann eine Antwort auf ältere Men­schen?

Jetzt wissen wir alle, der Bereich der Weiterbildung wird wichtiger werden. Diese 57-jährige Dame, die vielleicht im Verkauf gearbeitet hat, wird nicht innerhalb von drei Jahren auf einmal eine IT-Expertin werden. Wo ist denn der Bereich der Weiter­bildung?

Das sind doch alles zentrale Punkte. Das betrifft den Bildungsbereich, den Sozial­bereich, den Gesundheitsbereich, die gesamte Wirtschaftspolitik. Man merkt, dass da einiges zusammenspielen muss. Ich habe mich gefreut, das war der positive Punkt, dass wir in Österreich, zumindest auf dem Papier, eine Digitalisierungsministerin haben. Das Schlimme ist nur, sie macht Stückwerk, sie redet ein bisschen von Inter­netkursen, die ihr superwichtig sind, sie macht weiterhin ein bisschen die Wirt­schafts­förderung, aber die gesamte ganzheitliche Strategie fehlt bei Kollegin Schramböck vollständig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Gamon und Griss.)

Kollegin Schramböck war diejenige, die im Rahmen ihres Budgets, sozusagen bei den Kriterien, die sie sich vorgenommen hat, zum Beispiel gesagt hat: Wir haben eigentlich schon zu viele Start-ups, wir müssen eher schauen, dass wir uns stabilisieren; da streichen wir weg, dass wir mehr haben wollen. Der Bereich der angewandten Forschungsförderung, vor allem für die KMUs, ist gerade gesunken, da geben wir weniger aus. – Das heißt, die großen Unternehmen, die es ohnehin können, unter­stützen wir, bei den kleinen machen wir gar nichts mehr. Das sind alles Dinge, die nicht zusammenpassen.

Der wichtigste Punkt ist – wir kennen alle diese politischen Sonntagsreden –: Wir haben in Österreich kein Erdöl, wir haben keine Diamanten, sondern das Alleraller­wichtigste sind die Talente von jungen Menschen. Was passiert aber in diesem Bereich? – Die allerwichtigste Frage im Bereich der Bildungspolitik ist die Frage, ob wir Ziffernnoten in der Volksschule kriegen oder nicht. Da sind wir doch meilenweit von der Realität, von einer Schule, in der die Eltern, die Lehrer, die Schülerinnen und Schüler alle eine Freude haben, von einer Schule, in der es keine Nachhilfe gibt, entfernt! Das sind doch die Herausforderungen, die wir haben!

Oder dass man auf der Uni zum Beispiel Studienplätze streicht, dass auf einmal Studienplätze an den Universitäten wegfallen; dass sich im Bereich Ausbau der Fachhochschulen gar nichts tut; dass man junge, fleißige Menschen, die arbeiten müs­sen, damit sie sich ihr Studium überhaupt leisten können, mit zusätzlichen Studien­gebühren bestraft, das ist doch leistungsfeindlich; dass man junge Talente dann abhält, dass auf einmal die Geldbörse entscheidet und nicht mehr das, was man sozusagen im Kopf hat und persönlich bewegen möchte (Beifall bei der SPÖ) – das sind doch die Punkte, bei denen sich zeigt: Digitalisierung und Innovation sind eben deutlich, deutlich mehr!

Diese Bereiche könnte man, glaube ich, auch deutlich fortsetzen. Es gibt dann Be­reiche wie die Grundlagenforschung, in denen wir wirklich mehr machen müssen. Jetzt können wir alle, sozusagen quer durch die Ausschüsse, diskutieren: Das ist eine zentrale Säule, da geht es um junge Forscherinnen und Forscher, die in Österreich die besten Chancen haben sollten. Was in anderen Bereichen in Österreich funktioniert, das muss doch auch da möglich sein! Kickl bekommt seine Polizeipferde, weil sie ihm so wichtig sind. Da muss es doch wohl möglich sein, dass die jungen Menschen, die forschen wollen, in Österreich auch die entsprechenden Rahmenbedingungen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist also eine Frage des politischen Willens und der Machbarkeit. Es ist jetzt eine Zeit der Hochkonjunktur: Wenn man es jetzt nicht macht, dann will man es nicht machen! Es ist, glaube ich, dringend notwendig, dass wir ordentlich Gas geben und diese Bereiche auch geregelt kriegen. Ganzheitliche Strategie heißt eben, dass Digi­talisierung deutlich mehr ist als die klassische angewandte Forschungsförderung und dass alle Regierungsmitglieder ihre Arbeit machen müssten. Davon sind wir leider noch deutlich entfernt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.22

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.