16.01

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Wir behandeln heute mit diesem Dringlichen Antrag ein Thema, das man aus zwei Perspektiven betrachten kann, zum einen aus jener der Steuerthematik und zum anderen aus jener der wohnpolitischen Problematik. Warum? – Weil mit dem Antrag für den Wegfall der Umsatzsteuer auf Vermietung von Wohnungen das Wohnen günstiger werden soll.

Herr Staatssekretär DDr. Fuchs hat dankenswerterweise schon sehr ausführlich den steuerlichen Aspekt besprochen. Die Forderung des Antrages zielt ja jetzt auf eine echte Steuerbefreiung ab, das heißt, der Vorsteuerabzug soll aufrechtbleiben. Wie wir gehört haben, ist dieser Antrag in der Umsetzung unionssteuerrechtlich nicht möglich, da die Mehrwertsteuerrichtlinie keine echte Befreiung in diesem Bereich erlaubt. Es ist vom Herrn Staatssekretär bereits angesprochen worden (Zwischenruf des Abg. Drozda), dass wir mit diesen 10 Prozent bereits eine österreichische Sonderregelung geschaffen haben. Wenn dieser Antrag auf eine unechte Steuerbefreiung abzielt, ist es klar, dass es letztendlich zu einer Verteuerung der Mieten kommen würde, weil die Errich­tungskosten von Wohnraum entsprechend höher sein werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, irritiert hat mich bei Frau Klubobfrau Rendi-Wagner, dass sie Kitzbühel als Beispiel für die Entwicklung der Wohnkosten genannt hat. (Ruf bei der FPÖ: Weil sie keine Ahnung hat!) Das ist für mich neu. Mich interessiert insbesondere die Entwicklung der Wohnkosten zum Beispiel in Steyr, in Mödling oder in Villach. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Seit rund zehn Jahren kenne ich die Vorstellungen und die Forderungen der SPÖ zum Thema Wohnen. Mir ist nicht bekannt, dass in all diesen Jahren je die Forderung nach einem Entfall der Umsatzsteuer für das Wohnen aufgestellt wurde, und ich frage mich, warum. (Ah-Ruf bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und JETZT.) – Ich gehe davon aus, dass die SPÖ natürlich die fachliche Bewertung, die Staatssekretär DDr. Fuchs gebracht hat, kannte und daher aus gutem Grund diesen Vorschlag nicht einbrachte. (Abg. Wittmann: Weil jetzt die Mieten gestiegen sind!) – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, weil gerade ein Zwischenruf kam, dass jetzt die Mieten gestiegen sind: Auch das ist mir neu, weil die SPÖ dieses Thema schon über viele Jahre behandelt hat und immer wieder das Argument der steigenden Mieten brachte. (Ruf bei der SPÖ: Steuer bei Mieten war immer ein Thema!) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, in diesen zehn Jahren hätte der jeweilige SPÖ-Bundeskanzler längst diese Verhandlung mit der EU führen können (Abg. Schieder: Sie waren dagegen! Sie waren Finanzminister!), die Sie jetzt von der aktuellen Bundesregierung einfordern. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich frage mich schon, wie ernst dieser jetzige Vorschlag gemeint ist, wenn man die eigenen Möglichkeiten der Vergangenheit nicht genutzt hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Wittmann: Die Finanzminister waren immer von der ÖVP! – Abg. Wöginger: Na Gott sei Dank, sonst wär eh nix mehr da!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen (Abg. Wittmann: Das war immer wieder ein ÖVP-Minister!), dass es in Österreich beim Thema Wohnen viele Zuständigkeiten gibt (Ruf bei der SPÖ: Auch der Länder!), insbesondere natürlich auch die der Länder. Ich frage mich: Wie agiert die SPÖ in ihrem Wirkungsbereich, wie hat sie agiert? – Einige Beispiele: Wie schaut es mit der Abdeckung der Nachfrage nach Wohnraum in Wien aus? – Zu wenig Wohnraum führt natürlich zu teureren Wohnungen. Da kann sich die SPÖ entscheidend einbringen. Ein Aspekt wäre zum Beispiel, zu schauen, dass es zu einer verkürzten Verfahrensdauer in der Bauordnung oder Raumordnung kommt. Es muss im Vordergrund stehen, den Bedarf zu decken. Oder: Wie verhält sich Wien beim Thema Betriebskosten? – Es gibt immer wieder eklatante Erhöhungen der Wasser- und Kanalgebühren! Auch da könnte die SPÖ einen wesentlichen Beitrag zu mehr Leistbarkeit erbringen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Ruf bei der FPÖ: Gebüh­renhaie! – Abg. Schieder: Billiger als in allen anderen Ländern! – Ruf: Besserwisser! – Abg. Wittmann: Ahnungslos!)

Vor wenigen Wochen diskutierten wir den Bericht des Rechnungshofes über die Prüfung der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft Gesiba, einer Gesellschaft, die zu fast 100 Prozent der Gemeinde Wien gehört. Siehe da, der Rechnungshof fordert die Gesiba auf, mehr für leistbares Wohnen zu tun. Auch die soziale Treffsicherheit im Gemeindebau darf in diesem Zusammenhang angesprochen werden. Meiner Meinung nach ist das ein reiches Betätigungsfeld der SPÖ, um zu mehr leistbarem Wohnraum zu kommen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Der Herr Staatssekretär hat in seinem Statement auch die Entlastung kleiner und mitt­lerer Einkommen angesprochen. (Abg. Leichtfried: Ja, das Statement vom Staats­sekretär ...!) Er hat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der laufenden Vorbereitung der Steuerentlastungsreform eine breite und nachhaltige Entlastung der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen in erster Linie durch die Absenkung der unteren drei Tarifstufen sowie durch eine Abflachung der Sozialversicherungsbeiträge erwirkt werden soll. Er führt aus, dass auch im Bereich Wohnen steuerliche Anreize geprüft werden. Ich freue mich sehr, dass er insbesondere auf die Attraktivierung des Miet­kaufmodells mit der Kürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes hingewiesen hat. (Abg. Schieder: Ja, über Steuern!)

Als Bautensprecher möchte ich mir noch den wohnungspolitischen Blickwinkel anschauen. Lassen Sie mich kurz ausholen: Der Grund, warum wir in den letzten Jahren mit steigenden Mietpreisen konfrontiert waren, liegt vor allem darin, dass zu wenig gebaut wurde und noch immer zu wenig gebaut wird.

Die Nachfrage nach Wohnraum steigt, das Angebot kommt mit der steigenden Nach­frage nicht mit. Steuerliche Anreize sind eine Möglichkeit, wie wir den Wohnbau weiter ankurbeln könnten. Im Regierungsprogramm finden wir mehrere steuerliche Anreize zum Beispiel für Neubau und Sanierung. Übrigens: Selbst die deutsche Regierung mit SPD-Finanzminister Olaf Scholz hat im September 2018 steuerliche Anreize für den Neubau günstiger Mietwohnungen beschlossen. Wir sind also zum Beispiel von den Forderungen der SPD in Deutschland nicht so weit weg.

Viele Punkte im Regierungsprogramm betreffen das Wohnrecht. In der Öffentlichkeit wird fast ausschließlich das Mietrecht diskutiert. Dabei darf man nicht vergessen, dass rund 600 000 Wohnungen in Österreich Wohnungen sind, die von Gemeinnützigen errichtet werden. Die Wohnungsgemeinnützigkeit ist eine wichtige Säule der österreichischen Wohnungswirtschaft. Sie hat einen bedeutenden Anteil daran, dass man in einem so wohlhabenden Land wie Österreich vergleichsweise – und das be­weisen internationale Studien – noch immer günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen kann. Selbstverständlich wollen wir, dass das auch so bleibt. Mit der Novelle zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz werden wir die Gemeinnützigkeit stärken. Inhaltlich haben wir das Thema bereits im Hohen Haus diskutiert.

Wir werden uns, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, natürlich auch dem Miet­recht widmen. Dabei haben wir einerseits Maßnahmen vereinbart, die wir noch im bestehenden Mietrecht umsetzen werden, und andererseits solche, für die es realisti­scherweise mehr Zeit braucht.

Wichtig ist uns jedenfalls das Miteinander von Mietern und Vermietern. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, diese Bundesregierung hat sich im Bereich Wohnen viel vorgenommen. Wir wollen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht und dass Wohnraum leistbar bleibt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

16.10

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Brückl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.