15.58

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Frau Meinl-Reisinger, ich darf aus Ihrer Dringlichen Anfrage ei­nen Teil vorlesen. Da steht:

„Das regulative Korsett ist eng zugeschnürt und die Schulen sind oft polit-taktisch moti­vierten, außerschulischen Einfluss- und Zugriffsmöglichkeiten ausgeliefert. Das Ergeb­nis: Eine aufgeblähte Bürokratie, politische Interventionen und ein unüberschaubarer Verordnungsdschungel binden Ressourcen, blockieren die Selbstorganisationskräfte des Systems Schule sowie individuelles Engagement und frustrieren Systemteilneh­mer_innen, primär die Schulleitungen und die Lehrer_innen, in weiterer Folge Schü­ler_innen und Eltern.“

Als ich das las, habe ich mir gedacht: Sie kommen zwei, drei Jahre zu spät! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das hätten Sie vor zwei, drei Jahren durchaus sagen können; und tatsächlich: Wir wer­den das ändern. (Abg. Meinl-Reisinger: Mit dem Paket?) Aber, Frau Meinl-Reisinger, bitte, das geht nicht von heute auf morgen. Wir können das nicht zwischen Jause und Abendessen durchführen, das wird eine gewisse Zeit dauern. (Abg. Meinl-Reisinger: Hat das jemand erwartet?)

Ja, Sie haben uns eine Schule vorgestellt (Abg. Meinl-Reisinger: Ich habe noch nicht einmal gejausnet!), wie Sie sich diese vorstellen. Wir werden die Flügel einmal anspan­nen und dann wird einmal der - - (Abg. Meinl-Reisinger: Sie können sich über alles lustig machen, Sie können es aber auch ernst nehmen!) – Ich nehme Sie sehr ernst, ich nehme Sie wirklich sehr ernst – aber ich nehme Sie nur dann ernst, wenn das, was Sie fordern, auch tatsächlich ernst zu nehmen ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Tatsächlich ist nämlich schon viel geschehen, und das dürfen Sie nicht leugnen. Es ist wirklich viel geschehen, und zwar Notwendiges, gleich am Anfang mit den Deutschför­derklassen. Es ist viel geschehen! Heute haben wir das Pädagogikpaket beschlossen, und Sie machen eine Dringliche Anfrage genau zu diesem Thema, sodass ich mich ei­gentlich jetzt hier wiederholen sollte. (Abg. Meinl-Reisinger: ... ein Beispiel, dass die Schulautonomie nicht lebt! Ein klassisches Beispiel für schulautonome Entscheidun­gen, die Deutschförderklassen!)  Die Schulautonomie war heute bei der Fragestunde Gegenstand der ersten Anfrage, und die Frage wurde glänzend beantwortet. Sie kön­nen nicht leugnen, Frau Meinl-Reisinger, dass die Antwort des Herrn Bundesministers, eine lange, sehr konzise und auf jeden Punkt eingehende Antwort, eigentlich Ihre Be­denken wenigstens mildern, wenn nicht wegbringen sollte.

Ich darf vielleicht, wenn ich jetzt die Gelegenheit habe, hier zu sprechen, auf einen Bei­trag von Kollegen Noll von gestern zu sprechen kommen. Er ist leider nicht da, also bitte ihm das mitzuteilen. Ich habe es mir nämlich gemerkt: Was sind denn wirklich die Zukunftsfragen, die wir haben? Und er sprach von der Monetarisierung, von der Kom­merzialisierung und von der Prekarisierung der Gesellschaft, dass die Entwertung aller Werte vorgenommen wird und dass das Hand in Hand mit der Digitalisierung, mit der Robotisierung, mit der Automatisierung geht – sehr interessante Bemerkungen nämlich und sehr wichtig!

Es ist tatsächlich so, dass wir in eine Welt hineinschreiten, von der wir – und das steht auch in Ihrer Dringlichen Anfrage – gar nicht wissen, wie sie sich entwickeln wird. Es werden Berufsbilder entstehen, von denen wir nicht ahnen können, wie sie aussehen werden. Wie soll dann in den Schulen unterrichtet werden? Sie stellen ein Konzept vor, aber ich darf es Ihnen sagen: Das wahre Konzept, wie gut unterrichtet wird, das steht bei den Lehrerinnen und Lehrern selbst, die dort unterrichten, und auf diese Personen müssen wir Wert legen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Strukturen und Lehrpläne werden wir auch schaffen, wir werden Standards festlegen, welche Eigenschaften, welche Kompetenzen, welches Wissen die Kinder haben sollen, all das wird geschehen, aber das Hauptsächliche ist, dass wir dafür sorgen, dass die Schulen so gebaut sind, dass dort Lehrerinnen und Lehrer gut unterrichten können.

Ja, und dafür wird einiges geschehen – davon bin ich vollkommen überzeugt –, nicht nur bei den Lehrplänen, sondern auch bei der Entwicklung der Lehrerinnen- und Leh­rerausbildung. Sie haben richtig gesagt: Es ist notwendig, dass wir den Lehrberuf at­traktiv machen. Das ist sehr wichtig, das ist ein ganz entscheidender Punkt, und ich kann Ihnen versprechen, wir werden uns darum wirklich äußerst bemühen, weil tat­sächlich die Zukunft davon abhängt. Das Prekariat, das uns bevorstünde, wenn wir daran nicht arbeiten, wäre uns tatsächlich in gewisser Hinsicht fast ins Haus geflattert, wenn wir jetzt nicht diese Änderung geschafft hätten. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Bedenken Sie: 17 Prozent, in Wien 24 Prozent, können nach der Mittelschule, nach der Neuen Mittelschule nicht sinnerfassend lesen! Was werden diese jungen Menschen machen? Wir können sie ja nicht dauernd ins AMS schicken, das geht doch nicht. Wir müssen dafür sorgen, dass wir gut ausgebildete Menschen haben. Diese Ausbildung aber können wir nicht vorbereiten, indem wir sagen, wir wissen genau, wie die Zukunft aussieht, wir wissen es nämlich nicht! Wir können es nur dadurch machen, dass wir Lehrpersonen haben, die wissen, woher sie kommen, was sie unterrichten und wel­ches Wissen sie verbreiten können. Das ist der einzige Punkt, darauf müssen wir uns festlegen!

Wir müssen gewisse Schwerpunkte setzen – und andere Punkte, die Sie in Ihren 69 Fra­gen dann auch aufgezählt haben, sind eigentlich von marginalem Interesse.

Denken Sie darüber nach! Denken Sie darüber nach, dass die Entwertung aller Werte, von der Herr Noll hier gesprochen hat, in den Schulen wieder rückgängig gemacht wird. Hier werden Werte gesetzt, Werte des Wissens und Werte, die Ewigkeitscharak­ter haben – und die haben nichts mit irgendwelchen Tablets, die man mitnehmen kann oder nicht mitnehmen kann, zu tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind erst am Anfang. Bitte, Frau Meinl-Rei­singer, machen Sie das in vier Jahren wieder! Sagen Sie wieder: Jetzt ist aber wirklich nichts passiert! Da können Sie dann anklagen, und dann werden wir Asche auf unser Haupt streuen – aber wir werden das nicht machen müssen, denn wir werden eine gute Schule schaffen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

16.04

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ham­merschmid. – Bitte.