14.43

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Zu Beginn ein paar grundsätzliche Bemerkungen zur Patientenverfügung: Mit einer Patientenverfügung wird eine bestimmte medizini­sche Behandlung vorweg abgelehnt. Diese Erklärung gilt für den Fall, dass sich der Patient nicht mehr wirksam äußern kann, sei es, weil er nicht mehr reden kann oder sich auch sonst nicht mehr vermitteln kann oder weil er nicht mehr über die notwen­digen geistigen Fähigkeiten verfügt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ablehnung einer medizinischen Behandlung ist nicht zu verwechseln mit aktiver Sterbehilfe. Diese ist in Österreich verboten; das ist gut so und soll auch so bleiben. Warum? – Weil ein breiter gesellschaftlicher Konsens für ein Verbot der aktiven Sterbehilfe besteht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Was wird mit dieser Novelle beschlossen? – Meine Vorrednerinnen haben schon darauf hingewiesen: Es geht um die Abfragemöglichkeit, das heißt darum, feststellen zu können, welche Patientenverfügung zu dem Zeitpunkt, zu dem es notwendig wird, den Inhalt zu kennen, rechtsgültig ist. Die Gültigkeit der Verfügung wird von bisher fünf Jahren auf acht Jahre verlängert; weitere Punkte wurden hier schon angesprochen.

Diese Novellierung stellt für mich eine klare Verbesserung der derzeitigen Situation dar. Sie klingt technisch und auch einfach. Als das Patientenverfügungs-Gesetz 2006 beschlossen wurde, war das inhaltlich jedoch nicht ganz so einfach. Eine Abge­ordnetenkollegin hat bei der damaligen Beschlussfassung ihre Rede mit folgenden Worten begonnen: „Es hat mich noch nie ein Gesetz dermaßen emotionell belastet wie die Patientenverfügung.“

Es gibt in diesem Zusammenhang unzählige Spannungsfelder, etwa für einen Arzt, dessen ureigenste Aufgabe, ja Verpflichtung es ist, Menschen möglichst lange am Leben zu erhalten.

Es galt damals auch zu verhindern, dass alten und kranken Menschen suggeriert wird, dass sie doch auf eine Behandlung verzichten sollen. – Damals war es so und auch heute ist es so: Wir wollen keine Entwicklung schaffen, dass Druck auf ältere Men­schen ausgeübt wird, frei nach dem Motto, sie würden ja nur zur Last fallen und viel kosten.

Letztendlich, sehr geehrte Damen und Herren, geht es aber um das Recht auf Selbst­bestimmung und auf Menschenwürde, und es ist unsere Aufgabe als Gesetz­geber, die Menschenwürde bis zuletzt zu schützen.

Es wurden 2006 daher einige allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen ins Gesetz geschrieben, etwa die geistige Fähigkeit des Patienten im Errichtungszeitraum, aber auch ein Widerrufsrecht durch den Patienten.

Klar ist, dass es notwendig war, strenge Anforderungen an eine solche Erklärung zu stellen. So ist beispielsweise die Aufklärung durch einen Arzt verpflichtend, auch braucht es davor eine entsprechende Rechtsberatung. Dem Patienten sollen ja die rechtlichen und auch die persönlichen Auswirkungen seiner Verfügung von vornherein klar sein.

Um diesen Aspekt zu stärken, darf ich noch folgenden Entschließungsantrag einbrin­gen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung der PatVG-Novelle 2018“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, werden ersucht, die Effekte der geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen die PatVG-Novelle 2018 betreffend die Kostenentlastung einkommensschwacher Personen frühestens ein Jahr nach Kund­machung zu evaluieren. Bis dahin werden in Betracht kommende Interessen­vertretungen, insbesondere Senioren- und Behindertenorganisationen in die Ausar­beitung von Lösungsvorschlägen für allfällige Probleme in diesem Zusammenhang eingebunden. Die Ergebnisse einer Studie über die Auswirkungen des Patientenver­fügungsgesetzes auf einkommensschwache Bevölkerungsschichten, um deren Erstel­lung in diesem Zusammenhang unter einem der Budgetdienst des Nationalrats ersucht wird, sollen in diese Ausarbeitung und Evaluierung mit einfließen.“

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Geschätzte Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz soll den Zugang zur Pa­tientenverfügung erleichtern, das ist gut und richtig so. Danke an Sie, Frau Bun­desministerin, für diese Novelle. An den grundsätzlichen Zugangsvoraussetzungen werden wir aber freilich weiterhin festhalten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Povysil, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der PatVG-Novelle 2018

eingebracht im Zuge der Debatte zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Patientenverfügungs-Gesetz geändert wird (PatVG-Novelle 2018) (337 d.B.)

Das Patientenverfügungs-Gesetz ist seit 1. Juli 2006 in Kraft und war Gegenstand einer intensiven Begleitforschung. Im Sommer 2014 wurde diese abgeschlossen und eine Studie präsentiert. Zwischen Sommer 2014 und Frühjahr 2015 hat die parla­mentarische Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ unter anderem über Maßnahmen zur Verbesserung von Patientenverfügungen diskutiert. Die Ergebnisse der Studie und Empfehlungen der Enquete-Kommission zeigten bei einigen Regelungen Änderungsbedarf.

Basierend auf den Ergebnissen der Studie und Empfehlungen der Enquete-Kommis­sion, wurde die Patientenverfügungsgesetznovelle 2018 mit mehr Möglichkeit auf Selbst­bestimmung für Patientinnen und Patienten - unter besonderer Berücksichtigung gesundheits- und sozialpolitischer Gesichtspunkte - erarbeitet. Die Stärkung der Patientenrechte und nicht etwa verschiedener Konzepte unternehmerischen Handelns, war und ist im Zusammenhang mit der Errichtung von Patientenverfügungen von zentraler Bedeutung.

Es konnten endlich Verbesserungen der Rahmenbedingungen zur Errichtung und Bestimmungen zur zentralen Abfragemöglichkeit geschaffen werden. Durch die Ver­längerung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen von fünf auf acht Jahre und dem grundsätzlichen Wegfall des zwingenden Erfordernisses der juristischen Beratung bei der Verlängerung, Erneuerung oder Ergänzung dieser Patientenverfügung, konnte außerdem eine Kostensenkung für Patientinnen und Patienten erreicht werden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass durch die bei der Behandlung einer Patientin oder eines Patienten gebotene Aufklärung über Behandlungsmöglichkeiten und den Folgen der Unterlassung einer Behandlung auch die Aufklärung im Sinne des Patientenverfügungsgesetztes beinhaltet ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, werden ersucht, die Effekte der geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen die PatVG-Novelle 2018 betreffend die Kostenentlastung einkommensschwacher Personen frühestens ein Jahr nach Kundmachung zu evaluieren. Bis dahin werden in Betracht kommende Interes­senvertretungen, insbesondere Senioren- und Behindertenorganisationen in die Aus­arbeitung von Lösungsvorschlägen für allfällige Probleme in diesem Zusammenhang eingebunden. Die Ergebnisse einer Studie über die Auswirkungen des Patienten­verfügungsgesetzes auf einkommensschwache Bevölkerungsschichten, um deren Erstellung in diesem Zusammenhang unter einem der Budgetdienst des Nationalrats ersucht wird, sollen in diese Ausarbeitung und Evaluierung mit einfließen.“

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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag wurde ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Griss zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.