13.57

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Ich bin vergangenen Donnerstag beim Frühstück geses­sen und habe wie immer die Zeitung gelesen. Da ist mir ein Zitat ins Auge gestochen, das mich doch etwas verblüfft hat. Ich darf hier die Frau Klubobfrau zitieren: „Ich wünschte, ich könnte hier als Gesundheitsministerin sitzen und sagen: Wir machen das morgen“.

Ich frage Sie: Wo waren Sie gestern, als Sie Gesundheitsministerin waren? – Meine Diagnose: Es ist in Wahrheit nichts passiert! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Allen Ernstes: Dass wir mehr Hausärzte brauchen, das ist jetzt keine Erkenntnis der letz­ten 14 oder 15 Monate. (Abg. Heinisch-Hosek: ÖVP blockiert!) Das ist eine Entwick­lung, die jahrelang abzusehen war. Da haben Sie nichts gemacht, und auch Herr Kolle­ge Stöger hat genau nichts getan! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: ÖVP!)

In seiner Zeit als Gesundheitsminister hat es begonnen, nämlich der von der SPÖ ver­ursachte Kassenärztemangel. Was ist passiert? – Herr Kollege Stöger hat immer die Primärversorgungseinheiten propagiert und hat gesagt, der Hausarzt ist ein Auslauf­modell. Jetzt erklären Sie mir: Wie soll sich ein junger Mediziner, eine junge Medizine­rin für einen Beruf entscheiden, von dem der zuständige Minister sagt, das ist ein Aus­laufmodell? Das ist doch bitte grotesk! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Rosenkranz: Er hat mit sich selbst gesprochen!)

Um es ganz klar zu sagen: Dieser Bundesregierung und dieser Koalition sind die Haus­ärztinnen und Hausärzte extrem wichtig. Wir wissen um deren Wichtigkeit und wir wis­sen, dass sie die Schaltstelle schlechthin bei der Gesundheitsversorgung sind, gerade im ländlichen Raum. Da geht es um Prävention, da geht es um die erste Diagnose, da geht es um die richtige Therapie. Wir sind angetreten, diese Berufsgruppe zu stärken – und das tun wir mit voller Kraft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Ich kann mich erinnern, dass die ÖVP bereits 2017 beim Primärversorgungsgesetz da­für eingetreten ist, dass Ärzte Ärzte einstellen können. Die SPÖ hat das verhindert. (Abg. Rendi-Wagner: Die ÖVP hat es verhindert!) Was haben wir gemacht? – Wir ha­ben das 2018 repariert. Jetzt ist es möglich. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Das stimmt ja gar nicht! Das ist eine Unwahrheit! ...! Unfass­bar!)

Wissen Sie, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren: Für uns endet die Politik, die Gesundheitsversorgung nicht an der Stadtgrenze von Wien. Sehr viele von uns kom­men vom Land und wir wissen, worauf es ankommt, nämlich darauf, weiter zu schau­en, rauszugehen und die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erheben – und wir wissen, wo deren Bedürfnisse liegen.

Wir brauchen Hausärzte, die die Menschen vom ersten bis zum letzten Atemzug be­gleiten, für sie da sind. Wir schaffen diese Möglichkeiten. Weil Sie die Praxis angespro­chen haben: Ja, die Lehrpraxis, wir werden sie schaffen. (Abg. Rendi-Wagner: Die gibt es schon!) Die Finanzierung haben wir jetzt auf den Weg gebracht, wir haben das finalisiert. Sie haben immer nur Probleme geschaffen, Sie haben sie nie gelöst – nicht ein einziges Mal! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Weil von Ihnen immer die Strukturreform der Sozialversicherungen an den Pranger ge­stellt wird, sage ich Ihnen etwas: Wien hat seit dem Jahr 2000 um 300 000 Einwohner mehr, aber um 100 Kassenärzte weniger. Jetzt frage ich mich schon: Wer ist da schuld? Waren es nicht vielleicht doch die roten Gewerkschafter in der Gebietskran­kenkasse in Wien? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Sie reden immer davon, wir würden eine Zweiklassenmedizin schaffen, alles sei furcht­bar und alles sei teurer. Schauen Sie sich einmal das an! (Die Rednerin hält eine Tafel mit der Überschrift „Anteil der privaten Gesundheitsausgaben an Gesamt-Gesundheits­ausgaben (2004–2016)“ und der Aufschrift „SPÖ-Gesundheitsminister (Stöger bis Ren­di-Wagner)“ in die Höhe, auf der ein Kurvendiagramm abgebildet ist.) Diese Entwick­lung haben die Kosten für die privaten Gesundheitsausgaben genommen. (Abg. Hei­nisch-Hosek: Das kann man super lesen!) Was sagt uns das? – In dem Moment, als die SPÖ die Gesundheitsminister gestellt hat, sind die Kosten wirklich explodiert. (Ab­geordnete von ÖVP und FPÖ halten Tafeln in die Höhe, die mit jener der Rednerin identisch sind.) Nur das einmal zur Kenntnisnahme! (Abg. Heinisch-Hosek: Habt ihr eine Lupe?)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke. Wir haben die Botschaft gesehen. Ich darf darum bitten, die Tafeln wieder herunterzunehmen. (Abg. Rosenkranz: Bitte Au­genarzt für Heinisch-Hosek! Die sieht das nicht! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwi­schen FPÖ und SPÖ.)

Abgeordnete Gabriela Schwarz (fortsetzend): Wenn sich alle wieder beruhigt haben, möchte ich nur eines sagen: Die Stimme kann man laut, wirklich laut geltend machen, aber die Argumente werden dadurch nicht verstärkt.

Gerade jetzt im Winter kennen wir alle die überfüllten Wartezimmer. Ja, das ist richtig. Ich habe gestern von meinem ehemaligen Chef gehört, er ist drei Stunden in einem Wartezimmer in Favoriten gesessen. Jeder von uns geht zum Arzt, möchte möglichst rasch die richtige Diagnose bekommen, möchte möglichst rasch wieder gesund wer­den. Meine Hausärztin in einem kleinen Ortsteil von Eisenstadt – das werde ich ihr nie vergessen – war, als mein Vater gestorben ist – sie war auf Urlaub, hat davon gehört –, innerhalb einer Stunde bei uns, bei der Familie, um uns zu unterstützen. Das sind die Werte, die zählen.

Wir wollen jungen Ärztinnen und Ärzten eine Perspektive geben. Wir sorgen dafür, dass die Blockadepolitik der Sozialversicherung aufgehoben wird. Wir sorgen für faire Bezahlung. Wir sorgen für gute Bedingungen.

Ich hatte vor Weihnachten ein Treffen mit jungen Studentinnen und Studenten. Da ist es auch um das Thema Lehrpraxis gegangen. Die eine junge Medizinerin hat zu mir gesagt, sie war jetzt am Land; sie ist Wienerin, aber sie möchte unbedingt aufs Land gehen, denn Landarzt zu sein, Hausarzt am Land zu sein, das sei für sie die Perspek­tive schlechthin. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas sagen: Wenn die Opposition die Frontal­opposition aufgibt und mit uns gemeinsam dafür sorgt, dass unser solidarisches Ge­sundheitssystem nicht nur so gut bleibt, sondern auch besser wird, dann sind wir auf jeden Fall zur Zusammenarbeit bereit. Aber während wir hier in einer Sondersitzung sitzen, könnten wir längst dafür arbeiten, dass das tatsächlich passiert. Und das tun wir auch. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei der FPÖ.)

14.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Povy­sil. – Bitte.