16.16

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wurde bereits zu Recht ausgeführt, dass auf euro­parechtlicher Ebene für Immobilienvermietung grundsätzlich das System der unechten Umsatzsteuerbefreiung gilt und dass die Österreicher es sich herausver­handelt haben, das Modell so beizubehalten, wie wir es heute kennen.

Was aber, glaube ich, in der Debatte noch nicht ausgeführt worden ist: Wer hat denn dieses System eingeführt, so wie wir es heute kennen, mit 20 Prozent Vorsteuerabzug und 10 Prozent Mehrwertsteuer? – Das war Bruno Kreisky, der die Idee hatte, das so zu machen. Bruno Kreisky wollte damit die Bautätigkeit stärken und die Mieten senken.

Kreisky war ja nicht in allem ein echter Sozi, also manche Dinge hat er verstanden, nämlich zum Beispiel: Wenn man 20 Prozent Vorsteuerabzug hat und 10 Prozent draufschlägt, ist es am Schluss weniger teuer. Da haben alle etwas davon. Er hat auch verstanden, dass Bautätigkeit nicht nur öffentliche Bautätigkeit sein kann, sondern eben auch private, und er wollte die damit ankurbeln. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Das hat Sinn ergeben. Wenn wir jetzt diese unechte Befreiung gehabt hätten, hätte das 20 Prozent Mehrkosten für den, der das Gebäude errichtet und vermietet, bedeutet, und der, der es mietet, kann es nicht abziehen. Natürlich werden – wenn wir jetzt nicht gerade im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes sind – solche Mehrkosten auch an die Mieter weitergegeben, und am Schluss wäre es teurer, als es vorher war.

Diese unechte Umsatzsteuerbefreiung für das Mieten gibt es aber in einem kleinen Rechtsbereich in Österreich schon, nämlich in der Geschäftsraummiete dann, wenn der Mieter selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das heißt, wenn ein Arzt der Mieter ist, wenn eine Versicherung der Mieter ist, wenn eine Körperschaft öffentlichen Rechts, also beispielsweise eine Gemeinde, der Mieter ist, dann gilt dieses System der unechten Befreiung, und zwar seit 2012, zwingend. Das hat genau den Verteue­rungsfaktor in dieses kleine Segment gebracht und gehört wieder heraus. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein: 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unechte USt-Befreiung Geschäftsraummiete“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche die bürokratische und nicht zweckmäßige unechte Umsatzsteuerbefreiung für Ge­schäfts­raumvermietung an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter zurücknimmt.“

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Dann gibt es da noch ein anderes Unwesen im österreichischen Mietrecht, hinsichtlich dessen man auch ohne großen Aufwand etwas zur Verbesserung der Mietsituation beitragen könnte, und das betrifft den Mietadel. Die verschiedenen Sonderregelungen und Überregulierungen und die in Verbindung damit großzügigen Eintrittsrechte in Mietverträge sorgen dafür, dass die Klasse der Besitzenden günstigere Mieten hat. Man kann sich das anschauen: Je länger ein Mietvertrag läuft, je länger er schon besteht, umso niedriger ist im Schnitt die Miete pro Quadratmeter. Wenn es solche Eintrittsrechte gibt, wenn also Verträge an Kinder, Enkelkinder weitergegeben werden können, dann können solche günstigen Verträge quasi in der Familie weitergegeben werden. Wer neu auf den Mietmarkt tritt – und neu auf den Mietmarkt treten eben die Jungen, die irgendwo anders hinziehen, Jungfamilien, die auf einmal größer geworden sind, wenn Nachwuchs kommt, und eine neue Wohnung brauchen –, hat den Nachteil, dass er von dem Vorteil der Weitergabe nicht profitieren kann und teurere Verträge abschließen muss.

Genau das wäre auch passiert, wenn man jetzt die Umsatzsteuer abgeschafft hätte. Es hätten nämlich die profitiert, die jetzt einen Vertrag haben. Denen wäre die Umsatz­steuer weggefallen, und für jemanden, der neu vermietet, wäre die Marktmiete zur Anwendung gekommen. Die spielt sich dann halt eben brutto ab, denn der privat nachfragende Mieter muss eben das zahlen, was er zahlen muss. Ob da eine Steuer drauf ist oder nicht, ist ihm im Grunde wurscht, bei ihm geht jeden Monat etwas weg vom Konto. Daher wäre eigentlich dann nach Ihrem Modell wieder die Klasse der Besitzenden, die mit den alten Verträgen, die begünstigte gewesen, und die neuen Mieter hätten wieder mindestens gleich viel bezahlt wie zuvor.

Dann ist noch vorhin von Kollegen Brückl zu Recht auf die Betriebskosten hingewiesen worden: Wasser, Müll, Kanal, in Wien auch Fernwärme. Das sind Bereiche, in denen sich die öffentliche Hand ein bisschen bedient. Die Mietervereinigung – um jemand Unverdächtigen zu nennen – hat 2016 erhoben, wie hoch die Preissteigerungen in Wien waren; in diesem Bereich, bei den Betriebskosten, lagen sie bei 4 Prozent. 2016 – zur Erinnerung – lag die Inflation bei 0,9 Prozent. Was die öffentliche Hand also tun kann, um Mieten günstig zu halten, liegt zumindest im Reich der Stadt Wien schon auch ganz stark im Einflussbereich Ihrer Parteikolleginnen und -kollegen.

Dann gibt es noch ein ganz kleines Element im Versicherungsbereich, das sich der Herr Staatssekretär einmal anschauen könnte – es ist wirklich ein kleines Element. Die Versicherungen, beispielsweise eine Haushaltsversicherung, haben den normalen Ver­siche­rungssteuersatz von 11 Prozent. Viele andere Bereiche – eine private Lebens­versicherung, eine private Krankenversicherung – haben begünstigte Steuersätze. Da­von hätten die Menschen wirklich etwas, wenn man die Steuersätze auf solche Haus­haltsversicherungen, die wirklich jeder braucht, senken würde. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Unechte USt-Befreiung Geschäftsraummiete

eingebracht im Zuge der Debatte in der 53. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag der Abg. Dr. Pamela Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen

Die Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten ist unecht umsatzsteuerbefreit. Der Ver­mieter kann über den Gesamtbetrag der eingehobenen Miete verfügen und muss nicht einen Teil an den Fiskus abliefern. Allerdings verliert der Vermieter dadurch seinen Vorsteuerabzug. Dieser Nachteil kann vermieden werden, wenn der Vermieter eine Option zur Steuerpflicht ausübt und in der Rechnung an den Mieter 20% Umsatzsteuer ausweist. Im Gegensatz zur Vermietung für Wohnzwecke unterliegt eine der Umsatz­steuer unterworfene Geschäftsraumvermietung nämlich dem Normalsteuersatz von 20%. Diese Option zur Steuerpflicht (ebenso die Rückkehr zur "unechten“ Steuer­befreiung) kann der Vermieter für jedes Bestandobjekt getrennt und in jedem Voran­mel­dungszeitraum vornehmen. Die Geschäftsraum-vermietung muss nicht durchge­hend das gesamte Jahr steuerfrei oder steuerpflichtig behandelt werden.

Per 1. 9. 2012 wurde allerdings die verpflichtende unechte Steuerbefreiung für Ge­schäftsraumvermietung an Mieter, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ein­geführt:

„Der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 und Z 17 ist nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.“ (§ 6 Abs 2 vorletzter Satz UStG idF BGBl. I Nr. 22/2012)

Bei einer Vermietung an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter kann der Vermieter also nicht mehr in die umsatzsteuerpflichtige Vermietung optieren. Dadurch verliert er sein aliquot auf diese Geschäftsraumvermietung entfallendes Vorsteuerabzugsrecht. Früher geltend gemachte Vorsteuern müssen eventuell anteilig zurückgezahlt werden.

Im Regelfall werden folgende Mieter nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sein:

•           Ärzte

•           Versicherungsunternehmen

•           Banken

•           Körperschaften öffentlichen Rechts (z.B. Gemeinden)

•           gemeinnützige Vereine und NGOs

•           Kleinunternehmer (Unternehmer mit Umsätzen bis max. € 30.000 pro Jahr, die nicht zur Regelbesteuerung optierten)

Fällt der Mieter in eine dieser Kategorien, hat der Vermieter keine andere Wahl, als das Mietobjekt ohne USt zu vermieten. Das bedingt auch den Wegfall des Vorsteuer­abzuges. Für den Vermieter bedeutet das direkte Mehrkosten in der Errichtung und Instandhaltung des Objekts. Indirekt wird der Vermieter diese Kosten über die (dement­sprechend erhöhte) Miete an den Mieter weitergeben. Die Regelung, wonach der Verzicht auf die Steuerbefreiung nur in Sonderfällen zulässig ist, stellt ein gutes Bei­spiel an Überbürokratisierung ohne Nutzen dar. Denn der Mieter zieht aus der Rege­lung keinen Nutzen (der Wegfall der 20 Prozent USt wird durch die Weitergabe der entgangenen Vorsteuer durch den Vermieter aufgehoben) und der Vermieter hat allerhöchstens einen verwaltungstechnischen Mehraufwand. Im Sinne einer zweck­mäßigen und effizienten Regulierung ist diese Regelung jedenfalls als unbrauchbar anzusehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche die bürokratische und nicht zweckmäßige unechte Umsatzsteuerbefreiung für Ge­schäfts­raumvermietung an nicht vorsteuerabzugsberechtigte Mieter zurücknimmt.“

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zinggl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.