11.39

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer!

Es wird Sie nicht verwundern, dass unsere Bilanz von einem Jahr Regierung, einem Jahr wieder Schwarz-Blau anders ausfällt als die Bilanz, die der Herr Bundeskanzler oder auch der Klubobmann der FPÖ hier präsentiert haben; wiewohl das eigentlich keine Bilanz war, die Sie präsentiert haben, sondern eine persönliche Abrechnung mit der SPÖ. Das könnten Sie eigentlich auch im Pausenhof machen. (Abg. Rosenkranz: Kein Neid, dass ich Sie nicht erwähnt habe! Kommt beim nächsten Mal! – Abg. Gudenus: Das ist auch eine Bilanz!)

Ich glaube, dass dieses Regierungsprogramm über weite Strecken auf Populismus aufgebaut ist. Das sieht man, wenn man jeden Tag die Zeitungen aufmacht und die Schlagzeilen anschaut. Das sieht man an der Art und Weise, wie Sie Politik machen, und das hat man heute auch – und darauf werde ich noch zu sprechen kommen – vor allem bei der Wortmeldung von Herrn Klubobmann Wöginger sehr, sehr deutlich gemerkt. (Abg. Wöginger: Was hat Ihnen nicht gepasst?)

Sie haben völlig recht, Sie sind hier angetreten und haben gesagt: Veränderung, Reformen! (Abg. Wöginger: Ja, genau!) In Wahrheit ist die Bilanz aber sehr mager (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger) – und das wissen Sie –, sehr, sehr mager! Sie haben sich heute hier wiederum mit fremden Federn geschmückt – und auch das wissen Sie. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und JETZT. – Widerspruch bei der FPÖ.)

Dass die Arbeitslosigkeit niedrig ist, dass die Einnahmen sprudeln und dass damit sozusagen auch der Grundstock für ein mögliches Nulldefizit gelegt worden ist, das ist nicht Ihr Verdienst. (Heiterkeit und Widerspruch bei der ÖVP.) Das wissen Sie, das ist primär der Verdienst der Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich, der Unternehmerinnen und Unternehmer, die Jobs schaffen, die Wertschöpfung schaffen (Beifall bei den NEOS – Zwischenrufe bei der ÖVP) – auch aufgrund von Maßnahmen, die nicht in Ihrer Regierungsbilanz zu finden sind. (Abg. Rosenkranz: Das passt jetzt mit dem Rossmann nicht wirklich zusammen!) Folgendes ist auch eine Aussage, die im Zuge der Budgetsitzungen getätigt wurde: Auch ein Hydrant hätte dieses Budget machen können! – und auch das wissen Sie. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ. – Widerspruch bei ÖVP und FPÖ.)

Sie haben einige Reformen auf den Weg gebracht – das ist durchaus richtig –, ein paar wurden nur angekündigt – auch dazu werde ich noch sprechen –, einige stehen ja diese Woche noch zur Diskussion. Etwas, das sich durchzieht – und da gebe ich Kolle­gen Leichtfried schon recht –, ist, dass es eine Missachtung des Parlamentarismus war (Abg. Wöginger: Ah geh!), und zwar mit kurzen Begutachtungen und dem Motto: Wir fahren über Expertinnen und Experten drüber, wir reden nicht mit der Opposition! – Das ist eine Abgehobenheit par excellence, die in ganz vielen Bereichen dazu geführt hat, dass Sie schlechte Gesetze vorlegen, schlechte Gesetze, die zu Rechts­unsicher­heit führen. Das geschah zum Beispiel beim 12-Stunden-Tag, bei der Arbeitszeit­flexibilisierung, die wir immer begrüßt und eingefordert haben, weil die Flexibilisierung von Arbeitnehmerseite und Unternehmerseite gefordert wird. Was Sie auf den Tisch gelegt haben, hat aber zu Rechtsunsicherheit geführt – und das wissen Sie. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Rossmann und Steger.)

Das Zweite, was wir gesehen haben – das werden wir die Woche noch diskutieren und da gebe ich Kollegen Rossmann völlig recht –: Umfärben ist keine Reform! Wenn es sozusagen heißt: Rote Funktionäre raus! – (in die Hände klatschend) mag sein, dass man dafür in den eigenen Reihen Beifall kriegt –, und dann: Türkise und Blaue hinein!, ist das bei Weitem keine Reform. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Das ist aber etwas, das sich wie ein türkis-blauer Faden durch die letzten Monate durchzieht: Par­tei­politik, Machtpolitik par excellence. Es war nicht besser unter der SPÖ, aber es ist jetzt unter Ihnen auch nicht besser. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Wöginger: Mit Ihnen werden wir es noch erfahren! – Ruf bei der FPÖ: Blendendes Wortspiel!)

Scheinaktivität, rasender Stillstand möchte ich das nennen. Wir bekommen Woche für Woche Problemaufsätze, Punktationen in den Ministerrat. (Abg. Rosenkranz: Da hat die Opposition nichts zu tun!) Problemaufriss ist – wir werden morgen das Thema Bildung und Schule diskutieren – sozusagen immer ein Teil der Aufgabenstellung bei Aufsätzen in der Schule, da muss ich sagen: Note sehr gut. Das Problem haben Sie sehr oft erkannt, zum Beispiel im Pflegebereich oder in anderen Bereichen, aber die Lösungen haben Sie nicht auf den Tisch gelegt. (Abg. Wöginger: Die kommen!) Die Lösungen haben Sie nicht auf den Tisch gelegt.

Hören Sie auf, die Menschen mit Punktationen für blöd zu verkaufen (Abg. Wöginger: Jetzt geht es wieder zu langsam!), und bringen Sie endlich echte Lösungen! Das wäre wesentlich. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von JETZT. – Widerspruch bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Nebelgranaten produzieren Sie zugunsten von Schlagzeilen. Wenn man dann wirklich konstruktive Gegenvorschläge macht und sagt, bringen wir es gemeinsam in die Umsetzung (Abg. Wöginger: Erst zu schnell, dann zu langsam!), dann sind Sie nicht mehr dabei, weil das ja Ihren populistischen Zugang und den Zugang zur Schlagzeile in irgendeiner Form gefährden könnte. (Abg. Wöginger: Bäume umarmen können wir noch nicht!)

Schauen wir einmal auf die Aussage, die immer wieder getätigt wurde: Österreich hat ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem. Wir wissen, dass bei all diesen Dingen, die angegangen wurden – und es sind wenige –, nichts wirklich Budgetwirk­sames passiert ist; es ist ausgabenseitig keine echte Reform auf den Weg gebracht worden. Wo sind die großen Zukunftsfragen, die Ihnen jeder nennen kann? Auch die Europäische Kommission weist immer wieder zu Recht darauf hin, dass wir bei­spielsweise endlich für generationengerechte Pensionen sorgen müssen.

Das greifen Sie nicht an, weil das ja wieder Ihr eigenes Klientel beträfe. Das passt nicht zum Populismus. Apropos Populismus – mir geht leider die Redezeit aus, denn ich könnte noch viel dazu sagen (Abg. Wöginger: Wir aber auch!) –: Was ich gesehen habe, ist, dass Sie Nationalismus und Populismus die Tür geöffnet haben. Rasen, Rauchen und Rassismus – die Politik der FPÖ ist salonfähig geworden. (Beifall bei NEOS und JETZT sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist Ihr Verdienst, Sie haben die Tür zu diesen Positionen geöffnet und machen sie salonfähig. Das ist wirklich ein schwerer, schwerer Fehler, denn damit spalten Sie die Gesellschaft. (Abg. Wöginger: Das war jetzt nicht Populismus?!)

Herr Kollege Wöginger, Sie haben vorher, finde ich, sehr schön dargelegt, worum es Ihnen geht. Es geht Ihnen quasi darum: Unser Geld für unsere Leut‘! – Das ist jetzt offensichtlich auch in der ÖVP angekommen, die christlich-sozialen Wurzeln wurden komplett ausgerissen. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte.

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Ja, der Schlusssatz: Wir haben einen Rechtsstaat. Der Rechtsstaat sieht vor, wenn es eine Mindestsiche­rung gibt, dass die auch alle bekommen. Dieses Ausspielen von Mindestpen­sionistIn­nen und Asylberechtigten ist einfach nur billig und populistisch. Schämen Sie sich! (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT. – Abg. Wöginger: Liberales Forum oder Wirt­schaft? – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Das ist die Wahrheit!)

11.44

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.