23.52

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Minister! Wie geht es Ihnen jetzt? Wie geht es Ihnen, wenn Sie zuvor Herrn Lettenbichler zugehört haben, der pauschal die Opposition angreift? Wie geht es Ihnen dabei? – Sie müssten eigent­lich unter der Regierungsbank versunken sein. Dieses Schauspiel ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten! (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Ich sage Kollegen Ottenschläger nur eines: Irgendwann einmal ist es mit dem Anpat­zen vorbei. Ihr werdet vom hohen Ross bald einmal runterfallen und dann ein Pony rei­ten. Soweit geht es nämlich, soweit ihr das spielt! (Neuerlicher Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Das ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten, und ich schäme mich selbst. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) – Ich schäme mich für euch, denn wir haben einen Bundes­kanzler, der gesagt hat, er will die anderen nicht anpatzen, das ist nicht sein Stil. Was Herr Lettenbichler vorher gemacht hat und was du mit den Zeitungen machst, ist schlechter Stil, und der schlechte Stil ist gar nicht mehr zu überbieten. Das ist der Punkt! (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Dann erkläre ich noch etwas, was mit gutem und schlechtem Stil zu tun hat: Am Don­nerstag, dem 22.11. wurde dieser Gesetzesantrag in den Nationalrat eingebracht. Die ÖVP erklärt uns: Da geht es nur um die Briefwahl, alles easy, alles okay! – Am 27.11., also nur drei Werktage danach, ist das Gesetz im Ausschuss. Es wird eine Ausschuss­begutachtung vereinbart. Am 7.12. ist wieder eine Ausschusssitzung. Die ÖVP legt wieder dar: Es geht da nur um die Briefwahl; ich stelle unsere Vorstellungen zur Wahl­reform dar, dazu werde ich heute auch noch etwas sagen.

Am Mittwoch, dem 12.12., wird aber ein Abänderungsantrag verschickt. Es wird wahr­scheinlich gar keinen so schlechten Grund haben, warum Herr Kopf schon nach Hause gegangen ist, er ist nämlich auch nicht mehr hier, und das ist auch ein Grund dafür: Die Kammern, die sonst so stolz auf die Selbstverwaltung sind und damit ihre Zwangsbei­träge argumentieren, sind jetzt jene, die bei den Vertretern des Standortes weisungs­gebunden sind. Das ist peinlich. (Abg. Noll: Das hält nie!) – Ja, auch wenn es nicht hält.

Wie geht es da aber bei der ÖVP zusammen? (Ruf bei der SPÖ: Der Zugang ist schon ihre eigene Schuld!) – Sie verteidigen auf der einen Seite die Zwangsbeiträge und dann unterstellen Sie die Weisungsbindung. Das ist eigentlich eine peinliche Ge­schichte. Das meinte ich vorher damit, dass Sickinger und Co sich schon darüber lustig machen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und JETZT.)

Wenn ich dann auch noch eine Kammer habe, die doppelt so viel Budget wie die Wirt­schaftsministerin selber hat – Einnahmen von über 1 Milliarde Euro, und Sie haben 500 Millionen Euro –, dann stelle ich mir eine andere Reform vor.

Daher möchte ich einen unselbständigen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wirtschafts­kammerwahlen demokratisch und transparent gestalten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort werden aufgefordert, eine Änderung des Wirtschaftskammergeset­zes vorzuschlagen, welches die Wirtschaftskammerwahlen nach folgenden Kriterien abändert: erstens, eine Direktwahl der Wirtschaftsparlamente – wenn ihr das nicht ver­trägt, dann ist es eh zu spät –; eine Berechnung aller Mandatszahlen nach objektiven Kriterien, die im Wirtschaftskammergesetz geregelt werden; eine Ermittlung der Man­date für Minderheiten auch in höheren Gremien nach Stimmen, nicht nach Mandaten; eine Abschaffung der Friedenswahl – die Zeiten, in denen es nur einen Wahlvorschlag brauchte, glaube ich, sind endgültig vorbei; volle Transparenz bei Listenzurechnungen für die höhere Ebene – es muss auch am Stimmzettel klar ausgewiesen sein, welcher politischen Fraktion die Stimme auf höherer Ebene zugerechnet wird! –; die Abschaf­fung der bürokratischen Unterstützungserklärungen für jene Fraktionen, die bereits im Wirtschaftsparlament vertreten sind; volle Transparenz und Höchstgrenzen und klare gesetzliche Regelungen für die Wählergruppenförderung.

*****

Wenn Ihr dieses System nicht ändert, ist es ein klares Zeichen dafür, dass der Wirt­schaftsbund sich ganz klar am Pool der Macht einen Platz verschaffen und diesen ab­gesichert haben will. (Abg. Noll: Der letzte Utopist!)

Wenn ihr wirklich einen guten Stil verbreiten wollt, dann macht das endlich, seid offen und nicht so feig, denn sonst reitet ihr alle ein Pony! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und JETZT.)

23.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Wirtschaftskammerwahlen demokratisch und transparent gestalten

eingebracht im Zuge der Debatte in der 55. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Energie und Industrie über den Antrag 506/A der Ab­geordneten Peter Haubner, Ing. Wolfgang Klinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geändert wird – WKG-Novelle (470 d.B.) – TOP 22

Das Wirtschaftskammer-Wahlsystem muss reformiert werden. Das bisherige Wahlsys­tem der WK hatte nur einen Zweck: Alles so zu belassen wie es schon immer war und bisherige Mehrheitsverhältnisse einzuzementieren. Fakt ist: Die Kammerwahl ist unde­mokratisch und undurchsichtig. Um das bestehende WK-Wahlsystem demokratisch und fair sowie für alle Mitglieder einfach, transparent und nachvollziehbar zu gestalten, muss dieses radikal reformiert werden.

Welche Fraktion in einer WK-Wahl die Mandatsmehrheit erhält, ist derzeit nicht nur eine Frage des Stimmenergebnisses. Denn die Zusammensetzung der Wirtschaftspar­lamente erfolgt nicht nur über eine Wahl mit Stimmzettel, sondern indirekt durch eine komplexe Hochrechnung der Fachorganisationsmandate. Diese Fachorganisations­mandate werden durch Wahlkataloge geregelt, die wiederum aktuell nach einem veral­teten und intransparenten Berechnungsschlüssel geschlussfolgert werden, und somit der amtierenden WKO-Führung und damit dem Wirtschaftsbund gelegen kommen. Be­denkt man jedoch wieviel Macht die Wirtschaftskammer hat, so ist eine grundlegende Reform der Wahlordnung der Kammer sowie eine transparente Wahlordnung und eine faire Berechnung der Wahlkataloge nach objektiven Gesichtspunkten dringend erfor­derlich.

Ein weiterer Missstand ist die Intransparenz bei der Parteienförderung durch die Bun­des- und Landeskammern. Mehrere Millionen Euro an Zuwendungen werden an wahl­werbende Gruppen ohne einen bundesweit einheitlichen Verteilungsschlüssel ausge­zahlt. Da es sich bei diesen hohen Beträgen um Pflichtbeiträge von Kammermitglie­dern handelt, ist eine Offenlegung der WK-Parteienförderung, volle Transparenz und eine detaillierte gesetzliche Regelung für die Fraktionsförderung und Wahlkampfkos­tenrückerstattung im Sinne der Zwangsmitglieder, durchzusetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird aufgefordert, eine Änderung des Wirtschaftskammergesetzes vorzuschlagen, welches die Wirtschaftskammerwahlen nach folgenden Kriterien abän­dert:

• Eine Direktwahl der Wirtschaftsparlamente

• Berechnung aller Mandatszahlen nach objektiven Kriterien, die im Wirtschaftskam­mergesetz geregelt werden

• Ermittlung der Mandate für Minderheiten auch in höheren Gremien nach Stimmen – nicht nach Mandaten

• Abschaffung der Friedenswahlen - die Zeiten, in denen es nur einen Wahlvorschlag brauchte, sind vorbei

• Volle Transparenz bei Listenzurechnungen für die höhere Ebene: Es muss am Stimmzettel klar ausgewiesen sein, welcher politischen Fraktion die Stimme auf höhe­rer Ebene zugerechnet wird

• Abschaffung der bürokratischen Unterstützungserklärungen für jene Fraktionen, die bereits im Wirtschaftsparlament vertreten sind

• Volle Transparenz, Höchstgrenze und klare gesetzliche Regelung für die Wähler­gruppenförderung."

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung. (Zwischenruf des Abg. Haubner. – Abg. Klaus Uwe Feich­tinger: Mehr Freiheit für die Wirtschaftskammer! – Abg. Schellhorn: Ich wünsche euch viel Spaß!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Klinger. – Bitte.