Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 2. Anfrage kommt von Frau Abgeordneter Hammerschmid. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Einen wunderschönen guten Morgen! Herr Bundesminister, mit welcher Begründung haben Sie es zugelassen, dass aus dem Finanzausgleichsgesetz das Vorhaben gestrichen wird, im Zuge der Aufga­benorientierung an sogenannten Schulen mit besonderen Herausforderungen, sprich Brennpunktschulen, mehr Lehrerinnen und Lehrer einzusetzen, die sie so dringend brauchen würden, um auf die Bedürfnisse ihrer Schülerinnen und Schüler eingehen zu können?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 79/M, hat folgenden Wortlaut:

„Mit welcher Begründung haben Sie zugelassen, dass aus dem Finanzausgleichsge­setz das Vorhaben gestrichen wird, im Zuge der Aufgabenorientierung an sogenannten ‚Brennpunktschulen‘ mehr LehrerInnen einzusetzen, um damit die SchülerInnen besser zu unterstützen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sonja Hammerschmid, wir haben ja schon im Ausschuss darüber diskutiert. Ich habe mich inzwischen kundig gemacht, wie die Sache zu erklären ist. Das Finanzministerium hat mit den Ländern – die Länder sind ja Vertragspartner im Rahmen des Finanzaus­gleichs – diskutiert, wie man mit dieser Aufgabenorientierung umzugehen hat. Die Auf­gabenorientierung ist ja eine interessante Angelegenheit, aber auch eine schwierig zu operationalisierende, denn im Prinzip sind die großen Gemeinden der Meinung: Wir leisten die wichtigen Aufgaben und brauchen daher einen abgestuften Bevölkerungs­schlüssel.

Die kleinen Gemeinden sind der Meinung: Wir leisten auch wesentliche Aufgaben, und zwar bei erschwerten Bedingungen, oft auch bei abnehmender Bevölkerungszahl, wir brauchen daher eigentlich mehr Ressourcen und, wenn man so will, einen umgedreh­ten abgestuften Bevölkerungsschlüssel.

Da gibt es einen gewissen Dissens, der nicht leicht aufzulösen ist. Daher hat das Fi­nanzministerium gefragt, ob dieser § 15 des Finanzausgleichsgesetzes noch notwen­dig ist. Die Antwort der Länder war: Nein! Vermittelt wurde die Antwort durch den Landeshauptmann des Burgenlandes, und man hat diese Sache herausgenommen. Man hat sie auch deswegen herausgenommen – um das gleich hinzuzufügen –, weil die Ressourcenzuteilung, auch eine Ressourcenzuteilung in Abhängigkeit zum sozio­ökonomischen Status der Eltern, im Bildungsreformgesetz neu geregelt ist. Daher ist § 15 des Finanzausgleichsgesetzes eigentlich gar nicht mehr notwendig.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Da möchte ich nachfragen: Ja, Sie haben, das ist klar, einen Anker im Bildungsreformpaket, der war drinnen. Es wäre aber schon wichtig, dass man den im Finanzausgleichsgesetz auch hat, weil Sie dann viel mehr Handhabe hätten. Ist es wirklich so schwierig oder warum haben Sie so schnell aufgegeben? Man könnte sich ja schon bemühen, die Verhandlungen mit den Ländern zu intensivieren, um eine wirklich faire Verteilung zu schaffen, damit die Schu­len – Sie betonen ja auch immer, dass Ihnen das so wichtig ist – die Lehrer bekom­men, die sie brauchen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Ja, aber ich muss noch einmal betonen: Beim Finanzausgleichsgesetz sind die Partner die Länder und das BMF; das Ministerium ist es nicht, die einzelnen Ministerien sind es nicht. Ich muss abermals betonen: Ich habe die Handhabe über das Bildungsreform­gesetz, und wie im Ausschuss auch schon kundgetan werden wir diese Handhabe nut­zen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Salzmann, bitte.

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Guten Morgen! Herr Minister, der Integrationsbericht von 2016 spricht davon – ich zitiere –: „Nicht zuletzt durch die ak­tuelle Flüchtlingssituation wurde die Notwendigkeit von ausreichend bedarfsgerechter sozialarbeiterischer Tätigkeit an Schulen im vergangenen Jahr“ sehr evident.

Meine Frage dazu, Herr Minister: Welche Informationen liegen Ihnen über die Schulso­zialarbeit in den Bundesländern und deren Finanzierung vor?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Danke schön für die Frage! Schulsozialarbeit und Schulpsychologie sind eine wichtige Angelegenheit. Diese Angelegenheit nimmt auf der einen Seite der Bund wahr, andererseits nehmen sie aber auch die Länder als Schulerhalter beziehungsweise als jene, die die Kompetenz im Bereich der Jugendwohlfahrt wahrzunehmen haben, wahr. Es ist interessant, die Bundesländer reagieren ganz unterschiedlich darauf: Das Bur­genland und Wien bringen beispielsweise gar keine Landesmittel in den Bereich der Schulsozialarbeit ein. Die Steiermark finanziert demgegenüber 30 Schulsozialarbeiter, Oberösterreich 40, Niederösterreich 20, Tirol 27, Kärnten zehn und so weiter.

Es gibt da leider unterschiedliche Vorgangsweisen der Länder. Wir sind mit den Län­dern im Gespräch und sollten das auch bleiben, um in diesem Bereich zu einer einheit­lichen Vorgangsweise zu kommen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hauser, bitte.

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Mi­nister! Es war aus freiheitlicher Sicht ein bildungspolitischer Meilenstein, dass die Re­gierung dieses Jahr die Deutschförderklassen eingeführt hat. Um an die Frage der Kol­legin Hammerschmid anzuknüpfen: Aus unserer Sicht werden die Schüler am besten unterstützt, wenn sie die Unterrichtssprache, nämlich Deutsch, beherrschen. Deswe­gen werden alle Schüler, die die Unterrichtssprache nicht beherrschen, jetzt in Deutschförderklassen an das Sprachniveau herangeführt und sind daher außerordent­liche Schüler.

Herr Minister, dazu meine Frage: Wie stellen Sie sicher, dass all jene Schüler die Vor­schule besuchen, die tatsächlich nicht schulreif sind, und nicht all jene, die einen au­ßerordentlichen Status haben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sie haben die Sachlage meiner Ansicht nach richtig dargestellt. Außerordentliche Schüler sollten außerordentliche Schüler sein, weil ihre Schulreife noch nicht gegeben ist. Derzeit läuft ein Projekt mit den Universitäten Wien und Graz, um diese Vorläu­ferqualifikationen, die ja entscheidend sind, noch einmal auszuformulieren. Wir werden gerade bei den Vorschulkindern eine verbindlichere Testung machen müssen, um ge­nau diese beiden Dinge auseinanderzuhalten. Wir haben derzeit in den Bundesländern ganz unterschiedliche Prozentsätze an Vorschulkindern. Da liegt auch der Verdacht nahe, dass manchmal Kinder mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen in die Vor­schule geschickt werden. Wir sind auf einem guten Weg, diese Differenzierung durch­zuziehen. (Abg. Hauser: Genau das wollen wir! Danke!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Zadić, bitte.

Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (JETZT): Ich bleibe gleich bei den Deutschför­derklassen: In der Zwischenzeit sind ja schon einige Deutschförderklassen zustande gekommen, gerade in den Ballungsräumen. Haben Sie in der Zwischenzeit auch Rück­sprache mit Lehrerinnen und Lehrern halten können, um nachzufragen, wie diese Deutschförderklassen aufgenommen wurden? Planen Sie, das Gesetz zu evaluieren?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Meines Erkenntnisstands sind diese Deutschförderklassen gut aufgenommen worden. Das heißt nicht, dass alle zu 100 Prozent damit zufrieden sind; ich glaube, so eine hohe Zufriedenheit kann man wahrscheinlich im Bildungssystem auch schwer errei­chen. Ich habe mir Schulen angeschaut, auch eine sogenannte Brennpunktschule im 8. Bezirk, von der man vorher gesagt hat, es kann nur integrativ sein. Man hat jetzt auf Deutschförderklassen umgestellt. Das ist aber nur ein Einzelfall, Einzelfälle belegen gar nichts. Ich glaube, es wird sich bewähren und wir werden am Ende des ersten und zweiten Semesters sehen, wie die Erfolge sind.