13.12

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Herr Kollege Taschner (dem von der ÖVP weiterhin Beifall ge­spendet wird), ich warte schon auf die Standing Ovations für Sie. Sie sind ja ein Held innerhalb Ihrer Fraktion, so wie sich das anhört.

Herr Kollege Taschner, Sie haben sich eigentlich selber entlarvt. Sie haben die Exper­ten und Expertinnen alle als nicht hinreichend bezeichnet (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!), haben gemeint, die haben alle keine Expertise (Abg. Winzig: Stimmt nicht! Das hat er nicht gesagt!), außer Ihrem Experten. Dementsprechend ist das natürlich eine parteipolitische Entscheidung. Wenn der einzige, der laut Ihnen ein Experte ist, von Ih­rer Partei kommt, dann ist es nichts anderes als parteipolitisch. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Ich gebe Ihnen aber in einem Punkt recht, das ist der Befund, dass wir im Schulsystem längst etwas machen müssen. Ich glaube, da sind wir uns einig. Ich glaube, dass sich da alle Parteien treffen. Das ist einmal das Positive, das man voranstellen muss. Was halt nicht genügt, sind Retroschritte und rückwärtsgewandte Politik, die hier betrieben wird. Nur wieder Tafeln auszutauschen bei der Neuen Mittelschule, auf der jetzt nur noch Mittelschule statt Neue Mittelschule draufsteht (Abg. Wöginger: Sie ist ja nicht mehr neu!), und wieder Ziffernoten einzuführen, das kann es doch nicht sein! Das ist doch nicht alles, was wir haben wollen, um Bildungspolitik im 21. Jahrhundert ankom­men zu lassen. Das ist alles inhaltsleer, was da geboten wird, und ist nichts anderes als Symbolpolitik. (Abg. Steinacker: ... haben Sie nicht gelesen!)

Ich glaube und bin zutiefst davon überzeugt, dass wir viel stärker auf die Pädagogin­nen und Pädagogen vor Ort vertrauen müssen. Die sind die Expertinnen und Experten vor Ort. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Denen müssen wir vertrauen, da bin ich bei Ih­nen. – Wir machen es aber nicht. Wir geben Ihnen nicht die pädagogischen Freiheiten. Wir geben Ihnen einen Stempel mit und sagen: Ihr müsst jetzt diese Noten  eins, zwei, drei, vier, fünf – verteilen und dann noch Standard und Standard AHS. Das ist das, was wir machen. (Abg. Hauser: ... richtig informieren! ... beides möglich! – Zwi­schenruf des Abg. Wöginger.) Wir geben Ihnen eben nicht die pädagogische Autono­mie, die sie dringend brauchen würden, und übrigens auch kein Vertrauen. Das Ver­trauen, das wir da in sie setzen, ist relativ gering.

Ich möchte nur noch kurz zum Expertenhearing kommen, wozu schon einiges gesagt wurde. Es sind ja nicht nur die Expertinnen und Experten, die bei uns im Ausschuss waren, die ihre Meinung gesagt haben, sondern auch andere haben in den Medien und anderswo breit publiziert. Ich habe nur zwei Zeitungsartikel aus den letzten zwei Tagen mit. Schulexperte Schratz hat am 10. Dezember, also vor zwei Tagen, gesagt, er sehe keine Fortschritte in der Bildungspolitik in Österreich. Ziffernnoten, Sitzenbleiben und Halbtagsschulen seien gestrig. – Das ist das, was ein weiterer Experte sagt. (Zwi­schenruf des Abg. Taschner.) Das ist ein weiterer Experte.

Noch eine Expertin, die heute im „Kurier“ geschrieben hat, ist Frau Spiel. Ich denke, dass Sie sie kennen. Der „Kurier“ ist kein böses linkes Medium, wie Sie jetzt wahr­scheinlich behaupten werden, sondern ist durchaus eher, sagen wir einmal, der Raiff­eisen-Hälfte des Landes zuzuordnen. Sie sagt, es sei kein einziger Bildungswissen­schaftler bekannt – und ich glaube, dass Frau Spiel durchaus gut vernetzt ist –, der die Gesetzesänderungen gutheiße. Sie frustriert das. – Das sind ihre Worte. Das steht heute im „Kurier“.

Dann kommt meine Lieblingsüberraschung zum Thema Evidenz heute hereingeflattert: Ich hätte nicht damit gerechnet, aber wir haben heute die Anfragebeantwortung zu un­seren Fragen, welche Evidenz dahintersteht, welche Meinungen vom Herrn Minister einbezogen wurden, bekommen. Zu Frage Nummer 1, ob es Gespräche mit ExpertIn­nen gegeben hat, wird Folgendes aufgezählt: „Expertinnen und Experten der Bildungs­direktionen“ – die Bildungsdirektionen, von denen wir alle wissen, dass sie politisch be­setzt wurden, weil die Landeshauptleute sich überall zu den Präsidenten gemacht ha­ben; das ist politische Entscheidung –, „Landesbildungsreferenten“ – die sind natürlich auch politisch besetzt; die Schulpartnerschaft und die Elternverbände möchte ich da explizit ausnehmen, allerdings wurde das Thema mit ihnen nur im Rahmen einer Sit­zung des Elternbeirats besprochen, das wurde halt so mitgenommen, nach dem Motto: Müssen wir halt die Eltern und die Schulpartner auch hineinnehmen –, und die „Ge­werkschaft Öffentlicher Dienst“. – Das ist alles Parteipolitik! (Zwischenruf des Abg. Taschner.) Es tut mir leid, das ist eine parteipolitische Reform. Es sind nur parteipoli­tische Institutionen beziehungsweise Personen eingeladen worden.

Zur Frage 2 (Abg. Taschner: Sie sind im falschen Tagesordnungspunkt!) – nein, ich bin nicht beim falschen Tagesordnungspunkt –, ob wissenschaftliche Studien zur Hand genommen wurden, ist im ganzen Text keine Studie erwähnt, sondern es steht ganz groß, dass das im Regierungsprogramm 2017 bis 2022 alles drinnen steht. (Heiterkeit bei NEOS, SPÖ und JETZT.) Wie weit sind Sie gekommen, dass Sie Ihr Regierungs­programm als wissenschaftliche Grundlage nehmen? (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.) Da würde es mir als Wissenschaftler den Magen umdrehen, das muss ich Ih­nen ehrlich sagen. Ich bin fassungslos gewesen. Auch sonst steht in dieser Anfra­gebeantwortung nicht wirklich etwas darüber, dass es einen fundierten inhaltlichen Background dieses ganzen Pakets gibt.

Ich finde es eigentlich beschämend, dass wir hier so über die Köpfe der jungen Men­schen hinwegschauen. Wir wissen alle, dass die jungen Menschen, unsere Schüle­rInnen – und Sie haben es selber gesagt – unsere Zukunft sind. Das hat auch einer der Experten im Ausschuss gesagt, nämlich ein Schüler – der übrigens auch praktische Erfahrung hat. Er hat gesagt: 12,5 Prozent der Österreicher sind SchülerInnen, aber sie sind 100 Prozent der Zukunft. – Genau das muss Ihnen bewusst werden. Sie ent­scheiden hier über die Zukunft, und das nur parteipolitisch und ohne Evidenz. Das ist nicht zu akzeptieren. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

13.18

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mölzer. (Abg. Jarolim: Eine ausgezeichnete Rede!) – Bitte schön, Herr Abgeordneter.