19.23

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Die Novelle des Dienstrechts für öffentlich Bedienstete: Je­des Jahr übernehmen wir Bestimmungen aus dem Arbeitsrecht der Privatwirtschaft ins Dienstrecht der Beamten und der Vertragsbediensteten, zuletzt beispielsweise die Wie­dereingliederungsteilzeit oder die Familienhospizkarenz. Das finden wir gut, weil glei­ches Recht für alle gelten soll.

Allerdings handelt es sich da um eine Einbahnstraße. Wenn in der Privatwirtschaft et­was besser ist, dann ist es sehr schnell im Dienstrecht für die öffentlich Bediensteten, aber wenn es darum geht, althergebrachte Privilegien, die im öffentlichen Dienst noch aus dem Jahre Schnee mitgetragen werden, zu beseitigen und auch da eine Anglei­chung zu schaffen, dann ist man schnell fertig mit gleichem Recht für alle. Ich erinnere an das leidige Thema der bezahlten Mittagspause im öffentlichen Dienst.

Wie schon die Staatssekretärinnen Steßl und Duzdar ist auch der Herr Vizekanzler in die Verhandlungen mit der Gewerkschaft um die Gehaltserhöhungen gegangen, ohne eine arbeitgeberseitige Gegenforderung mitzubringen, und hat sich von der GÖD veri­tabel über den Tisch ziehen lassen. Die haben alles bekommen, was sie wollten, und so enthält auch diese Dienstrechts-Novelle wieder eine nette kleine Besserstellung für die Beamten, ein kleines, herziges Pensionsprivileg. Es wird ihnen nämlich erleichtert, in Korridorpension zu gehen.

Damit Sie das verstehen, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer – das ist ein bisschen kompliziert –: Wenn man Beamter ist, dann kann man im Anschluss an die Karenz in eine sogenannte Anschlusskarenz gehen. Es besteht darauf zwar kein Rechtsanspruch, aber man kann bis zum Schuleintritt des Kindes in Anschlusskarenz gehen, und diese Zeit wird zur Hälfte auf die Vorrückungen und auf die Jubiläumszula­gen angerechnet.

Jetzt stellen Sie sich das einmal vor: Sie sind bis zum siebten Geburtstag des Kindes in Karenz! Wir diskutieren in der freien Marktwirtschaft darüber, ob 24 Monate Karenz­zeit auf die Vorrückungen angerechnet werden; im öffentlichen Dienst rechnen wir hin bis zum Schuleintritt!

Jetzt geht es dann auch noch um Folgendes: Wenn jemand so eine Anschlusskarenz in Anspruch nimmt, dann kann er oder sie sich davon sechs Monate anrechnen lassen und leichter in eine Korridorpension gehen. Sie bleiben also länger in Karenz und kön­nen dafür leichter in eine Korridorpension gehen! (Ruf bei der FPÖ: Danke, Herr Vize­kanzler!) Das ist diese Einbahnstraße im Dienstrecht, wie sie der Vizekanzler in würdi­ger Fortführung des roten Beamtenstaatssekretärinnenkurses hier durchführt. (Beifall bei den NEOS.)

Spricht man in den Ausschüssen solche Dinge an, dann heißt es salopp: Na, dann sol­len sich die Unternehmen halt etwas von diesem tollen Dienstrecht des Bundes ab­schauen. – Das verkennt ein bisschen die Lage und zeigt, wie man in Regierungskrei­sen denkt.

Ich möchte das auch der geschätzten Unternehmerschaft und den leitenden Angestell­ten sagen, die zuschauen: Falls sie diese Regierung für unternehmerisch gehalten ha­ben, so erliegen Sie einem Irrtum! Sie werden nachher den Beamtengewerkschafter Herbert hören, und Sie werden die Vertreter der Partei der Bauern und Beamten hören, wie diese dazu stehen, und diese werden diese Beamtenprivilegien mit Zähnen und Klauen und mit großartigen Argumenten verteidigen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der Staat wird nie demselben Wettbewerb unterliegen wie ein Unternehmen. Nur, der Staat steht auf dem Arbeitsmarkt mit den Unternehmen im Wettbewerb um die Ar­beitskräfte und verschafft sich durch einen solchen Dienstrechtszuschlag Vorteile auf dem Arbeitsmarkt. Und wer darf diesen Arbeitsmarktvorteil für den Arbeitgeber Öffentli­cher Dienst zahlen? – Jene, die den Nachteil haben, nämlich die Steuerzahler in der freien Marktwirtschaft. Dazu kann man wirklich nur sagen: Da wedelt der Schwanz mit dem Hund. (Beifall bei den NEOS.)

Allein schon deshalb wäre es fair, das öffentliche Dienstrecht und das private Dienst­recht der Unselbstständigen einander anzugleichen. Dies nicht im Wege einer Ein­bahnstraße, sondern da muss einfach jeder ein bisschen nachgeben und ein bisschen etwas bekommen, und dann trifft man sich, damit gleiches Recht für alle gilt. Wenn Sie geglaubt haben, das sei die Politik des kleinen Mannes bei der FPÖ, dann haben Sie sich geschnitten.

Eines möchte ich auch noch sagen: Diese Anschlusskarenzgeschichte geht auf Kosten der Jungen, die dann befristete Jobs im öffentlichen Dienst bekommen und sich von ei­ner Karenzvertretung zur anderen hanteln. – Die Klasse der Besitzenden richtet sich’s, und die Jungen zahlen drauf! (Beifall bei den NEOS.)

19.28

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Ofenauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.